Schwarzer Tag für die Börsen Dax schmiert um drei Prozent ab
04.04.2012, 18:32 Uhr
EZB-Chef Mario Draghi sieht weiter die Gefahr steigender Inflation und Risiken für die Konjunktur.
(Foto: REUTERS)
An der Börse geht ein Horrortag zu Ende: Die Zentralbanken in Europa und den USA machen Anlegern wenig Hoffnung auf neue Geldspritzen, zudem sorgt sich die Europäische Zentralbank um Wachstum und Inflation im Euro-Raum. Ohne billiges Notenbankgeld geht den Märkten die Puste aus: Alle Dax-Werte schließen im Minus, besonders die Lufthansa muss einstecken.
Die deutschen Börsen haben nach zurückhaltenden Äußerungen von EZB-Präsident Mario Draghi und einer Absage der US-Notenbank an weitere Hilfspakete für die Wirtschaft mit deutlichen Verlusten geschlossen. Der deutsche Leitindex Dax weitete zum Ende des Handelstags seine Verluste aus und schloss mit 6784 Zählern deutlich unter der wichtigen Marke von 7000 Punkten mit rund drei Prozent im Minus. Der MDax ging um über drei Prozent zurück und beendete den Handel mit 10.515 Punkten, der TecDax büßte gut drei Prozent auf 3063 Zähler ein. Nicht nur die Börsen kamen unter Abgabedruck, auch der Euro verlor kräftig und notierte um das Niveau von 1,3120 Dollar.
Die Notenbanker um EZB-Chef Mario Draghi sorgen sich weiter um das Wachstum und die Schuldenkrise im Euroraum. Draghi sagte, die Inflationsraten dürften in diesem Jahr vor allem aufgrund höherer Energiepreise über 2 Prozent bleiben, Anfang 2013 aber darunter sinken. Die Risiken für dieses Inflationsszenario bezeichnete Draghi als "noch ausgewogen", wobei er kurzfristig weiterhin Aufwärtsrisiken sah. Der EZB-Rat sah zudem weiterhin Anzeichen dafür, dass sich die Konjunktur 2012 auf niedrigem Niveau stabilisiert. Dabei überwögen die abwärts gerichteten Risiken.
Weiterer Schock für Anleger
Den Leitzins hatten die Notenbanker zuvor wie erwartet bei 1,0 Prozent belassen. Im Dezember und Februar hatten die Währungshüter Europas Geschäftsbanken extrem billiges Geld für bis zu drei Jahre angeboten. Die Banken liehen sich insgesamt gut eine Billion Euro. Nach der Geldflut hatte Draghi bilanziert: "Das Schlimmste ist vorüber, aber es gibt auch noch Risiken. Die Lage stabilisiert sich." Einen Zeitplan für den Ausstieg aus ihrer expansiven Geldpolitik nannten die Währungshüter bislang nicht.
Die pessimistischen Konjunktureinschätzungen der EZB verdarben den Anlegern zusätzlich die Laune, nachdem bereits die US-Notenbank am Dienstag signalisiert hatte, dass sie den Geldhahn so schnell nicht wieder aufdrehen wird. "Das ist für den Markt eine große Enttäuschung, die Aussicht auf billige und überbrodelnde Liquidität ist doch zu verlockend", sagte ein Händler. Zusätzlich belastet wurden die Börsen durch eine enttäuschende spanische Anleihen-Auktion.

US-Notenbankchef Ben Bernanke: Die Absage an weitere Geldspritzen verdirbt Dax-Anlegern zusätzlich die Laune.
(Foto: dpa)
Wie aus den am Dienstagabend veröffentlichten Sitzungsprotokollen des Offenmarktausschusses hervorging, sprechen sich inzwischen weniger US-Notenbanker für eine zusätzliche Geldspritze zur Ankurbelung der US-Konjunktur aus. Nach Einschätzung der Währungshüter ist die US-Wirtschaft in relativ guter Verfassung. "Wer auf ein weiteres Konjunkturprogramm gehofft hat, ist bitter enttäuscht worden," sagte ein Händler.
Schwarzer Tag für Infineon und Lufthansa
Die Börsen erlebten deshalb einen schwarzen Tag. Sämtliche Dax-Werte schlossen mit Verlusten. Größter Verlierer im Dax war Infineon mit einem Minus von 5,7 Prozent. Ein Händler verwies auf die Umsatzwarnung des US-Speicherchipherstellers SanDisk. "Auch wenn die Geschäfte der beiden Firmen nicht direkt miteinander vergleichbar sind, bekommen nach der Warnung von SanDisk eben auch andere Chiphersteller was auf die Mütze." Europaweit standen Technologiewerte unter Druck, der Branchenindex verlor gut zwei Prozent. Ein anderer Börsianer begründete das Minus bei Infineon damit, dass es der Aktie in den vergangenen Tagen trotz eines Anstiegs nicht gelungen sei, die Marke von acht Euro zu knacken. Das Scheitern an der Barriere habe die Verkäufe ausgelöst.
Auch die Lufthansa büßte 4,5 Prozent ein, nachdem das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig die vom Land Hessen ursprünglich genehmigte Regelung der Nachtflüge am Frankfurter Flughafen gekippt hatte. Damit kommt auf das Drehkreuz ein dauerhaftes Nachtflugverbot zu, unter dem vor allem die Lufthansa-Frachttochter leiden dürfte. Sie rechnet bei einem dauerhaften Nachtflugverbot mit Gewinneinbußen von 40 Mio. Euro im Jahr. "Es besteht kein Zweifel, dass eines der größten Drehkreuze Europas im internationalen Wettbewerb zurückfallen wird", erklärte Lufthansa-Chef Christoph Franz.
Das Land Hessen muss nun über die Zulassung von Nachtflügen neu entscheiden. Lufthansa werde auch in dem neuen Verfahren für ausgewählte nächtliche Flüge plädieren, erklärte Franz. Auch die Aktien des Flughafenbetreibers Fraport gaben im MDax um über drei Prozent nach.
Quelle: ntv.de, dpa/rts/DJ