Chemie stimmte nicht Dax im Minus
23.04.2002, 20:15 UhrDie guten Zahlen des Halbleiter-Herstellers Infineon sorgten am Morgen für deutliche Gewinne am deutschen Aktienmarkt. Am Mittag war es mit der Chip-Euphorie dann schon wieder vorbei - Verluste bei der Deutschen Telekom und bei der Großchemie zogen den Dax mit 0,3 Prozent auf 5.192 Punkte ins Minus.
Infineon teilte am Morgen vor Börsenbeginn mit, der operative Verlust habe sich im zweiten Quartal auf 178 Millionen Euro belaufen. Analysten hatten mit einem Minus von 312 Millionen Euro gerechnet. Im Gegensatz zu den Handy-Herstellern Ericsson und Nokia, die sich in den vergangenen Tagen skeptisch zur Verbesserung ihrer Situation geäußert hatten, zeigte sich die Münchener Siemens-Tochter etwas zuversichtlicher. Es gebe verstärkte Signale für eine positive Nachfrageentwicklung, so das Unternehmen. Allerdings geht auch Infineon davon aus, dass der Preisdruck in den meisten Geschäftsbereichen auch in den kommenden Monaten anhalten werde. Die Infineon-Aktie legte im frühen Handel zunächst deutlich zu.
Am Mittag sorgte Infineon-Chef Ulrich Schumacher dann aber für Ernüchterung. Binnen Minuten stürzte der Kurs auf ein Minus von rund drei Prozent ab. Schumacher sieht zwar eine Ergebnisverbesserung "von Quartal zu Quartal", wann Infineon aber wieder schwarze Zahlen schreibe, hänge stark von der Preisentwicklung bei den Speicherchips ab. Und da rechnet Schumacher in den nächsten beiden Quartalen eher mit einer Stagnation, denn mit einer weiteren Erholung. Es sei daher schwer, im vierten Quartal des Geschäftsjahres ein ausgeglichenes Ergebnis zu erzielen. Zum Schluss notierte die Aktie mit einem Minus von 0,4 Prozent bei 23,05 Euro.
Die anderen deutschen High-Tech-Werte zeigten sich nur kurzfristig von den Infineon-Zahlen angetan. Siemens fielen nach starkem Start mit 0,2 Prozent auf 63,76 Euro ins Minus. Die Commerzbank hatte die Aktie des Münchener Elektronikkonzerns zwar auf "buy" von zuvor "accumulate" hochgestuft. Das Kursziel für die Papiere senkten die Analysten allerdings auf 78 von zuvor 83 Euro. Epcos legten 0,5 Prozent auf 48,11 Euro zu, und SAP schlossen nahezu unverändert bei 152,90 Euro.
Größte Verlierer waren die Chemiekonzerne Bayer und BASF . Händler machen dafür die schwachen Zahlen des Schweizer Wettbewerbers Syngenta verantwortlich. Bayer verloren 2,7 Prozent auf 39,00 Euro, BASF gaben 2,0 Prozent ab auf 46,94 Euro.
Über die weitere Entwicklung am Markt zeigten sich die Händler uneins. Einige verwiesen auf die positiven Geschäftszahlen und die behauptete Eröffnung in den USA. Angesichts der jüngsten Kursabschläge dürften selbst bei weiteren schlechten Nachrichten die Verluste gering ausfallen. Andere Marktteilnehmer äußerten sich dagegen pessimistisch. Es müsse mit weiteren Enttäuschungen bei US-Unternehmen gerechnet werden. In diesem Fall könne sich der Dax im Laufe des Tages durchaus als sehr schwankungsanfällig erweisen. Unter anderem werden an der Wall Street am Dienstag Zahlen von Amazon.com, Applied Micro Circuits und DuPont veröffentlicht.
Im Blickpunkt auf dem Frankfurter Parkett stand ebenfalls die Aktie der Deutschen Telekom. Das Unternehmen hatte am Morgen zur Bilanzpressekonferenz eingeladen. Nach Worten von Konzern-Chef Ron Sommer will der Bonner Konzern in 2002 Umsatz und Ergebnis steigern, rechnet aber weiterhin mit Belastungen durch Zinsaufwand und Abschreibungen. Die T-Aktie drehte nach Gewinnen im frühen Handel mit 1,0 Prozent auf 16,53 Euro ins Minus.
Der Pharmakonzern Schering kündigte an, der Umsatz mit seiner Anti-Baby-Pille Yasmin werde 2002 voraussichtlich mehr als 400 Millionen Euro betragen und nicht wie bislang angenommen nur gut 300 Millionen Euro. Die Aktie legte 2,4 Prozent auf 66,65 Euro zu.
Die Großbäckerei Kamps hat sich mit dem italienischen Pasta-Hersteller Barilla auf ein Übernahmeangebot geeinigt und will ihren Aktionären auf der heutigen Hauptversammlung zur Annahme des Angebots raten. Barilla habe seine Offerte auf 12,50 Euro je Aktie erhöht, teilte Kamps am Morgen mit. Bislang hatte Barilla 12 Euro je Aktie geboten. Die Kamps-Aktie verlor 1,4 Prozent auf 12,42 Euro.
Verhalten äußerte sich der Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport zur zukünftigen Geschäftsentwicklung. 2002 soll das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) auf Vorjahresniveau verharren. Das Unternehmen geht davon aus, dass sich die Verkehrszahlen, die nach dem 11. September eingebrochen waren, auf niedrigem Niveau stabilisieren werden. Trotzdem will Fraport am geplanten Flughafenausbau in Frankfurt festhalten. Zum kriselnden Flughafenbau in Manila hieß es bei der Vorstellung der Bilanzdaten, man verhandele derzeit intensiv mit der philippinischen Regierung, um das neue Terminal noch in diesem Jahr in Betrieb nehmen zu können. Die Aktie gab 2,0 Prozent auf 27,00 Euro nach.
Quelle: ntv.de