Marktberichte

Rezession in den USA Dax schließt tief im Minus

Der stärkste Beschäftigungsrückgang seit 34 Jahren in den USA hat am Freitag für deutliche Verluste am deutschen Aktienmarkt gesorgt. Der Leitindex Dax ging mit einem Minus von 4,0 Prozent oder 183 Zählern bei 4381,47 Punkten aus dem Handel. Im Wochenvergleich entspricht das einem Verlust von rund sechs Prozent oder 290 Punkten. Der MDax mittelgroßer Werte beendete den Handelstag mit einem Minus von 4,50 Prozent bei 4958,84 Zählern. Für den TecDax ging es um 4,09 Prozent auf 467,10 Punkte nach unten.

Bankenvolkswirte sprachen sogar von einem "schwarzen Freitag" für den Arbeitsmarkt. Außerhalb der Landwirtschaft ist die Beschäftigtenzahl um 533.000 zum Vormonat zurückgegangen, Volkswirte hatten für November mit einem Rückgang um 320.000 Stellen gerechnet. Zudem wurde der Rückgang der Vormonate deutlich revidiert.

Mit diesen Zahlen habe die Tiefe der Rezession nochmal eine neue Dimension gewonnen, die sofortige politische Handlungen erfordere, sagte ein Händler. Es könne nicht auf den Amtsantritt von Barack Obama gewartet werden. Dass die Börsen weltweit aber nicht völlig abstürzten, zeige, dass die Aktienmärkte fast nichts mehr erschüttern könne und eine Menge schlechter Nachrichten bereits eingepreist seien.

Die Arbeitslosigkeit in den USA ist im November auf den höchsten Stand seit 15 Jahren gestiegen. Die Arbeitslosenquote kletterte von 6,5 Prozent im Vormonat auf 6,7 Prozent, hatte das Arbeitsministerium vor dem Handelsstart in den USA bekannt gegeben. Das ist der höchste Wert seit 1993. Gleichzeitig bauten die US-Unternehmen so viele Stellen ab wie seit 34 Jahren nicht mehr.

"Die Zahlen sind eine Katastrophe und unterstreichen das Rezessionsszenario in den USA", kommentierte HSBC-Trinkaus-Volkswirt Lothar Hessler in einer ersten Reaktion. Die Entwicklung am Arbeitsmarkt gilt als entscheidend für die Konsumausgaben, die wiederum gut zwei Drittel der Wirtschaftsleistung in den USA ausmachen.

Die Aktien der Allianz hielten sich mit minus 1,91 Prozent noch im vorderen Feld des Dax. Hartford Financial hatte zuvor seine Prognose für 2008 angehoben und von einer guten operativen Entwicklung im schweren Marktumfeld gesprochen. Allianz war jüngst mit 2,5 Mrd. US-Dollar bei dem US-Finanzdienstleister eingestiegen.

Autobauer kamen unter Druck. BMW verloren 4,04 Prozent, Daimler büßten 5,68 Prozent ein. Beide hatten im November einen deutlichen Absatzrückgang hinnehmen müssen. Zudem drücke die immer noch ungeklärte Lage der US-Autobauer auf die Stimmung im ganzen Sektor, sagten Händler.

Unter Verkaufsdruck standen europaweit auch die Versorger, die Händlern zufolge von einem negativen Analystenkommentar von Goldman Sachs belastet wurden. Die Experten der US-Bank hatten den Sektor auf "Underweight" von "Neutral" heruntergestuft. Wegen der hohen Verschuldung und des Refinanzierungsbedarfs drohten Kürzungen bei Investitionen und Dividenden oder sogar Kapitalerhöhungen. Die Papiere von Eon verloren 5,92 Prozent. RWE schloss 5,8 Prozent tiefer.

Schwächster Wert im Dax waren am Ende die Aktien des Industriegas-Spezialisten Linde mit einem Abschlag von 8,2 Prozent. Über weite Strecken hatten Bayer-Aktien ganz oben auf der Verkaufsliste gestanden - zeitweise hatten sich die Abschläge der 10-Prozent-Grenze angenähert. Am Vortag hatte der Verband der Chemischen Industrie (VCI) einen vorsichtigen Ausblick gewagt. Demnach stellt sich die chemische Industrie in Deutschland im kommenden Jahr auf den ersten Rückgang der Produktion seit 2001 ein. Auch bei den Erzeugerpreisen rechnet der Verband mit einem leichten Rückgang. Vor diesem Hintergrund gaben Bayer-Aktien 8,02 Prozent ab.

Airbus braucht Milliarden

Im Nebenwerte-Index MDax verbilligten sich die Aktien von EADS um 7,7 Prozent. Einige nationale Gesellschaften der Flugzeug-Tochter Airbus benötigen vom Mutterkonzern eine Kapitalspritze von insgesamt zwei Milliarden Euro. "Die Ausgaben für laufende Programme liegen bei den nationalen Gesellschaften, die Gewinne landen bei der Airbus-Gruppe. Das hat zu einem Ungleichgewicht in der Bilanz geführt", erklärte ein Airbus-Sprecher die Notwendigkeit des Schritts. Schlusslicht unter den Nebenwerten waren die Papiere der GEA Group mit einem Abschlag von 12,05 Prozent.

Wie das Statistische Bundesamt mitteilte, ist die Rohstahlerzeugung der deutschen Hüttenwerke im November um 18,5 Prozent eingebrochen. Gegenüber dem entsprechenden Vorjahresmonat sei die Erzeugung von Roheisen um 17,8 Prozent zurückgegangen, hieß es. Insgesamt wurden damit im November 3,28 Mio. Tonnen Rohstahl und 2,09 Mio. Roheisen erzeugt. Damit habe die die gegenwärtige wirtschaftliche Abschwächung auch die Stahlindustrie erreicht, so das Fazit der Statistiker. Besonders stark getroffen waren die neuen Bundesländer: Dort ging die Rohstahlerzeugung im November um 46,3 Prozent zurück. Aktien von Salzgitter gaben 8,7 Prozent ab. Im Dax verloren die Aktien von ThyssenKrupp 5,5 Prozent.

Im MDax zählten Aktien von Stada mit plus 6,49 Prozent zu den stärksten Werten. Der Generikahersteller erhielt bei den jüngsten Rabattausschreibungen der AOK Zuschläge. Analyst Ulrich Huwald von M.M. Warburg zeigte sich positiv überrascht. "Es wurde ja sogar befürchtet, dass Stada schlechter abschneiden könnte. Die nun doch zahlreichen Zuteilungen sind damit klar positiv", sagte Huwald. Gerade mit Blick auf den Marktanteil habe Stada einen klaren Sieg errungen.

Viel Widerhall vor dem Wochenende hatte am Morgen eine düstere Einschätzung von Deutsche-Bank-Chefvolkswirt Norbert Walter gefunden: Die deutsche Wirtschaft könnte nach Einschätzung der Bank im kommenden Jahr viel stärker schrumpfen als von der Bundesregierung und Wirtschaftsexperten bisher angenommen. "Im nächsten Jahr könnte das deutsche Bruttoinlandsprodukt um bis zu vier Prozent schrumpfen. Die Wahrscheinlichkeit dafür beträgt rund ein Drittel", ließ sich Walter in der "Bild-Zeitung" zitieren.

Quelle: ntv.de

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