Wechselhaft ins Wochenende Dax rettet sich ins Plus
06.09.2013, 18:34 Uhr
Der Dax vor dem Wochenende: Händler warten auf den Arbeitsmarktbericht aus USA.
(Foto: REUTERS)
Der Arbeitsmarktbericht aus Washington beschert dem deutschen Aktienmarkt über Umwege doch noch einen versöhnlichen Wochenausklang. Analysten werten die Daten als Signal für einen anhaltenden Stützungskurs der Fed. Am Abend schließt der Leitindex knapp unter Tageshoch.
An der Frankfurter Börse geht ein bewegter Tag mit durchwachsenen Ergebnissen zu Ende: Der schwache Stellenzuwachs in den USA löst im deutschen Aktienhandel zunächst wilde Kurssprünge und anschließend Gewinnmitnahmen aus. Zeitweise fällt der Leitindex zurück ins Minus. Erst kurz vor Schluss führt eine letztendlich positive Interpretation der Arbeitsmarktdaten zumindest im Dax zu moderaten Kursgewinnen. Eine klare Richtung gibt es allerdings nicht: Die Nebenwerte verharrten mit milden Verlusten im Minus.
Der Leitindex Dax ging mit einem Aufschlag von 0,49 Prozent bei 8275,67 Punkten aus dem Handel. Auf Wochensicht legte das wichtigste deutsche Börsenbarometer um 2,13 Prozent zu. Der MDax gab am letzten Handelstag vor dem Wochenende um 0,15 Prozent auf 14.588,04 Punkte nach. Der TecDax büßte 0,65 Prozent auf 1044,11 Punkte ein.
Sorgen um eine Eskalation des Syrien-Konfliktes belasteten über weite Strecken die Stimmung. Am Nachmittag beherrschten die Konjunkturdaten aus den USA das Geschehen. "Die Zahlen sind nicht so überzeugend wie erwartet und so dürfte die Wahrscheinlichkeit, dass die Fed bei der nächsten Sitzung den Rückzug aus dem QE3 beschließt, wohl etwas schrumpfen", ordnete Helaba-Analyst Ralf Umlauf die Wirkung der Daten ein. In den USA hatte die Wirtschaft im August etwas weniger Stellen geschaffen als erwartet. Die Zahl der Beschäftigten außerhalb der Landwirtschaft stieg um 169.000 (Prognose: 180.000), wie das Arbeitsministerium mitteilte. Zudem wurden im Juni und Juli zusammen rund 74.000 weniger neue Jobs geschaffen als zunächst ermittelt. Die separat berechnete Arbeitslosenquote hingegen sank im August auf 7,3 von 7,4 Prozent. Dies ist der tiefste Stand seit Ende 2008.
Kompensationsfantasien treiben Versorger
Im Dax verteidigten Versorgeraktien ihre Spitzenstellung, nachdem sie in jüngster Zeit besonders oft auf den Verkaufslisten der Anleger gestanden hatten. Zudem sorgt eine positive Branchenstudie für Auftrieb. RWE legten 6,4 Prozent zu. Die Aktien von Eon gewannen 4,9 Prozent. Händler verwiesen auch auf die europäische Entwicklung des Sektors. "Hier ist eine Eindeckungsrally losgetreten worden, die noch Tage anhalten könnte." Neuen Schub verschafft UBS dem Bereich mit einer Kauf-Empfehlung für Enel.
"Der Markt deutet das richtig, dass nach unten nichts mehr geht", sagte ein Händler. Zudem gebe es Spekulationen, "dass es nach der Bundestagswahl zu neuen Verhandlungen über Kompensationszahlungen für die Schließung der Atomkraftwerke kommt", sagt ein anderer Händler. Siemens zogen um gut 3 Prozent an.
"Die Aktien lagen seit Monaten brach, jetzt werden sie vielleicht etwas wiederentdeckt", sagte ein Börsianer mit Blick auf den europäischen Energiesektor. Parallel dazu stiegen die Strompreise weiter. In Deutschland kletterten sie zuletzt auf ein Zweieinhalb-Monats-Hoch von 38,85 Euro je Megawattstunde (MWh). In Frankreich kostete Strom mit 43,25 Euro zeitweise so viel wie zuletzt Anfang Mai. Die Aktien von Enel gewannen vor diesem Hintergrund 4,7 Prozent, Verbund legten 2 Prozent zu, GdF Suez stiegen um 2,2 Prozent.
Daneben legten die Papiere der Commerzbank nach einer positiveren Einschätzung der Ratingagentur Moody's zum deutschen Bankensystem zu und verteuerten sich um 2,4 Prozent. Die Aktien der Deutschen Bank rückten vergleichsweise schwache 0,5 Prozent vor. Nach mehr als fünf Jahren ändert die Agentur erstmals wieder den Ausblick für die Branche für die nächsten 12 bis 18 Monate von "negativ" auf "stabil".
Unter Druck stehen weiter K+S, die 0,8 Prozent nachgaben. Nach dem Bruch des weltgrößten Exportkonsortiums erwarten Händler, dass die Preise am Kali-Düngemittelmarkt um etwa 20 Prozent in den Keller rutschen.
Die Aktien von Adidas fielen nach einer Kurszielsenkung um 0,9 Prozent zurück. Aufgrund der jüngsten enttäuschenden Ergebnisse der Sportartikelhersteller und einer Abschwächung des Konsumverhaltens in den Schwellenländern erwarten die Analysten von Warburg nur noch ein moderates Umsatzwachstum im dritten Quartal. Auch die Erwartungen für das vierte Quartal seien leicht gesenkt worden. Für das Gesamtjahr wird jetzt nur noch von einem Wachstum von drei Prozent ausgegangen, nach zuvor vier Prozent.
Rückzugsgerücht lassen VW-Anleger kalt
Für Diskussionsstoff in den Handelsräumen sorgte außerdem ein "Handelsblatt"-Bericht über den angeblichen Rückzug von Ferdinand Piech aus dem Volkswagen-Aufsichtsrat. Der Firmen-Patriarch dementierte den Bericht in einem "Spiegel"-Interview mit den Worten: "Totgesagte leben länger." Die VW-Aktie schloss kaum verändert bei 171,80 Euro.
Zum zweiten Mal in dieser Woche standen außerdem die Aktien von Prosiebensat1 wegen einer Aktienplatzierung im Blick. Sie sanken im MDax um 1,05 Prozent auf 30,775 Euro. Nachdem KKR und Permira bereits am Mittwoch 25 Millionen Aktien verkauft haben, zog nun der niederländische Medienkonzern TGM nach.
Der Eurostoxx50 schloss bei 2803,42 Punkten und damit um 1,05 Prozent höher. Die Börsen in Paris und London legten ebenfalls zu. In den USA stieg der Leitindex Dow Jones Industrial zum europäischen Handelsschluss um 0,17 Prozent.
Die Furcht vor einem Übergreifen des Syrien-Konflikts auf die ölreichen Staaten der Region trieb den Preis für Energierohstoffe in die Höhe. Die richtungweisende Nordsee-Rohölsorte Brent verteuerte sich um 0,7 Prozent auf 116,14 Dollar je Barrel (159 Liter). US-Leichtöl der Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) legte sogar 1,7 Prozent auf 110,17 Dollar zu. Einige Anleger flüchteten in den "sicheren Hafen" Gold. Das Edelmetall gewann 1,4 Prozent auf 1386,24 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm).
Am Markt für Staatsanleihen stieg die Umlaufrendite börsennotierter Bundeswertpapiere von 1,64 Prozent am Vortag auf 1,67 Prozent. Der Rentenindex Rex sank um 0,08 Prozent auf 131,92 Punkte. Der Bund Future gewann 0,89 Prozent auf 137,67 Punkte. Der Kurs des Euro stieg und notierte zuletzt bei 1,3168 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs auf 1,3117 (Donnerstag: 1,3202) Dollar festgesetzt. Der Dollar kostete damit 0,7624 (0,7575) Euro.
Quelle: ntv.de, mmo/jwu/DJ/dpa/rts