Totalausfall bei British Energy? Europa schaltete ab
09.09.2002, 20:15 UhrDie europäischen Blue Chips starteten rot in die neue Börsenwoche. Die Sorgen um neue Terroranschläge am 11. September hatten die Anleger verunsichert. Und die Ankündigung von EZB-Chef Duisenberg, die Leitzinsen in Europa vorerst nicht senken zu wollen, sorgte auch nicht gerade für gute Laune. In Zahlen bedeutete diese Unsicherheit ein Minus von 2,0 Prozent auf 2.565 Punkte beim EuroStoxx50, für den Stoxx50 ging es 1,5 Prozent auf 2.598 Punkte nach unten.
Im Blickpunkt der Anleger stand die Aktie der France Telecom, die mit einem Minus von 8,9 Prozent auf 10,20 Euro zu den großen Verlierern in Europa gehörte. Die Franzosen werden am 12. September ihre Ergebnisse vorlegen. Im Blickpunkt wird dann nach Angaben von Händlern wohl auch die mögliche Entscheidung im Streit mit der deutschen Mobilfunkbeteiligung MobilCom stehen. Gerüchten zufolge könnte am Donnerstag aber auch die Ära von Konzern-Chef Michel Bon zu Ende gehen, der auf Grund der Schuldenlast und der starken Verluste der Aktie im Kreuzfeuer steht.
Schlechte Nachrichten gab es auch für die französische Mobilfunktochter der France Telecom, Orange. Die US-Investmentbank J.P. Morgan hat nach Angaben aus Marktkreisen die Papiere auf „neutral“ von zuvor „kaufen“ heruntergestuft. Die Papiere fielen 7,3 Prozent auf 4,68 Euro.
Die größte skandinavische Telekomgesellschaft, die schwedische Telia, zieht bei ihren Auslandsbeteiligungen die Notbremse. Rund die Hälfte der Mitarbeiter - etwa 400 - sollen ihren Job verlieren. Grund seien die Überkapazitäten bei den weltweiten Netzwerken. Deshalb stünden jetzt auch keine weiteren Akquisitionen auf der Agenda. Im Gegenteil, man versuche sogar, Beteiligungen abzustoßen. Die Einmalkosten für die Restrukturierung bezifferte Telia auf 9,5 Milliarden Kronen. Die Anleger honorierten aber eher die langfristigen Aussichten: Sie setzten die Aktie um 3,7 Prozent auf 28,10 schwedische Kronen hoch.
Für die Aktie des Handy-Herstellers Nokia gab es dagegen Analystenlob. Morgan Stanley stufte die Papiere auf „overweight“ von zuvor „equalweight“ nach oben und erhöhte das Kursziel auf 12 von zuvor 10 Euro. Die Aktie fiel im schwachen Marktumfeld dennoch 0,1 Prozent auf 14,21 Euro.
Die gemessen an ihrem Anlagevermögen größte italienische Bank IntesaBCI will in den kommenden drei Jahren ihre Ertragskraft verdoppeln. Der erst vor kurzem angetretene Vorstandschef Passera kündigte zur Erreichung dieses ehrgeizigen Ziels am Montag ein weitreichendes Restrukturierungsprogramm mit einem Volumen in Höhe von 1,2 Milliarden Euro an. Die Anleger spendeten verhaltenen Applaus: Die Aktie legte 2,0 Prozent auf 2,40 Euro zu.
Einer der größten Verlierer war einmal mehr der schweizerisch-schwedische Anlagenbauer ABB. Das Unternehmen hatte im Vorjahr erstmals in seiner Geschichte einen Verlust ausgewiesen und ist mit über fünf Milliarden Dollar verschuldet. Angesichts der prekären Finanzlage hatte Ende vergangener Woche Verwaltungsratschef Jürgen Dormann auch die operative Führung des Konzerns übernommen. Doch die Anleger sind offenbar sehr skeptisch. Neben den dringend nötigen operativen Verbesserungen sorgten sie sich auch um die weitere Entwicklung der Asbestklagen in den USA. Zudem hatte die Rating-Agentur Standard & Poor's am Freitag die langfristigen Verbindlichkeiten unter Beobachtung gestellt. Die Aktie brach um 14,7 Prozent auf 7,00 Schweizer Franken ein.
Die Spekulationen um einen möglichen Verkauf des US-Verlags- und Mediengeschäfts beflügelten am Montag zumindest zeitweise die Aktie von Vivendi, die zunächst deutlich zulegen konnte. Einem Zeitungsbericht zufolge wäre auch ein Börsengang des Segments möglich, wenn die Finanzmärkte sich im kommenden Jahr wieder erholt haben sollten. Ein weiterer Pressebericht verdarb den Anlegern dann allerdings die Laune gleich wieder. Angeblich planen französische Ermittlungsbehören nach Klagen von Anlegern die Prüfung der Bilanzen des Medienkonzerns. Zum Schluss stand ein Minus von 2,3 Prozent bei 12,90 Euro auf der Kurstafel.
Einen Kurssturz um 65 Prozent auf 28 Pence erlebte die Aktie von British Energy, obwohl die britische Regierung dem angeschlagenen Energiekonzern Soforthilfen von 410 Millionen Pfund zugesichert hat. British Energy hatte seine Aktionäre mehrfach gewarnt, dass sie ihr Geld selbst im Falle einer langfristigen Lösung für das Unternehmen verlieren könnten.
Quelle: ntv.de