Marktberichte

Devisen-Vorschau Euro blickt auf Portugal

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(Foto: picture alliance / dpa)

Ganz im Zeichen Portugals dürfte der Euro in der kommenden Woche handeln. Die Märkte haben nunmehr so viele negative Nachrichten eingepreist, dass ein schneller Gang unter den EU-Rettungsschirm eher für Erleichterung denn Belastungen sorgen sollte. Kurse um 1,50 US-Dollar könnten dann schnell zur Realität werden.

Nachdem die Gemeinschaftswährung die Woche zuvor noch unter den Nachrichtenlage gelitten hatte, sorgten Aussagen rund um den EU-Gipfel für Besserung. Nach dem Scheitern des Sparpakets in Portugal gehen nun immer mehr Marktteilnehmer davon aus, dass das Land schnellstens unter den Rettungsschirm muss. Im Raum steht hier ein Betrag von 80 Mrd. Euro. Interessant wird dabei die Marktreaktion sein, denn schon auf die Abstufungen des Landes durch die Rating-Agenturen Fitch und Standard & Poor's reagierte der Euro überhaupt nicht mehr.

EU-Offizielle rechnen mit einem schnellen Schritt des Landes unter den Schirm. Teilweise ist sogar schon zu hören, Portugal werde dazu gedrängt, damit endlich Ruhe einkehrt. Mit dem angekündigten Rücktritt von Premierminister Jose Socrates könnte ihm ansonsten bis zur nächsten Neuwahl Handlungsunfähigkeit drohen.

Schlechtes Timing

Dummerweise wäre Portugal schon vor den Wahlen mit einer Refinanzierungs-Spitze konfrontiert. Unsicherheiten über die politische Zukunft und die Durchsetzbarkeit von Sparpaketen dürfte dann aber bei Anleiheinvestoren für Kaufverweigerung sorgen. Die Renditen von Portugal sprangen bereits vor der Abstimmung im Parlament auf neue Rekordhöhen.

Dieses Negativszenario halten die Analysten der Commerzbank jedoch für unwahrscheinlich. Das Land dürfte Hilfen auch dann von der EU erhalten, wenn es keine Mehrheit im Parlament für einen strikten Sparkurs gibt. Es bestehe ein Eigeninteresse der anderen Euro-Länder, Portugal nicht Pleite gehen zu lassen. Schließlich würde dies die am EZB-Tropf hängenden portugiesischen Banken in große Schwierigkeiten bringen, so dass auch Ansteckungsgefahren für andere Länder bestünden.

Aber auch hier entspannt sich Lage. Selbst der portugiesische Oppositionsführer ließ zwischenzeitlich wissen, man werde sich an die bereits vereinbarten Sparmaßnahmen halten. In der kommenden Woche werde daher die Marktreaktion auf ein mögliches Hilfeersuchen genau im Fokus stehen. Händler fiel bereits beim Scheitern der Abstimmung in Portugal auf, dass der Euro kaum zurück kam und damit Stärke zeigte.

Ratingagenturen ziehen nach


Die Herabstufung der Kreditwürdigkeit durch Standard & Poor's (S&P) um gleich zwei Stufen auf "BBB" von "A-" wurde daher als reines Nachziehen betrachtet. Auch die Begründung mit "politische Unsicherheit, die das Vertrauen der Märkte schwächen und das Refinanzierungsrisiko erhöhen könnte" formuliere nichts Neues gegenüber dem, was die Märkte bereits eingepreist hätten, heißt es dazu aus dem Handel.

Daneben achtet der Markt noch auf die Detailergebnisse des EU-Gipfels. Für den Euro-Kurs sehen Händler allein schon Aufwärtspotenzial, wenn nichts Negatives dazu kommt. Die Analysten von Goldman Sachs konnten jedenfalls bis zu dessen Halbzeit nichts überraschend Neues erkennen.

Im Gegenteil könne es sogar zu einem Entspannungseffekt kommen. "Mit Portugal unter dem Schirm wäre die Euro-Zone für längere Zeit vom Radar verschwunden", so ein Händler. Obwohl einige Dollar-Bullen gerne mit dem Schlachtruf "Spanien" durch die Märkte zögen, sei dies inhaltlich Unsinn. "In Spanien haben nur die Cajas ein Problem, aber sonst weder die großen Privatbanken noch der Staat", so der Händler mit Verweis auf die spanischen Sparkassen.

Der Markt könnte sich dann eher auf den US-Dollar als Währung der größten Schuldnernation der Welt konzentrieren. Immerhin steht langfristig sogar das wichtige Triple-A-Rating für Staatsanleihen zur Debatte. Ohne parallele Schreckgeschichten aus dem Euroraum könnte der Dollar daher unter Druck geraten.

Technische Analysten halten die Gleichzeitigkeit dieser Nachrichtenlage und der aktuellen Charts für "extrem interessant". Schließlich sei der Euro aus einer der wichtigsten Chart-Situationen der letzten Jahre nach oben ausgebrochen. Der Sprung über den Bereich von 1,40 US-Dollar habe ihn über die fallende Abwärtstrendlinie der letzten drei Jahres-Hochs gebracht. "Solche Trendbrüche sind immer das Zeichen für komplette Paradigmenwechsel", so ein Devisenanalyst. Für den Euro könnte dies eine jahrelange Neubewertung bedeuten.

Für die Kapitalflüsse dürfte dies massive Bedeutung haben. "Unternehmen könnten dadurch zu einer komplett neuen Ausrichtung ihrer Währungs-Hedges gezwungen werden", so ein Händler. Dies könne für langfristige Terminkäufe im Euro sorgen und damit den Aufwertungsdruck erhöhen. Kurse über 1,50 Dollar noch im Jahresverlauf seien dann zu erwarten.

Bei den Terminen der kommenden Woche steht vor allem das Treffen der G-20-Finanzminister und -Notenbankchefs im chinesischen Nanjing im Fokus. Am Freitag dürften die monatlichen Arbeitsmarktdaten und der ISM-Index aus den USA bewegen, in Japan steht der wichtige Tankan-Bericht der Notenbank an.

Auch sonst ist die Woche gut mit Terminen besetzt: Montag kommen unter anderem aus den USA die ausstehenden Hausverkäufe. Dienstag die Inflationsdaten der OECD und aus Deutschland. Am Mittwoch berichtet die EU-Kommission über das Geschäftsklima in der Zone, aus Japan kommt die Industrieproduktion, aus den USA der ADP-Arbeitsmarktbericht. Donnerstag legt die EU ihre Inflationsdaten vor, aus den USA kommen der Chicago-Einkaufsmanager-Index und die Auftragseingänge. Freitag folgen auch Bau-Ausgaben und Kfz-Absätze. Die EU veröffentlicht zudem ihre Arbeitsmarktdaten.

Quelle: ntv.de, Michael Otto Denzin, DJ

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