Marktberichte

Inside Wall Street Der neue Dow Jones

Nach der Insolvenz wird GM im Dow Jones durch Cisco ersetzt. Eigentlich folgerichtig, findet n-tv Korrespondent Lars Halter. Denn schließlich soll der Dow die US-Wirtschaft widerspiegeln.

Abschied vom Dow

Abschied vom Dow

(Foto: AP)

Seit Wochenbeginn steht General Motors unter Gläubigerschutz, an der New York Stock Exchange wird die Aktie mit dem umständlichen Kürzel „GMGMQ“ nur noch als wertloses „pink sheet“ gehandelt und nach dem S&P-500-Index wird zum Wochenschluss auch der Dow-Jones-Index das Papier ersetzen – durch Cisco. Damit findet eine interessante Umschichtung statt.

Dass ein Industriewert wie General Motors durch einen Hightechwert ersetzt würde, hätten die wenigsten Analysten erwartet. Doch ist der Schritt nachzuvollziehen, den die Index-Hüter – vier Top-Redakteure des Wall Street Journal – einstimmig beschlossen haben. Schließlich erfüllt der wichtigste Leitindex der USA vor allem eine Funktion: Er soll die gesamte US-Wirtschaft in 30 Werten widerspiegeln.

Dem wird man gerecht. Denn wie die Industrie in den USA Werke geschlossen, Arbeitsplätze abgebaut und Einfluss verloren hat, so muss das auch bei den Blue Chips geschehen. Die Industrialisierung, die viele traditionelle Werte in den Index gehievt hat, ist in für Amerika definitiv vorbei, das Zeitalter von Hightech und anderen zukunftsweisenden Branchen hat längst begonnen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Branche der Alternativen Energien Einzug in den Index hält. Im Moment gibt es allerdings kein Unternehmen, das groß genug wäre, um die Aufnahmebedingungen für den Dow zu erfüllen.

Cisco erfüllt alle Bedingungen und war für die Redakteure doch keine leichte Wahl, wie Prestbo zugibt. Als einer von vier Dow-Entscheidern anerkennt er, dass auch Hightech-Werte wie Google und Apple durchaus Chancen hatten, in den Index zu kommen. „Aber wir haben uns eben für Cisco entschieden.“

Wichtigster Grund war, laut Prestbo, die Produktpalette von Cisco. Mit seinen Netzwerkkomponenten schaffe Cisco die Infrastruktur unserer Informationsgesellschaft und lege Grundlagen, die mit der Geschichte von GM sogar verglichen werden könnten. Immerhin hat General Motors einst mit seinen Autos die Infrastruktur in den USA geändert und die Amerikaner von langsamen Transportmethoden mit Pferd und Buggy befreit.

Zeitgleich mit dem Wechsel von GM zu Cisco findet noch eine Neubesetzung statt. Auch die Citigroup wird am Montag nicht mehr zu den Blue Chips zählen, dafür wird der Versicherer Travelers Co. in den illustren Kreis der Dow-Werte einziehen. Dass Travelers bis zum Jahr 2001 zur Citigroup gehörte und dann wegen mangelnder Synergien wieder abgestoßen wurde, ist eine interessante Fussnote, hat die Entscheidung aber nicht beeinflusst.

„Travelers operiert seit vielen Jahren selbständig“, sagt Prestbo über den Versicherer, der im Index zudem eine Lücke füllt. Seit man nämlich im vergangenen Jahr den bankrotten Branchenriesen AIG aus dem Index nehmen musste, war dieser Sektor der amerikanischen Wirtschaft nicht mehr vertreten. AIG wurde seinerzeit gegen Kraft Foods ersetzt, nach der Aufnahme eines Konsumgüterriesen musste jetzt das Gleichgewicht wieder hergestellt werden.

Ob Citigroup und General Motors je in den Dow-Jones-Index zurückfinden ist offen – aber durchaus möglich. „General Electric ist dreimal ein- und ausgestiegen“, meint Prestbo mit Blick auf die einzige Dow-Aktie, die seit Beginn der Indizierung gelistet ist. Allzu schnell dürfte man die Aktien GM und Citigroup allerdings nicht unter den Standardwerten suchen, denn die Indexhüter achten vor allem auf eines: Stabilität im Index. Neustrukturierte Unternehmen wird man also eine Weile beobachten, bis man sie einer Aufnahme würdig finden kann.

Quelle: ntv.de

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