Was kommt nach Alcoa? Dax kann Plus vorweisen
09.01.2013, 17:40 Uhr
Die Bukllen müssen um das bisher Erreichte kämpfen.
(Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb)
Am deutschen Aktienmarkt ist der positive Schwung der Alcoa-Zahlen am Mittag verflogen. Erst am Abend legen die Kurse wieder zu - auf breiter Front. Als Impulsgeber fungieren meist Analystenkommentare. Im TecDax kommen Solarworld unter die Räder.
Der deutsche Aktienmarkt verabschiedet sich mit Aufschlägen aus dem handel am Mittwoch. Dem morgendlichen Anstieg auf breiter Front war zunächst am Mittag die Ernüchterung gefolgt: Die Kurse gaben ihre Gewinne wieder ab, der Dax rutschte zwischenzeitlich sogar ins Minus. Am Nachmittag erholten sich die Notierungen wieder und kämpften sich am Nachmittag dann wieder leicht nach oben.
Zu Handelsschluss stand ein Plus von 0,3 Prozent und ein Stand von 7720 Zählern in den Büchern. Der MDax gewann 1,4 Prozent auf 12.364 Zähler, der TecDax schloss 1,2 Prozent höher bei 875 Stellen.
Grund für den zunächst positiven Handelsauftakt war der Zwischenbericht von Alcoa. Börsianer zeigten sich mit der Quartalsbilanz des größten US-Aluminiumkonzerns zufrieden, der dank kräftiger Einsparungen wieder in die Gewinnzone zurückgekehrt war. Für 2013 sagt Alcoa zudem eine steigende globale Aluminium-Nachfrage voraus, was bei den Anlegern besonders gut ankommt. Alcoa beliefert viele Schlüsselindustrien und gilt deshalb als Gradmesser für die Weltwirtschaft.
"Die Tatsache, dass der Aluminium-Gigant für 2013 eine steigende Nachfrage erwartet, beruhigt die Investoren", ergänzte Stan Shamu, Marktstratege bei IG-Markets. Als erstes Unternehmen setze Alcoa damit ein Zeichen für die globale Wirtschaftsentwicklung. "Alle schauen diese Wochen auf die US-Berichtssaison", so Guy Foster, Portfolio-Startege bei Brewin Dolphin. "Obwohl die Investoren eine geringe Erwartungshaltung an die Berichtssaison haben, schauen sie nun optimistischer in die Zukunft."
US-Berichte und Konjunktur
Die schwächer als erwartet ausgefallen Erholung der deutschen Industrieproduktion belasteten den Dax indes. "Nach dem enttäuschenden Vormonat hatten wir mit einer deutlich dynamischeren Erholung gerechnet", so Annalisa Piazza von Newedge Strategy. Die deutsche Industrie hat im November nur einen mageren Produktionsplus von 0,2 Prozent gegenüber dem Oktober geschafft. Erwartet worden war ein Anstieg von 1 Prozent.
Von Allianz bis Lanxess
Im Dax zählten die Papiere der Allianz mit einem Abschlag von 1,8 Prozent zu den größten Verlierern. Die Analysten der Credit Suisse hatten die Allianz-Titel auf "neutral" von "outperform" heruntergestuft und den Anlegern den Umtausch in die Titel des Schweizer Versicherungskonzerns Zurich empfohlen.
Ebenfalls schwächer zeigten sich Lanxess: Ein kritischer Analystenkommentar der Citigroup schickt die Aktien erneut auf Talfahrt. Die Papiere des Chemiekonzerns fallen um 2,1 Prozent. Schon am Dienstag hatten die Titel nach einem Kommentar des Brokerhauses MainFirst 3,3 Prozent an Wert verloren - die Analysten rechnen im ersten Quartal mit schwächelnden Geschäften. Auch die Experten der Citigroup äußern sich skeptisch, vor allem wegen der schleppenden Nachfrage in der Reifenindustrie. Sie stuften Lanxess herunter auf "Sell" von "Neutral" und senkten das Kursziel auf 56 von 58 Euro.
Telekom, Banken und Auto
Mit plus 2,4 Prozent setzte sich das Papier der Deutschen Telekom an die Dax-Spitze. Laut "Financial Times" planten die größten europäischen Telekomkonzerne den Aufbau eines gemeinsamen europäischen Netzwerks, um sich die Infrastruktur länderübergreifend zu teilen.
Zu den Gewinnern gehörten zudem Bankaktien. Als Grund wurde noch immer der Beschluss des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht angeführt, den Banken weltweit vier Jahre mehr Zeit zum Aufbau ihrer Liquiditätsreserven zu geben. Die Titel der Commerzbank gewannen 3,1 Prozent, während die der Deutschen Bank um 1,3 Prozent ansprangen.
Mit Blick auf die auffallende Schwäche bei Autos sprach ein Händler von einem Favoritenwechsel. Die Aktien deutscher Premiumhersteller, allen voran BMW und VW, stünden nun seit einigen Tagen unter kräftigem Abgabedruck. Es habe den Anschein, als ob Anleger Mittel in den Bankensektor, zum Teil auch Telekomaktien, umschichteten. Für Bankenaktien war es seit Jahresbeginn rund 10 Prozent nach oben gegangen.
Im Automobilsektor sei die Fundamentalstory für Premiumhersteller zwar weiter intakt, allerdings dürfte sich das Wachstum bei den Absätzen in Zukunft verflachen. BMW fielen 1,4 Prozent, für VW ging es ebenfalls 1,4 Prozent nach unten. Mit einem Plus von 0,4 Prozent hielten sich Daimler besser. Hier stützte weiter die Spekulation, die chinesische CIC könnte einsteigen.
Von Praktiker bis EADS
Dank einer Kursziel-Erhöhung durch BoA-Merrill Lynch vollzog das EADS-Papier einen charttechnischen Ausbruch. Die Aktie sprang um rund 3,7 Prozent und näherte sich damit ihrem Allzeithoch. "Charttechnisch ist sie damit aus einer Bullen-Flagge gesprungen", sagte ein Händler. "Die Rally könnte also noch länger weitergehen.
Die Analysten von ML hätten "eine starke Begründung" abgeliefert. Unter anderem haben sie EADS als ihren Top Pick im Luftfahrt-Sektor bezeichnet. Der Discount von rund 50 Prozent auf den Kurs von Boeing sei keinesfalls gerechtfertigt, so die Analysten. Als neues Kursziel sehen sie nun 40 Euro, was genügend Aufwärtsfantasie lasse.
Dem Boeing-Konkurrenten EADS dürften aber auch die Probleme des US-Konkurrenten mit seinem Vorzeigeflieger, dem 787 "Dreamliner", in die Karten gespielt haben.
Charttechnische Faktoren geben Börsianern zufolge auch Rheinmetall Auftrieb. Die Aktien des Rüstungskonzerns und Autozulieferers stiegen 5,8 Prozent auf ein Dreieinhalbmonatshoch. Der Sprung über die Marke von 38 Euro habe Zusatzkäufe ausgelöst, sagte ein Händler.
Im SDax gefielen die Papiere von Praktiker: Die Aktien der angeschlagenen Baumarktkette verteuerten sich um 6,6 Prozent auf ein Zweieinhalbmonatshoch. An den vergangenen beiden Handelstagen haben die Papiere mehr als 14 Prozent zugelegt. Neben den positiv aufgenommenen Quartalszahlen vom Vortag stieß laut Händlern auch ein Platow-Brief auf Interesse. Das Blatt berichtete, dass eine Lösung für die Auslandsgeschäft in Sicht sei. Durch einen Verkauf oder eine Kooperation sollten hier ursprünglich 30 Mio. Euro eingenommen werden, hieß es. Die Aussicht auf Fortschritte in dem Bereich gab der Aktie laut einem Händler weiter Auftrieb.
Von Solarworld bis QSC
Im TecDax profitierten Evotec von der Ankündigung einer Kooperation mit der Yale University. Die Titel der Biotechfirma zogen um 3,0 Prozent an. Gewinnmitnahmen drückten indes die Aktien von Solarworld um 12,6 Prozent. Die Papiere haben seit Jahresbeginn mehr als 50 Prozent zugelegt.
QSC stiegen 0,4 Prozent nach der Mitteilung, rund 13,6 Millionen eigene Aktien einziehen zu wollen. "Damit optimieren sie ihre Kapitalstruktur und erhöhen die Eigenkapitalrendite, das sollte gut angkommen", sagte ein Händler: "Der Kurs sollte bei einer Aktienreduktion um fast 10 Prozent eigentlich noch mehr profitieren." QSC setztedamit eine Ermächtigung um, die auf der Hauptversammlung 2010 erteilt wurde.
Quelle: ntv.de, bad/dpa/rts/DJ