Mehr als zehn Prozent im Plus Dax vergisst seine Sorgen
24.11.2008, 17:01 UhrDas Rettungspaket für die US-Bank Citigroup hat zusammen mit den Steuerplänen in London am deutschen Aktienmarkt für kräftigen Auftrieb gesorgt. Am Nachmittag verdichteten sich zudem die Hinweise auf ein erweitertes Konjunkturprogramm unter dem künftigen US-Präsidenten Barack Obama. Nach einem freundlichen Handelsstart in den USA baut der deutsche Leitindex Dax seine Kursgewinne aus, überwand am späten Nachmittag die Marke von 4500 Punkten und ging schließlich mit einem Plus von 426 Zählern oder 10,34 Prozent bei einem Schlussstand von 4554 Punkten aus dem Handel. Der Dax konnte damit binnen eines Tages fast den gesamten Verlust der Vorwoche von 12,4 Prozent wieder aufholen. Händler beklagten aber die relativ geringen Umsätze. Das Handelsvolumen im Dax betrug 211 Mio. Aktien gegenüber 204 Mio. Aktien am vergangenen Freitag. Der MDax kletterte 8,19 Prozent auf 5122 Zähler. Der TecDax notierte 7,75 Prozent fester bei 465 Punkten. Von Euphorie mochten Händler aber nichts wissen. "Das muss sich erst noch zeigen, wie nachhaltig das ist", warnte ein Händler.
Die anstehende Ernennung des New Yorker Fed-Chef Timothy Geithner zum künftigen Finanzminister der USA sorgte für zusätzliche Zuversicht unter den Anlegern. "Das ist der richtige Mann zur richtigen Zeit auf der richtigen Position", sagte ein Händler. "Er gilt als Pragmatiker, der auf die Anforderung der Märkte reagiert."
An der allgemeinen Aufwärtsbewegung konnte auch der unerwartet deutliche Rückgang des Ifo-Index auf den niedrigsten Stand seit Februar 1993 nichts ändern. Europaweit holten die Bankenwerte auf. In Frankfurt stiegen die Aktien der Deutschen Bank 23,7 Prozent ins Plus. Damit waren die Papiere des größten deutschen Geldhauses der mit etwas Abstand stärkste Wert im Dax.
Direkt dahinter gingen die in den vergangenen Monaten besonders arg gebeutelten Titel des Immobilienfinanzierers Hypo Real Estate mit einem Plus von 21,4 Prozent aus dem Handel. Aktien der Commerzbank stiegen 13,9 Prozent. Allianz-Aktien zogen 20,6 Prozent an.
Papiere der Deutschen Post verteuerten sich als vierstärkster Wert im Dax um 18,4 Prozent. "Die Aktie hat nach den Verlusten im Oktober eine Bodenbildung durchlaufen und sieht technisch nun recht gut aus", versuchte sich ein Händler an einer Erklärung. Angesichts der dünnen Umsätze und der zeitweiligen Drittelung des Kurses seit Jahresmitte sollten die Gewinne aber nicht überbewertet werden.
Auch außerhalb des Finanzsektors ging es kräftig aufwärts, wie zum Beispiel der Aktienkurs von Daimler belegt: Für den Autobauer ging es 17,2 Prozent nach oben. MAN-Aktien stiegen 16,6 Prozent. Der Lkw-Bauer kann nach einem Zeitungsbericht schon Anfang 2010 vollständig bei Ferrostaal aussteigen. Für Siemens-Papiere ging es 15,8 Prozent nach oben. Der Technologiekonzern bestätigte am Mittag, von der Deutschen Bahn einen Auftrag über den Bau 15 neuer ICE-Züge erhalten zu haben. Insgesamt lagen am Ende des Tages 19 der 30 Dax-Werte mehr als 10,0 Prozent im Plus.
Aktien von ThyssenKrupp verteuerten sich um 13,6 Prozent. Nach einem Bericht der "FTD" will der Industriekonzern rund eine Milliarde Euro einsparen. "Wir halten diese Größenordnung durchaus für angemessen. Außerdem sind wir der Ansicht, dass es viel Sinn macht, so zu reagieren", schrieb Analystin Alexandra Hauser von der LBBW in einem Marktkommentar. ThyssenKrupp legt am Freitag seine Zahlen vor.
Einziger Verlierer im Dax blieben die Aktien von Volkswagen, die um 9,6 Prozent nachgaben. Die Kapriolen um die Volkswagen-Aktien, die Ende Oktober mit einer zeitweiligen Gewichtung von 27 Prozent im Dax zu Buche schlugen, veranlasste die Deutsche Börse dazu, ihr Regelwerk für die Index-Zugehörigkeit zum 22. Dezember zu verändern.
Künftig muss der Streubesitz eines Unternehmens für die Mitgliedschaft in einem Index bei mindestens zehn Prozent liegen statt wie bisher bei fünf Prozent. Das Index-Gewicht kann auch außerhalb der regulären Quartalstermine gekappt werden. Damit wird die Gewichtung eines Wertes in den Indizes auf maximal zehn Prozent begrenzt. "Das ist vernünftig und sinnvoll", sagte ein Händler. "Es kommt zwar ein bisschen später, aber besser so als nie." Wohl unabhängig davon ging es für die Aktien der Deutschen Börse 10,4 Prozent nach oben.
Blick in die zweite Reihe
Der europäische Flugzeugbauer Airbus hat im September "eine gewisse Abschwächung" bei der Nachfrage nach Passagierflugzeugen verzeichnet. Das Unternehmen stelle sich zudem darauf ein, wegen der Kreditmarktkrise mehr Verkäufe selbst zu finanzieren, erklärte die EADS-Tochter. Der Boeing-Konkurrent bekräftigte zugleich seine Prognose für das laufende Jahr. Das Unternehmen werde 2008 wie bislang erwartet mit Aufträgen für rund 800 Zivilflugzeuge abschließen, hieß es. Der Auftragsbestand liege bei 3700 Bestellungen. Die EADS-Aktie lag 12,4 Prozent im Plus.
Stärkster Wert im MDax waren die Aktien von Premiere mit einem Kursplus von 32,1 Prozent. Die Aktie reagierte damit deutlich auf Übernahmespekulationen. Einer Mitteilung zufolge hält die von Silvio Belusconi kontrollierte Fininvest mehr als drei Prozent an dem Bezahlsender.
Europas größte Kupferhütte Norddeutsche Affinerie (NA) rechnet angesichts der anhaltend hohen Nachfrage in China noch nicht mit einem dauerhaften Einbruch der Branchenkonjunktur. "Es spricht einiges dafür, dass der laufende Rohstoffzyklus noch nicht zu Ende ist", teilte das Unternehmen mit. China werde Teile der Nachfrageschwäche in den anderen Kupfermärkten kompensieren. Beim angesichts der Finanzkrise angekündigten Konjunkturprogramm des Landes stünden rohstoffintensive Investitionen etwa in Infrastruktur, Stromnetze, Eisenbahnen im Vordergrund. Die lockere Geldpolitik und Exportbegünstigungen für Kupferprodukte sorgten für zusätzliche Impulse. Gleichzeitig habe die Kupferproduktion in Chinas zuletzt abgenommen. Die ebenfalls im MDax notierte NA-Aktie stieg vor diesem Hintergrund rund 12,3 Prozent ins Plus.
Quelle: ntv.de