Gewinner Mangelware Dax in der Klemme
23.08.2002, 20:20 UhrAuf dem Frankfurter Parkett legten die deutschen Standardwerte zum Wochenschluss den Rückwärtsgang ein. Bei umsatzschwachem Handel wurde der Dax insbesondere von den Kursverlusten im Technologiesektor belastet. Hinzu kamen schwache US-Börsen, die am Nachmittag die Minuszeichen noch verstärkten. Der Dax verlor 2 Prozent auf 3.828 Zähler.
Die Anleger seien unsicher, ob der Aufwärtstrend der vergangenen Tage langfristig sei oder ob der Dax sich schon wieder zu heißgelaufen gehabe, so ein Händler. Trotz der überwiegend positiven Tendenz im Wochenverlauf sei der Abwärtstrend des Dax weiter in Takt, hieß es weiter. Erst wenn der Dax die Marke von 4.000 Punkten längerfristig überschreite, gebe es weiteres Potential nach oben. Der Markt wolle zwar weiter steigen, man müsse aber befürchten, dass die Erholung der vergangenen zwei Wochen teilweise auf Sand gebaut gewesen sei. Am Freitag befinde man sich in einer Phase der Konsolidierung, zumal Unternehmensmeldungen Mangelware seien.
Keine Rolle spielte nach Angaben von Händlern auch der mögliche Bilanzskandal bei der Bankgesellschaft Berlin. Einem Zeitungsbericht zufolge hat die international operierende Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO offenbar jahrelang Bilanzen der Immobilientochter IBG der Bankgesellschaft Berlin wissentlich falsch testiert. Aus einer Sonderprüfung gehe vor, dass die BDO und die Unternehmensführung der IBG bereits 1997 über die unkalkulierbaren Risiken der Fondsgesellschaften informiert gewesen seien, so der Bericht. Diese Risiken führten dazu, dass die Bankgesellschaft nur mit Milliarden-Hilfen des Landes Berlin vor der Pleite bewahrt werden konnte.
Auch aus den USA kamen schlechte Nachrichten. Die US-Aktienmärkte gerieten unter Druck, nachdem Berichte über eine Ausweitung der Prüfungen bei AOL Time Warner und Ermittlungen gegen Citigroup für neue Befürchtungen hinsichtlich der Geschäftspraktiken von US-Unternehmen sorgten.
Einem Zeitungsbericht zufolge stehen 15 Top-Manager des Medienkonzerns AOL Time Warner, darunter AOL-Gründer Steve Case, unter dem Verdacht sich mit Aktiengeschäften illegal bereichert zu haben.
Bei der Citigroup hat die New Yorker Staatsanwaltschaft ihre Untersuchung auf den Citigroup-Chef Sanford Weill ausgeweitet, schreibt das "Wall Street Journal". Dabei geht es um die Frage, ob Citigroup versucht hat, mit Blick auf den Börsengang der Mobilfunktochter der Telefongesellschaft AT&T den Kurs der Aktien in die Höhe zu treiben. Der Zeitung zufolge prüft die Behörde, ob Weill Druck auf den damaligen Telekom-Analysten der Citigroup-Tochter Salomon Smith Barney ausgeübt habe, das Rating für AT&T anzuheben, um vor der Emission eines größeren Aktienpakets für die AT&T-Mobilfunktochter zu profitieren.
Im Blickpunkt auf dem Frankfurter Parkett stand die Aktie von Siemens. Der Finanzchef des Konzerns, Heinz-Joachim Neubürger, hat die Mitarbeiter auf einen verschärften Sparkurs im kommenden Jahr eingeschworen. Das nächste Geschäftsjahr werde noch härter als das laufende, so Neubürger Medienberichten zufolge in der Mitarbeiter-Zeitschrift „Siemens-Welt“. Es sei positiv zu bewerten, dass Siemens die Probleme erkannt habe und sie auch kommuniziere, so ein Händler. Die Aktie büßte 2,5 Prozent auf 51,45 Euro ein.
Die Infineon-Aktie litt unter zwei Gewinnwarnungen aus Taiwan. Der Halbleiter-Hersteller ProMOS reduzierte seine Gewinnprognose um 96 Prozent auf 5 Milliarden taiwanesische Dollar, der Konkurrent Mosel Vitelic kündigte eine Ausweitung des Verlusts im laufenden Geschäftsjahr auf 5,87 Milliarden taiwanesische Dollar statt der bislang erwarteten 2,06 Milliarden taiwanesische Dollar an. Die Infineon-Aktie fiel knapp 6 Prozent auf 12,70 Euro.
Die Deutsche Bank sucht einem Zeitungsbericht zufolge erneut einen Käufer für ihren Fernsehkabelnetzbetreiber Telecolumbus. Das Unternehmen sei sechs Bietergruppen zum Kauf angeboten worden, die sich auch für das Fernsehkabelnetz der Deutschen Telekom interessieren, so der Bericht. Die Aktie gab 1,1 Prozent auf 64 Euro nach.
Eine technische Reaktion auf die massiven Verluste der vergangenen Tage verhalf nach Angaben von Händlern der Commerzbank-Aktie zu einem Plus von 3,4 Prozent auf 12,11 Euro.
Unter den großen Verlierern war nach der Gewinnwarnung vom Vortag erneut die Aktie des Industriegase- und Gabelstaplerkonzerns Linde, die 3,6 Prozent auf 42,45 Euro fiel. Neben den schlechten Zahlen leide das Papier auch unter Abstufungen von verschiedenen Investmenthäusern, so ein Händler.
Quelle: ntv.de