Rückkehr der Dubai-Sorgen Dax schließt knapp im Minus
12.02.2010, 18:00 UhrIm Schatten der Griechenlandkrise löst sich der deutsche Aktienmarkt vom Marktgeschehen in den USA. In der letzten halben Stunde des Handels grenzt der deutsche Leitindex seine Verluste weitegehend ein und geht mit einer Punktlandung bei 5500 Punkten aus dem Handel.

Frankfurt am späten Nachmittags des 12. Februar 2010: Fünf Minuten vor Schluss zeichnete sich ein Aufstieg ab.
(Foto: REUTERS)
Nach einem ausdauernden Abstieg in die Verlustzone hat der Dax am Freitag nahezu unverändert geschlossen. Neben der Griechenlandkrise drückten eine straffere Geldpolitik in China und wieder aufgeflammte Sorgen über die Staatsverschuldung des Emirats Dubai am Nachmittag auf die Stimmung am Aktienmarkt. Kurz vor Handelsschluss setzte dann überraschend eine Erholungsbewegung ein. Der Dax beendete die Woche 0,06 Prozent im Minus bei 5500,39 Punkten. Er durchbrach damit seine seit vier Wochen andauernde Abwärtsbewegung und verbuchte auf Wochensicht ein Plus von 1,2 Prozent. Der MDax verharrte 0,70 Prozent im Minus bei 7293,14 Zählern. Der TecDax schloss mit minus 0,01 Prozent auf 780,59 Punkten ebenfalls fast unverändert.
Marktbeherrschend blieb über weite Strecken des Handels die Lage der griechischen Staatsfinanzen und die Straffung der chinesischen Geldpolitik. In Peking hatte die Zentralbank den Satz für Einlagen, die bei der Notenbank zu halten sind, zum 25. Februar um 0,50 Prozentpunkte angehoben. Es ist die zweite Erhöhung in diesem Jahr. Der Schritt der chinesischen Zentralbank wurde am deutschen Aktienmarkt allgemein als wachstumshemmend gewertet. Am Vormittag hatte noch das klare Bekenntnis der EU zu Griechenland für Zuversicht gesorgt.
"China war jetzt der Auslöser für die Stimmungswende, das beweist aber nur einmal mehr, dass der Markt weiter sehr labil ist", sagte ein Händler. "Wir haben heute morgen mal honoriert, dass Griechenland wohl nicht fallengelassen wird. Aber dann will China wieder einmal seine Kreditvergabe drosseln, und aller Optimismus ist dahin. Wir sind nun mal nicht in einem selbsttragenden Aufschwung, und China ist die Lokomotive der Weltwirtschaft."
Lichtblick im Dax waren die Aktien von ThyssenKrupp nach der Vorlage von Zahlen. Der größte deutsche Stahlhersteller schaffte nach drei verlustreichen Quartalen in Folge endlich wieder die Rückkehr in die Gewinnzone. Die Aktien gewannen als Favorit im Leitindex 2,75 Prozent auf 22,96 Euro.
"Der Konzern war ja in den vergangenen Monaten vor allem eine Restrukturierungs- und Kostenstory. Jetzt legen sie einen beeindruckenden Auftragseingang vor, das könnte als Zeichen einer sich erholenden Wirtschaft gewertet werden", sagte ein Börsianer mit Blick auf ThyssenKrupp. Die Titel von Branchenprimus ArcelorMittal, der vor einigen Tagen mit seinem Ausblick noch enttäuscht hatte, stiegen in Paris zeitweise um 1,6 Prozent, rutschte dann aber leicht ins Minus. Ähnlich sah der Kursverlauf bei Salzgitter aus.
Die Bankenwerte hingegen litten unter den weiterhin unklaren Aussichten bei Länderrisiken, wie Marktstratege Robert Halver von der Baader Bank sagte. "Wer kann heute schon sagen, wie es mit den Problemländern Portugal, Italien, Griechenland, Spanien oder Irland weitergeht?"
Die offenen Fragen rund um den griechischen Haushalt und die finanziellen Schwierigkeiten anderer Länder aus der Eurozone schürten bei Anlegern Sorgen vor möglichen Forderungsausfällen von kreditgebenden Banken. Der Branchenindex rutschte um 1,3 Prozent ab. Die Titel der Deutschen Bank verloren 1,48 Prozent auf 44,04 Euro und die der Commerzbank gaben um 0,51 Prozent auf 5,623 Euro nach. Im MDax gaben die Postbank-Aktien 1,30 Prozent ab auf 22,00 Euro.
Autowerte werden abgestraft
Die Autobranche verlor weiter an Vertrauen unter den Anlegern. Nachdem am Vortag Renault mit einem Milliardenverlust für 2009 die Anleger geschockt hatte, wies nun der Reifenhersteller Michelin einen 70-prozentigen Einbruch des Jahresgewinns aus. Der Autozulieferer Leoni enttäuschte mit einem hohen Jahresverlust, die Aktien fielen im MDax um 3,7 Prozent.
Eines der Schlusslicht im Nebenwerteindex waren Conti, die um 4,2 Prozent auf 33,220 Euro nachgaben. Im Leitindex zählten BMW und Daimler mit einem Minus von 1,6 Prozent beziehungsweise einem Prozent zu den schwächsten Werten.
Um 1,72 Prozent auf 51,37 Euro ging es für die Anteilsscheine des Bauunternehmens Hochtief nach unten. Die Zahlen der australischen Tochter Leighton riefen ein geteiltes Echo hervor.
Im TecDax legten die Papiere von Freenet um 2,24 Prozent auf 9,651 Euro zu, nachdem der Mobilfunkanbieter für 2010 eine beinahe doppelt so hohe Dividende in Aussicht stellte wie Analysten erwartet hatten. Die Titel des Anteilseigners Drillisch profitierten davon und stiegen sogar um 6,58 Prozent auf 4,860 Euro.
Der EuroStoxx50 verlor 0,22 Prozent auf 2674,46 Punkte und auch in Paris und London wurden leichte Verluste verzeichnet. In den USA zeigten sich die wichtigsten Aktienindizes ebenfalls im Minus. An der Wall Street notierte der Standardwerteindex Dow Jones bei Börsenschluss in Deutschland 1,1 Prozent schwächer bei 10.031 Stellen. Der technologielastige Nasdaq fiel um 0,6 Prozent auf 2163 Zähler und der breiter gefasste S&P500 verlor 0,9 Prozent auf 1068 Punkte.
Am deutschen Rentenmarkt sank die durchschnittliche Rendite börsennotierter Bundeswertpapiere auf 2,85 (Vortag: 2,87) Prozent. Der Rentenindex Rex stieg um 0,14 Prozent auf 124,14 Punkte. Der Bund Future stieg um 0,30 Prozent auf 123,52 Punkte.
Der Kurs des Euro erholte sich am Nachmittag wieder etwas und stand am Abend bei 1,3625 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs zuvor auf 1,3572 (Donnerstag: 1,3718) Dollar festgesetzt. Der Dollar kostete damit 0,7368 (0,7290) Euro.
Der Aktienumsatz aller Dax-Werte fiel auf 114 (Donnerstag: 122,4) Millionen Stück. Das Umsatzvolumen verringerte sich auf 2,9 (3,26) Mrd. Euro.
Dubai war nie weg
An den Finanzmärkten kamen am Nachmittag erneut Sorgen um das Emirat Dubai auf. Analysten verwiesen am Freitag auf das unklare Schicksal des angeschlagenen Staatskonzerns Dubai World. "Grundsätzlich ist es die Fortsetzung der Dubai-World-Saga. Sie müssen noch mit einem Restrukturierungsplan kommen, so dass die Leute beginnen, ein bisschen besorgt zu sein", sagte Elisabeth Gruie, BNP-Expertin für Schulden in Emerging Markets.
Zudem hätten die verschobenen Emissionen einiger Unternehmensanleihen in dieser Woche die Haltung gegenüber Dubai verschlechtert, meinte Gruie. Die fünfjährigen Kreditderivate (CDS) zur Absicherung von Staatsschulden des Emirats verteuerten sich CMA DataVision zufolge auf 627 Basispunkte und lagen damit erstmals seit Ende November wieder über 600 Basispunkten. Die Dubai-CDS sind seit Ende Januar kontinuierlich angestiegen und haben in diesem Monat 130 Basispunkte zugelegt.
Zum Wochenschluss geriet zudem eine islamische Anleihe des Finanzministeriums von Dubai unter Druck. Der Bond mit einer Laufzeit bis 2014 fiel auf ein Rekordtief von 86,50 Punkten, die Rendite stieg auf 10,059 Prozent.
Konjunkturdaten im Überblick
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Deutschland lag im vierten Quartal 2009 auf dem Niveau des Vorquartals, teilte das Statistische Bundesamt mit und bestätigte damit eine erste Schätzung vom Januar. Für das Gesamtjahr bestätigten die Statistiker einen Einbruch des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 5,0 Prozent. Damit war Deutschland im vergangenen Jahr in die tiefste Rezession seit Bestehen der Bundesrepublik gestürzt. Volkswirte hatten zum Jahresende mit einem leichten BIP-Wachstum um 0,3 Prozent gerechnet. Nach Angaben der Statistiker kamen positive Impulse zum Jahresende lediglich vom Export. Hingegen gingen Konsumausgaben und Investitionen zurück und bremsten so das Wirtschaftswachstum.
Die Industrieproduktion in der Eurozone ist im Dezember vergangenen Jahres eingebrochen. Die Produktion ohne das Baugewerbe fiel im Euroraum gegenüber dem Vormonat um saisonbereinigt 1,7 Prozent, teilte die Statistikbehörde Eurostat mit. Volkswirte hatten im Vorfeld dagegen einen Anstieg um 0,2 prozent prognostiziert. Nach den enttäuschenden Zahlen aus einigen großen Euroraum-Ländern wie Deutschland, Italien und Frankreich hatten viele Ökonomen aber bereits ihre Prognosen teilweise überarbeitet und einen Produktionsrückgang nicht mehr ausgeschlossen.
Die Wirtschaftsleistung in Europa brach 2009 sogar um vier Prozent ein, teilte Eurostat weiter mit. Im vierten Quartal schwächte sich der ohnehin zaghafte Aufschwung wieder ab, die Wirtschaft wuchs im Vergleich zu den drei Vormonaten lediglich um 0,1 Prozent. Im dritten Quartal hatte die Wachstumsrate noch 0,4 Prozent betragen.
Quelle: ntv.de, DJ/dpa/rts