Greenspan sei Dank! Dax mit sattem Plus
27.02.2002, 20:55 UhrAuf dem Frankfurter Parkett waren am Mittwoch mal wieder alle Blicke auf Alan Greenspan gerichtet. Als der dann am Nachmittag endlich sprach, gab es eigentlich wenig Neues. Der Chef der US-Notenbank zeigte sich erneut verhalten optimistisch was die Erholung der US-Wirtschaft angeht. Den Anlegern reichte das allerdings, um auf Einkaufstour zu gehen - der Dax stieg um 1,3 Prozent auf 4.960 Punkte. Zwischendurch war sogar einmal kurz die 5.000-er Marke gefallen.
Die Nachricht, dass Deutschland sich nach dem Rückgang des BIP im vierten Quartal Ende vergangenen Jahres offiziell in der Rezession befand, war dagegen nur von geringem Interesse. Der Blick richte sich in die Zukunft, so ein Händler, und da sehe es aus, als sei der Aufschwung nicht mehr weit entfernt. Am Vortag habe bereits ein über den Erwartungen liegender Ifo-Geschäftsklimaindex die von vielen Marktbeobachtern erhoffte Konjunkturerholung spätestens ab dem zweiten Halbjahr bekräftigt. Die Rede von Greenspan am Nachmittag sei in die gleiche Richtung gegangen.
Alan Greenspan hatte in seiner Rede vor dem US-Repräsentantenhaus von einer Festigung der Wirtschaftsaktivität in den USA gesprochen, gleichzeitig aber gewarnt, dass der Aufschwung wohl eher moderat ausfallen werde. Die Aussagen von Greenspan seien positiv zu bewerten, da der Notenbankchef damit die Sorgen des Marktes, die Zinsen könnten nun bald wieder angehoben werden, beschwichtigt hätte, so Steve Malyon, Volkswirt bei Scotia Capital Markets.
Die deutsche Wirtschaft ist vom dritten zum vierten Quartal 2001 mit einem Minus von 0,3 Prozent erneut geschrumpft und damit in die Rezession geraten. Im Gesamtjahr 2001 sei das Bruttoinlandsprodukt um 0,6 Prozent gewachsen. Dies teilte das Statistische Bundesamt am Morgen mit.
Analysten zeigten sich von den Zahlen wenig überrascht. „Diese Zahl bedeute, dass sich die weltweite Wirtschaftsschwäche stärker auf Deutschland ausgewirkt hat, stärker sogar als auf die USA selbst“, Gerd Habel von der BHF-Bank. Im ersten Quartal sei mit kaum mehr als einer Stagnation zu rechnen. Erst im zweiten Halbjahr dürfte sich das Wachstum wieder normalisieren, so der Volkswirt weiter.
Von den deutschen Unternehmen gab es am Mittwoch kaum Nachrichten. Im Mittelpunkt stand so einmal mehr die Aktie der Deutschen Telekom. Der US-Medienkonzern Liberty Media hat das Übernahme-Verbot der TV-Kabelgesellschaften des Bonner Konzerns akzeptiert. Liberty werde beim Bundeskartellamt keinen Einspruch gegen die Entscheidung einlegen, teilte Liberty mit. Die T-Aktie legte 3,6 Prozent auf 16,30 Euro zu.
Zudem sind die Amerikaner nach Worten ihres Vorstandschefs John Malone auch nicht mehr an dem geplanten Kauf des zur Deutschen Bank gehörenden Kabelnetzbetreibers Telecolumbus interessiert. Die Aktie der Deutschen Bank lag mit 0,6 Prozent bei 67,01 Euro im Plus. Das Investmenthaus UBS hat die Papiere des größten deutschen Kreditinstituts auf „reduzieren“ von zuvor „halten“ heruntergestuft. Das Kursziel benannten die Analysten mit 59 Euro.
Auch die anderen Technologie-Titel waren gefragt, sie werden nach Ansicht von Händlern als Erste von einer möglichen Konjunkturerholung profitieren. Siemens legte 3,0 Prozent auf 67,56 Euro zu und SAP schloss bei 158,00 Euro mit 0,9 Prozent über dem Vortagesschluss.
Größter Gewinner aber war die Aktie von Infineon, die 4,9 Prozent auf 26,64 Euro zulegte. Der Chip-Hersteller profitierte von einem Kommentar des US-Konkurrenten Micron Technologies , der vermeldet hatte, die Nachfrage nach Halbleitern für die Computer-Branche übersteige die Erwartungen.
Die Aktie des Herstellers von passiven Bauelementen Epcos zeigte sich schwankungsanfällig und drehte mehrmals zwischen Plus und Minus. Zum Handelsende lag sie bei 42,60 Euro mit 1,4 Prozent über dem Vortagesschluss. Das Unternehmen gab am Mittwoch bekannt, man stocke den Vorstand wieder auf vier Mitglieder auf. Wilfried Backes sei mit Wirkung zum 1. April zum Vorstand für Organisation, Logistik und Personal ernannt worden, so das Unternehmen weiter.
Im Mdax stand die Aktie des Pharmakonzerns Merck im Blickpunkt, die 8,8 Prozent auf 33,50 Euro zulegte. Das Unternehmen bestätigte, an einem Treffen der US-Biotechfirma ImClone und der US-Gesundheitsbehörde FDA beteiligt gewesen zu sein, in dem über eine Zulassung für ein Krebsmittel von ImClone beraten wurde. Merck hatte den Amerikanern klinische Daten für das Mittel aus Europa zugeliefert. Es sei allerdings noch zu früh über mögliche Zahlungen für die Lieferung der Daten zu sprechen, so das Unternehmen.
Nach dem verhalten optimistischen Ausblick am Dienstag wurde ProSiebenSat.1 Media am Mittwoch von den Experten von HSBC auf "Hinzufügen" hoch gestuft. Als Kursziel wurden 8,50 Euro genannt. Da sind die Anleger wohl etwas über das Ziel hinaus geschossen: Die Aktie schloss bei 9,00 Euro, ein Plus von 7,3 Prozent.
Größter Gewinner im Mdax mit einem Plus von 10,2 Prozent auf 4,65 Euro war die Baader Wertpapierhandelsbank. Nachbörslich kamen dann vorläufige Zahlen für das Geschäftsjahr 2001, und die fielen verheerend aus. Netto ist ein Verlust von 47 Millionen Euro angefallen, nachdem im Vorjahr noch ein Gewinn in den Büchern stand. Vor allem eine Risikovorsorge von knapp 40 Millionen Euro habe zu dem Verlust beigetragen. Der endgültige Konzernabschluss soll am 22. April vorgelegt werden.
Quelle: ntv.de