Schwacher Wochenausklang Dax mit leichtem Abschlag
01.02.2002, 20:10 UhrVornehme Zurückhaltung war das Motto am letzten Börsentag der Woche in Frankfurt. Die Orderbücher quollen nicht gerade über vor Aufträgen - so bröckelte der Dax bei geringen Umsätzen langsam ab. Zum Schluss stand ein leichtes Minus von 0,2 Prozent bei 5097 Punkten unter dem Strich.
Die Unsicherheit der Anleger halte weiter an, da es immer noch keine sicheren Anzeichen für ein Anziehen der Konjunktur gebe, so ein Händler. Der Handel sei umsatzschwach und ereignislos. Am Nachmittag war der Blick einmal mehr nach Amerika gerichtet, wo erneut eine ganze Reihe von Konjunkturdaten erwartet wurde. Insgesamt seien die Zahlen gemischt ausgefallen und so kaum dazu angetan gewesen, den Markt aus seiner Lethargie zu reißen, hieß es weiter.
Die Arbeitslosenquote in den USA ist im Januar leicht auf 5,6 Prozent von 5,8 Prozent im Dezember gesunken. Die Zahl der Beschäftigten außerhalb der Landwirtschaft nahm um 89.000 ab. Analysten hatten zwar mit einem leichten Anstieg der Quote auf 5,9 Prozent gerechnet, den Stellenrückgang aber nur mit 27.000 vorausgesagt.
Das US-Verbrauchervertrauen ist nach Erhebungen der Universität Michigan im Januar auf 93 Punkte gegenüber 88,8 Punkten im Dezember angestiegen. Volkswirte hatten allerdings einen etwas höheren Anstieg auf 94,3 Punkte prognostiziert.
Einen Anstieg gab es auch beim Einkaufsmanagerindex des Institute for Supply Management. Der Index stieg im Januar auf 49,9 Punkte von 48,1 Punkten im Dezember, Analysten hatten nur mit einen Anstieg auf 49,4 gerechnet. Die US-Börsen reagierten zunächst uneinheitlich auf die Zahlen, gaben am frühen Abend dann aber etwas stärker ab.
Vom Weltwirtschaftsgipfel in New York kamen unterdessen widersprüchliche Aussagen über den Zustand und die Entwicklung der US-Wirtschaft. Der Chefvolkswirt von Morgan Stanley, Stephen Roach, rechnet angesichts des zu erwartenden hohen US-Leistungsbilanzdefizits nicht mit einer deutlichen Erholung der US-Wirtschaft. Bei einer Veranstaltung in New York sagte Roach, er teile nicht den Optimismus derer, die nach dem Anstieg des Bruttoinlandsproduktes im vierten Quartal um 0,2 Prozent von einer bevorstehenden Erholung in den USA ausgingen. Der Chefvolkswirt von Merrill Lynch, Jacob Frenke, stellte dagegen in seiner Rede beim Weltwirtschaftsgipfel einen deutlichen US-Wirtschaftsaufschwung in der zweiten Hälfte 2002 in Aussicht.
Im Mittelpunkt in Frankfurt stand aber zunächst die Aktie „Gelb“. Die Deutsche Post soll einem Bericht der Bild-Zeitung zufolge Mehrwertsteuer von ihren Kunden kassiert haben, von der das Unternehmen eigentlich befreit war. Unter Berufung auf den Bundesrechnungshof schreibt die Zeitung, der Bonner Konzern habe auf diesem Wege bis zu 23 Millionen Euro pro Monat eingenommen. Die Deutsche Post wies den Bericht zurück. Man habe bei gewerblichen Paketen wie andere Wettbewerber auch Umsatzsteuer von den Kunden erhoben und diese an die Finanzverwaltung abgeführt. Nach deutlichen Verlusten im frühen Handel schloss die Aktie mit 0,1 Prozent bei 14,92 Euro im Plus.
Im Fokus der Anleger stand auch die Aktie von Infineon. Nachdem der Chef des Chip-Herstellers, Ulrich Schumacher, am Donnerstag in einem Zeitungsinterview noch Gespräche zwischen dem Münchener Unternehmen und dem südkoreanischen Konkurrenten Hynix bestätigt hatte, verlautete von den Hynix-Gläubigern am Freitag, dass man Gesprächen mit der US-Firma Micron Technologies Vorrang einräume. Es sei nicht klar, was da im Moment passiere, so ein Händler, und das sorge für weitere Spekulationen. Die Infineon-Aktie legte eine Achterbahnfahrt hin: Nach schwachem Auftakt lag der Kurs zwischenzeitlich mit 1,2 Prozent im Plus, gab zum Schluss aber wieder 0,9 Prozent auf 24,79 Euro ab.
Zu den großen Verlierern gehörte die Aktie von MLP, die 1,1 Prozent auf 67,30 Euro nachgab. Händler verwiesen auf Marktgerüchte, es gebe Unregelmäßigkeiten in den Bilanzen des Finanzdienstleister. Das Gerücht sei allerdings nicht neu und mehr als unwahrscheinlich, hieß es weiter. Eine MLP-Sprecherin dementierte zudem die Spekulationen.
Die niederländische Investmentbank ABN Amro hat das Kursziel für die Papiere des Einzelhandelskonzerns Metro auf 28 von zuvor 33 Euro gesenkt. Die Bewertung der Aktie beließen die Analysten bei „sell“. Nachdem sie zeitweise über 2 Prozent im frühen Handel verloren hatte, legte die Metro-Aktie 1,3 Prozent auf 38,10 Euro zu. Händler begründeten die Gewinne mit den guten Quartalszahlen, die der US-Konsumgüterkonzerns Procter & Gamble am Donnerstag vorgelegt hatte.
Die Aktie des Pharmakonzerns Schering profitierte von einer Analystenhochstufung. BNP Paribas bewertet die Aktie nun mit "outperform" statt wie zuvor "neutral". Das Kursziel für die Papiere stuften die Analysten auf 76 Euro von 60 Euro hoch. Die Hochstufung spiegele unter anderem die guten Marktaussichten von Scherings Anti-Baby-Pille Yasmin wider. Die Papiere legten 1,8 Prozent auf 66,00 Euro zu.
Der weltgrößte Spezialchemiekonzern Degussa schließt eine Fusion mit einem Konkurrenten nicht aus. Das erklärte Vorstandschef Utz-Hellmuth Felcht in einem Zeitungsinterview. Momentan seien allerdings keine Zusammenschlüsse geplant. Die Aktie fiel 2,2 Prozent auf 32,21 Euro.
Aufregung gab es am Morgen um einen Zeitungsbericht, demzufolge Bundeskanzler Schröder sich angeblich um eine Rettung der Kirch-Gruppe bemühe. Schröder telefoniere täglich mit dem Chef der Deutschen Bank, Rolf Breuer, in dieser Angelegenheit, so der Bericht. Die Bank ist einer der Geldgeber Kirchs. An den Gesprächen soll auch die Allianz beteiligt sein. Ein diskutiertes Modell sei, die Rechte an der Formel 1 an Autokonzerne wie DaimlerChrysler oder BMW abzugeben, einzelne TV-Firmen könnten an Bertelsmann gehen. Ein Regierungssprecher dementierte den Bericht.
Die Kirch-Gruppe kündigte unterdessen an, man werde eine Feststellungsklage gegen die vom Springer-Verlag ausgeübte Verkaufsoption von Anteilen der ProSiebenSat.1 Media AG einleiten. Bei einem Scheitern der Klage müsste Kirch für 11,5 Prozent der Anteile an ProSiebenSat.1 770 Millionen Euro an Springer zahlen. Die Ausübung der Option würde die hochverschuldete Kirch-Gruppe nach Ansicht von Experten in finanzielle Bedrängnis bringen. Die ProSiebenSat.1-Aktie fiel 2,8 Prozent auf 4,81 Euro.
Der Kosmetikkonzern Beiersdorf steht einer Übernahme durch einen Mehrheitsaktionär offen gegenüber. Das erklärte Finanzvorstand Schwalb in einem Zeitungsinterview. Solange das Erfolgsmodell beibehalten werde, sei jeder Großaktionär willkommen. Ein Konzernsprecher bestätigte zudem, dass Beiersdorf auch nicht an einer Abwehrstrategie gegen eine Mehrheitsbeteiligung von Tchibo arbeite. Die Tchibo-Gruppe ist mit gut 30 Prozent zweitgrößter Aktionär nach der Allianz (43,6 Prozent). Dem Kurs taten solche Nachrichten gut: Die Aktie stieg um 3,1 Prozent auf 142,30 Euro.
Quelle: ntv.de