Die Luft war raus Dax verlor an Boden
24.04.2002, 20:35 UhrBis zum Nachmittag glichen deutliche Gewinne bei DaimlerChrysler die ebenso deutlichen Verluste der T-Aktie noch aus und der Dax präsentierte sich kaum verändert. Schwache US-Konjunkturdaten sorgten dann aber doch für eine klare Richtung: Der Blue Chip-Index fiel 0,6 Prozent auf 5.160 Punkte.
Das US-Handelsministerium teilte am Nachmittag mit, dass der Auftragseingang für langlebige Güter in den USA im März um 0,6 Prozent gegenüber dem Vormonat gesunken ist. Analysten hatten mit einem leichteren Rückgang von nur 0,2 Prozent gerechnet. Auch am Abend geht der Blick der Anleger wieder in die USA, dort wurde der Wirtschaftsbericht der US-Notenbank, das so genannte Beige Book, um 20 Uhr deutscher Zeit veröffentlicht. Da das Beige Book vor allem einen Rückblick auf die bisherige Entwicklung gibt, stand der Kommentar von US-Notenbankchef Alan Greenspan im Blickpunkt. Greenspan hatte in den vergangenen Wochen vermehrt von einer Besserung der Lage gesprochen, allerdings immer wieder gewarnt, dass der Aufschwung wohl nur moderat ausfallen werde.
Von den Unternehmens gebe es kaum Impulse, die dem Dax nach oben helfen könnten, so ein Händler. Erst am Donnerstag werden mit DaimlerChrysler und Siemens wieder zwei Dax-Konzerne ihre Zahlen präsentieren.
Die Aktie von DaimlerChrysler stand im Vorfeld der Quartalszahlen weit oben in der Gewinnerliste des Dax und stieg 0,9 Prozent auf 52,64 Euro. Die in der Formel 1 engagierten Autohersteller warten nach Angaben von Mercedes-Chef Jürgen Hubbert auf ein Angebot der Kirch-Gläubiger für eine Beteiligung an der Rennsportserie. Die fünf großen Hersteller, darunter DaimlerChrysler, seien gesprächsbereit, so Hubbert. Das Angebot müsse allerdings attraktiver sein, als die von den Konzernen geplante eigene Rennsportserie, die die Formel 1 nach dem Jahr 2007 ablösen könnte.
Deutlich zulegen konnte zunächst auch die Aktie von Siemens, obwohl die US-Investmentbank Lehman Brothers die Papiere von ihrer Empfehlungsliste Europäischer Unternehmen gestrichen hat. Die anstehenden Quartalsergebnisse würden wahrscheinlich enttäuschend ausfallen, so die Analysten zur Begründung. Die Aktie schloss dann doch mit 0,3 Prozent bei 63,60 Euro in der Verlustzone. Auch die anderen Mitglieder der Siemens-Familie zeigten sich schwächer. Für Infineon ging es 3,0 Prozent auf 22,35 Euro nach unten, und Epcos verloren 1,3 Prozent auf 47,47 Euro. Die Aktie des Software-Hersteller SAP stand ebenfalls unter Druck und fiel 1,8 Prozent auf 150,22 Euro.
Die T-Aktie der Deutschen Telekom fiel 2,2 Prozent auf 16,16 Euro. Der Bonner Konzern hatte am Dienstag seine Geschäftszahlen vorgelegt. Die Anleger zeigten sich vor allem von dem weiterhin hohen Schuldenberg der Telekom wenig angetan.
Unter Druck stand auch die Aktie der Deutschen Bank, die 0,8 Prozent auf 72,20 Euro fiel. Das größte deutsche Bankinstitut will nach eigenen Angaben seine Informationstechnologie in Europa an einen externen Dienstleister auslagern und so Millionenbeträge sparen. Allein im laufenden Geschäftsjahr sollen sich die Einsparungen auf mindestens 100 Millionen Euro belaufen, hieß es weiter.
In den Blickpunkt der Anleger rückten auf Grund der schwachen Nachrichtenlage einige der Nebenwerte aus dem MDax. Die Beteiligungsgesellschaft WCM rechnet nach dem Rekordjahr 2001 für das laufende Geschäftsjahr mit einem Ergebnis auf dem Niveau der Jahre 1999 und 2000. WCM werde 2002 wesentliche Geschäfte für die folgenden Jahre vorbereiten. Steigerungsraten wie in 2001 seien daher nicht möglich, hieß es weiter. Die Beteiligung an der Commerzbank will das Unternehmen bis Ende 2002 auf 9,9 Prozent weiter aufstocken. Im vergangenen Jahr hatte WCM 5,5 Prozent an der Commerzbank erworben. Die WCM-Aktie fiel 1,9 Prozent auf 10,49 Euro, für die Commerzbank ging es dagegen 1,3 Prozent auf 20,20 Euro nach oben.
Der Darmstädter Chemie- und Pharmakonzern Merck hat im abgelaufenen Quartal einen Rückgang des operativen Ergebnisses um 15 Prozent auf 182 Millionen Euro verbucht, damit aber die Erwartungen von Analysten, die mit einem Ergebnis zwischen 130 und 180 Millionen Euro gerechnet hatten, getroffen. Der Umsatz stieg im ersten Quartal um 6,8 Prozent auf 1,9 Milliarden Euro, so das Unternehmen weiter. Die für das zweite Halbjahr 2002 geplante Zulassung des Krebsmedikaments Erbitux verzögere sich allerdings. Die Aktie gab 0,7 Prozent auf 35,00 Euro ab.
Der zweitgrößte deutsche Software-Hersteller Software AG erwartet nach einem schwachem ersten Quartal für das Gesamtjahr 2002 einen Umsatzrückgang von rund 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Beim Ergebnis werde ein zweistelliger Millionen-Betrag erwartet, hieß es weiter. Konkrete Zahlen nannte das Unternehmen nicht. Die Aktie fiel 0,8 Prozent auf 12,30 Euro. In den vergangenen beiden Monaten hatte das Unternehmen kurz hintereinander zwei Gewinnwarnungen veröffentlicht. In beiden Fällen war der Kurs danach heftig eingebrochen.
Quelle: ntv.de