SAP bricht ein Dax rutscht mit
11.07.2002, 20:30 UhrDer Donnerstag hatte für die deutschen Standardwerte bereits schwach angefangen, als dann SAP am Nachmittag auch noch seine Prognosen senkte war auf dem Frankfurter Parkett endgültig "Land unter". Die SAP-Aktie brach zeitweise rund 20 Prozent ein. Erst im weiteren Handelsverlauf beruhigte sich die Lage etwas und der Dax konnte so einen Teil der Verluste wieder wettmachen - das deutsche Börsenbarometer schloss bei 4.119 Punkten, ein Minus von 1,7 Prozent.
SAP hatte mitgeteilt, daß Unternehmen erwarte nunmehr nur noch ein Umsatzplus von fünf bis zehn Prozent im laufenden Jahr. Bislang war der Software-Hersteller noch von einem Zuwachs von 15 Prozent ausgegangen. SAP schreibt zudem auf Minderheitsbeteiligungen 414 Millionen Euro ab, davon 318 Millionen Euro auf Commerce One. Im zweiten Quartal sei deswegen ein Verlust von rund 235 Millionen Euro im Konzern entstanden, heißt es von SAP. Die Aktie von SAP brach um 14 Prozent auf 74,80 Euro ein.
Es war allerdings nicht nur die Aktie von SAP, die dem Dax ordentlich zusetzte. Ein Allzeittief bei Epcos und weitere Verluste bei der Münchener Rück drückten ebenso auf die Stimmung.
Die Aktien der Münchener Rück bauten ihre Verluste weiter aus. Die Rückversicherungsgesellschaft hatte am Mittwoch bekannt gegeben, ihre Risikovorsorge um 500 Mio. US-Dollar zu erhöhen. Damit wolle man sich für eventuelle Forderungen, die noch aus den US-Terroranschlägen vom 11. September resultieren könnten rüsten. Außerdem wurden die Rückstellungen bei der defizitären US-Tochter American Re um zwei Milliarden Dollar erhöht.
Die Ratingagentur S&P kündigte an, aufgrund der neuen Rückstellungen möglicherweise das Kreditrating der Gesellschaft nach unten zu korrigieren Merrill Lynch empfiehlt, die Aktie zu „verkaufen“, nachdem die Einschätzung zuvor bei „neutral“ gelegen hatte. Die Aktie verlor 4,4 Prozent auf 219,80 Euro.
Nach den starken Verlusten an der Nasdaq präsentierten sich auch Technologiewerte deutlicher schwächer. Epcos rutschten zeitweise auf ein Allzeit-Tief, ohne dass substanzielle neue Nachrichten bekannt geworden wären. Die Aktie beendete den Tag mit einem Abschlag von knapp 7 Prozent bei 27,58 Euro.
Kräftige Minuszeichen gab es auch bei Schering. Die Aktie des Berliner Pharmaunternehmen gab 7,3 Prozent auf 53,45 Euro nach. Zuvor hatte der US-Mitbewerber Bristol-Myers Squipp eine Untersuchung der US-Börsenaufsicht SEC zu den Umsatzbuchungen des US-Pharmakonzerns bestätigt. Negativ bewerteten Analysten auch die Kooperation des schweizerischen Biotechnunternehmens Serono mit dem weltgrößten Pharmakonzern Pfizer bei dem Multiple Sklerose-Mittel Rebif in den USA. Dieses könnte sich nachteilig auf das Scherings Konkurrenz-Medikament Betaferon auswirken, hieß es.
Der Fels in der Brandung war auch heute die T-Aktie. Die Deutsche Telekom hatte am Abend überraschend vorläufige Geschäftszahlen für die Festnetz- und die Mobilfunksparte genannt. Die Telekom teilte mit, das operative Ergebnis des Konzerns sei im ersten Halbjahr 2002 gegenüber dem Vorjahreszeitraum gestiegen. Exakte Zhalen wurden jedoch nicht genannt. Spekulationen um die Ablösung von Telekomchef Ron Sommer gaben zudem erneut Rückenwind. Sommer selbst äußerte sich in einem Interview mit der "Bild-Zeitung " zu den Rücktrittsforderungen. "Ich bin interessiert daran, dass es zu einer Lösung zum Wohle des Unternehmens kommt". Sein Hauptinteresse sei, dass das Unternehmen nicht geschädigt werde, sagte der Telekom-Vorstandschef. Am Dienstag will der Aufsichtsrat erneut zusammen kommen, um "über die Situation des Unternehmens zu beraten".
Das "Handelsblatt" berichtete unter Berufung auf Aufsichtsratskreise, dass der Daimler-Chrysler-Manager Klaus Mangold offenbar nun der heiße Favorit Gerhard Schröders sei. Mangold erklärte, er konzentriere sich weiter auf seine Arbeit bei DaimlerChrysler. Ein Sprecher dementierte die Spekulationen um die Nachfolge. Die T-Aktie ging mit einem Plus von 4,1 Prozent auf 11,61 Euro aus dem Tag.
Auch die Einzelhändler können derzeit wenig Positives vermelden - im MDax fiel der Kurs von Europas größtem Warenhaus- und Einzelhandelskonzern, KarstadtQuelle, um 3,4 Prozent auf 22,22 Euro. Das Unternehmen hatte für das erste Halbjahr einen Umsatzrückgang von 2,8 Prozent bekannt gegeben. Obwohl das Ergebnis unter dem Branchendurchschnitt liegt, legten Investoren ihr Augenmerk auf den Ausblick. Karstadt rechnet hier nach eigenen Angaben aufgrund der weiter schwachen Zahlen bei der Reisetochter Thomas Cook mit einem steigenden Verlust. Präszise Prognosen wollte der Konzern aber nicht abgeben. Im Sog von Karstadt gaben Metro 5,1 Prozent auf 26,70 Euro nach.
Quelle: ntv.de