Zwischen MAN und Telekom Dax schließt unter 6600
28.10.2010, 17:45 Uhr
"Die Anleger bleiben auf der Hut": Vor der Fed-Entscheidung herrscht große Vorsicht.
(Foto: REUTERS)
Die heiße Phase der deutschen Bilanzsaison bringt am Donnerstag Bewegung in den Aktienmarkt: Das Bündel starker Zahlen am "Super-Donnerstag" im deutschen Leitindex verführt Anleger jedoch zum sicherheitsorientierten Rückzug.
Der deutsche Aktienmarkt hat nach zwei Tagen mit Verlusten wieder in die Gewinnspur zurückgefunden. Der Leitindex Dax schloss am Donnerstag mit einem Plus von 0,42 Prozent bei 6595,28 Punkten - und blieb damit unter der psychologisch bedeutsamen Marke von 6600 Punkten. Für den MDax ging es um minimale 0,02 Prozent auf 9255,97 Punkte nach oben, der TecDax gewann deutliche 1,33 Prozent auf 822,34. Damit erreichte der Technologiewerte-Index seinen höchsten Schlussstand seit April.
Die heiße Phase der Berichtssaison hat dem Dax am Donnerstag zunächst wenig Auftrieb geben können. Beobachtern zufolge übten sich viele Anleger vor einer Entscheidung der US-Notenbank Fed über eine weitere Geldspritze in Geduld. In den USA schraubten die Investoren inzwischen ihre Erwartungen zurück, was den Umfang der zusätzlichen Konjunkturstützen angeht.
"Die Anleger bleiben auf der Hut und viele wollen einfach abwarten, wie die US-Notenbank nächste Woche entscheidet", sagte ein Börsianer. Bis dahin dürfte der Dax in seiner Spanne von 6550 bis 6650 Punkten verharren. Die Fed berät am kommenden Mittwoch turnusgemäß über die Geldpolitik. Analysten rechnen mit einem neuen Anleihen-Kaufprogramm, das der schwächelnden US-Konjunktur unter die Arme greifen soll.
In Amerika zogen Zweifel an dem Ausmaß der Hilfen und gemischt ausgefallene Bilanzzahlen die Märkte ins Minus. Eine leichte Entspannung am Arbeitsmarkt hatte zunächst noch für Kursgewinne gesorgt. Die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe fiel in der Vorwoche auf ein Drei-Monats-Tief von 434.000. Der Dax notierte nach Veröffentlichung der Zahlen zeitweise 1,2 Prozent höher.
Im Mittelpunkt des Frankfurter Handels standen vor allem Unternehmensmeldungen. Im Falle der Lufthansa wurden die Aktien von Expertenlob und Aussagen zur Dividende gestützt. Die Titel verbuchten einen Aufschlag von 0,84 Prozent auf 15,56 Euro. Analysten waren zudem voll des Lobes bezüglich der am Vortag vorgestellten Eckdaten und sprachen von einer "sensationellen Entwicklung" sowie "brillanten Zahlen". Zudem dürfen sich die Aktionäre in diesem Jahr wieder auf eine Dividende freuen.
Punkten konnten die Volkswagen-Aktien, die nach einer Reihe von Kursziel-Anhebungen um 2,8 Prozent auf 107,35 Euro anzogen. Der Autobauer hatte am Mittwoch eine Verzehnfachung seines Vorsteuergewinns im dritten Quartal bekanntgegeben.
Die Papiere des Konkurrenten Daimler erlebten eine Berg- und Talfahrt. Die Aktien waren nach der erneuten Erhöhung der Ergebnisprognose zunächst um bis zu drei Prozent auf 49,05 Euro in die Höhe geschnellt und schlossen nach einem Auf und Ab schließlich 1,3 Prozent schwächer. Händler sagten, die höhere Prognose sei am Finanzmarkt bereits erwartet worden und Anleger nutzten die Gelegenheit für Gewinnmitnahmen. Renault fielen in Paris aufgrund eines enttäuschenden Ausblicks um bis zu 4,5 Prozent auf 38,81 Euro.
Gefragt waren die Aktien der Deutschen Telekom: Sie profitierten vom positiv aufgenommmenen Quartalsbericht der France Telecom und waren mit einem Plus von 3,1 Prozent größter Dax-Gewinner. "France Telecom hat solide Zahlen leicht über den Konsensschätzungen vorgelegt", erklärte ein Börsianer. Die Aktien lagen 3,1 Prozent fester, Vodafone zogen in London um 2,7 Prozent an. Im Eurostoxx50 zählten die Telekom-Titel zu den Favoriten.
Ihren Höhenflug fortgesetzt haben Fresenius, die als drittgrößter Dax-Gewinner aus dem Handel gingen. Die Titel des Gesundheitskonzerns stiegen in der Spitze um 3,4 Prozent auf 62,62 Euro und waren damit so teuer wie seit April 2007 nicht mehr. Börsianern zufolge sorgten charttechnische Kaufsignale für die Fortsetzung der Rally.
Trotz guter Zahlen unterdurchschnittlich entwickelten sich BASF-Titel, die sich lediglich um 0,29 Prozent auf 52,37 Euro verteuerten. Daimler-Papiere verloren sogar 1,34 Prozent auf 46,980 Euro, obwohl der Autobauer einen deutlichen Anstieg bei Umsatz und Ergebnis verbucht hatte. Händler sprachen von Gewinnmitnahmen.
Ähnlich erging es den Aktien der Deutschen Börse, die 1,29 Prozent auf 50,64 Euro verloren. Der Marktbetreiber hatte jedoch auch vor weiteren Abschreibungen im Zusammenhang mit dem Kauf der US-Optionsbörse ISE gewarnt.
Ebenfalls auf dem Verkaufszettel standen Bayer. Während das Ergebnis insgesamt laut Analysten im Rahmen der Erwartungen lag, bremsten Sonderabschreibungen für Rechtsstreitigkeiten in den USA den Kursanstieg. Die Titel waren mit einem Abschlag von 1,6 Prozent einer der größten Dax-Verlierer.
Dax-Schlusslicht waren mit minus 2,37 Prozent auf 79,18 Euro die Aktien des Nutzfahrzeug- und Motorenherstellers MAN trotz starker Zahlen. Börsianer begründeten das damit, dass Anleger einen besseren Ausblick erwartet hätten.
Im MDax lagen die Aktien von Sky Deutschland unangefochten an der Spitze mit einem Aufschlag von 4,78 Prozent auf 1,053 Euro. Am Markt hieß es, es werde über eine Zusammenarbeit mit Kabel Deutschland und eine komplette Übernahme durch Rupert Murdoch spekuliert.
Die Aktien von Salzgitter büßten 1,7 Prozent ein. Deutschlands zweitgrößter Stahlkonzern hat mit einer Wandelanleihe 275 Mio. Euro bei Investoren eingesammelt. Die Schuldverschreibung kann in Aktien aus der Beteiligung an dem Kupferkonzern Aurubis umgetauscht werden. Die Aktien der Kupferhütte brachen um gut vier Prozent ein.
Der Eurostoxx50 gewann 0,57 Prozent auf 2845,53 Punkte, auch der Cac40 in Paris und der FTSE100 in London schlossen moderat im Plus. Die US-Börsen lagen zu Handelsschluss in Europa im Minus. Belastend wirkten auch gemischt ausgefallene Bilanzzahlen. Der Dow-Jones-Index verlor 0,2 Prozent, der S&P500 notierte knapp im Minus. Der Nasdaq-Composite notierte 0,2 Prozent schwächer. Das Handelsvolumen im Dax sank auf 104,3 (Vortag: 117,9) Mio. Aktien, der Umsatz betrug 3,4 (3,7) Mrd. Euro.
Am Rentenmarkt lag die durchschnittliche Rendite der börsennotierten Bundeswertpapiere unverändert bei 2,29 Prozent. Der Rentenindex Rex sank minimal um 0,01 Prozent auf 126,75 Punkte. Der Bund Future gewann 0,02 Prozent auf 128,82 Punkte. Der Euro stieg über die Marke von 1,39 US-Dollar und notierte zuletzt bei 1,3935 Dollar. Zuvor hatte die Europäische Zentralbank (EZB) den Referenzkurs auf 1,3857 (Vortag: 1,3803) Dollar festgesetzt. Der Dollar kostete damit 0,7217 (0,7245) Euro.
Quelle: ntv.de, DJ/dpa/rts