Technischer K.o.? Dax unter 3.000
19.12.2002, 20:20 UhrDer Dax testete am Donnerstag mal wieder die Nerven der Anleger. Sorgten gute Zahlen von Oracle und Palm am Morgen noch für kräftige Gewinne, drückte die Sorge um einen Krieg zwischen dem Irak und den USA den Blue Chip-Index im Tagesverlauf genauso kräftig ins Minus. Dabei ging es sogar unter die psychologisch wichtige Marke von 3.000 Punkten. Bei technischen Analysten läuten nun die Alarmglocken. Der Dax schloss mit einem Abschlag von 2 Prozent bei 2.961 Punkten.
Technisch orientierte Analysten sehen den Dax dadurch akut absturzgefährdet. Von Jahresendrally ist keine Rede mehr, stattdessen schauen die Experten nach unten. Durch das signifikannte Unterschreiten der 3.000-Punkte-Marke, ist der Weg auf das alte Tief von Anfang Oktober bei 2.519 Zählern praktisch frei, hieß es.
Zudem werfe der bevorstehende große Verfallstag seine Schatten voraus, sagten Händler. Am Freitag werden die Terminkontrakte auf Aktien und Indizes in Deutschland fällig. Vor dem einmal im Quartal anstehenden Termin versuchen Anleger traditionell die Kurse von Aktien oder Indizes in ihrem Sinne zu beeinflussen. Viele Händler gehen davon aus, dass diverse Marktteilnehmer auf einen Dax bei 3.000 Punkten gesetzt haben und das Börsenbarometer nun in diese Richtung drücken wollten.
Auch der schwelende Irak-Konflikt belastete weiter den Handel, so ein Händler. Solange die Situation ungeklärt sei, sei eine langfristige Erholung nur schwer möglich.
Gute Nachrichten gab es hingegen von den US-High-Techs. Der weltweit zweitgrößte Softwarehersteller Oracle hat in seinem zweiten Geschäftsquartal mit einem Gewinn von 10 Cent je Aktie die Erwartungen der Analysten um 2 Cent übertroffen. Für das dritte Quartal prognostizierte der SAP-Konkurrent zudem einen Gewinn im Rahmen der derzeitigen Markterwartungen.
Der weltgrößte Taschen-Computer-Hersteller Palm hat im abgelaufenen Quartal einen Überschuss ohne Sonderposten von 19 Cent je Aktie erwirtschaftet und ist damit überraschend in die Gewinnzone zurückgekehrt. Analysten hatten im Schnitt mit einem Fehlbetrag von 15 Cent je Aktie gerechnet.
Die deutschen High-Techs reagierten unterschiedlich auf die Neuigkeiten der US-Konkurrenz. Infineon legte 0,3 Prozent auf 7,22 Euro zu, für Epcos ging es 2,5 Prozent auf 10,49 Euro nach unten, Siemens verlor 1,9 Prozent auf 41,58 Euro und SAP verbuchte ein Minus von 2,4 Prozent auf 79,14 Euro.
Schlechte Nachrichten gab es für die deutschen Versicherer. Die US-Investmentbank Goldman Sacht hat ihre Bewertung für die Papiere der Münchener Rück und der Allianz auf „underperform“ von zuvor „in-line“ gesenkt. Die Allianz-Aktie gab 4,1 Prozent auf 97,44 Euro nach, die Münchener Rück fiel 5,6 Prozent auf 119,58 Euro.
Die Commerzbank rechnet unterdessen nicht mit einer Verbesserung der Geschäfte in 2003. Man sei gut beraten, im kommenden Jahr keine signifikante Verbesserung der Geschäfte zu erwarten, so Vorstandssprecher Klaus-Peter Müller in einem Zeitungsinterview. Dem Bericht zufolge sieht Müller eine mögliche Fusion mit der Münchener HypoVereinsbank nur als ersten Schritt für eine europäische Konsolidierung der Bankenlandschaft. Die Aktie verbuchte ein Minus von 5,2 Prozent auf 7,90 Euro, für die HypoVereinsbank ging es 7,3 Prozent auf 14,54 Euro nach unten.
Die Aktien des Finanzdienstleisters MLP verloren sogar knapp 9 Prozent auf 9,86 Euro. Ein Händler nannte den Verfallstermin am Freitag als Grund für den Kursrutsch. Daneben wurde auch wieder über einen Abschied von MLP aus dem Deutschen Aktienindex spekuliert. Offenbar befürchten einige, dass nach der voraussichtlich geplatzten Degussa-Übernahme durch die RAG Degussa wieder in den Dax aufsteigen könnte. Dann wäre MLP erster Abstiegskandidat, sagten Händler.
Die internationale Ratingagentur Standard & Poors hat am Donnerstag die langfristige Kreditwürdigkeit des weltweit fünftgrößten Handelskonzerns Metro auf BBB von BBB+ gesenkt. Auf kurze Sicht werde sich die Schuldenstruktur des Konzerns nicht deutlich verbessern, begründete die Rating-Agentur am Donnerstag in London. Mit dem Weihnachtsgeschäft, bei dem Metro einen wichtigen Teil seiner Umsätze erzielt, hänge die Entscheidung aber nicht zusammen. Die Aktie fiel 3,4 Prozent auf 23,37 Euro.
Der französische Gaz de France hat nach Angaben aus TUI-Konzernkreisen gute Chancen zur Übernahme der TUI-Tochter Preussag Energie. Im Gespräch sei ein Kaufpreis in der Größenordnung von einer Milliarde Euro, hieß es weiter. Die Verhandlungen seien aber noch nicht abgeschlossen. TUI wollte die meldung zunächst nicht kommentieren. Die TUI-Aktie verbuchte einen Abschlag von 1,4 Prozent auf 16,25 Euro.
Quelle: ntv.de