Marktberichte

Inside Wall Street Fed dackelt hinterher

Ben Bernanke hat es sich leicht gemacht: Die amerikanische Notenbank hat den Leitzins am Mittwoch um 25 Basispunkte auf 4,5 Prozent gesenkt und damit getan, was der Markt erwartet hatte. Unter Anlegern hat Bernanke jetzt viele Freunde. Doch ob er auch das Richtige getan hat, ist umstritten.

Denn immer mehr macht sich die Notenbank zum Spielball der Börse. Anleger fordern eine Zinssenkung, es drohen Kurseinbrüche für den Fall, dass eine solche ausbleibt - und diese Kurseinbrüche wollen Bernanke & Co. nicht verantworten. Also kommt man dem Wunsch des Marktes nach und vergisst darüber die eigentliche Funktion der Notenbank, Stabilität in die Konjunktur zu bringen.

Angesichts der jüngsten Konjunkturdaten hätte man das nur tun können, hätte man an dem bisherigen Leitzins festgehalten. Das Wirtschaftswachstum war im dritten Quartal mit 3,9 Prozent so stark wie seit anderthalb Jahren nicht. Es basiert gleichmäßig auf einem starken Export, auf hohen Investitionen von Corporate America und auf steigenden Verbraucherausgaben.

Der starke Export ist, zugegeben, eine Folge des schwachen Dollar. Doch so sehr dessen Wertverfall exportstarken Unternehmen hilft, so sollte er doch nicht weiter geschwächt werden. Genau das tut aber die neuerliche Zinssenkung, zumal andernorts - in Europa und Japan - die Zinsen angehoben werden. Der Dollar gab entsprechend unmittelbar nach der Fed-Entscheidung weiter nach und fiel erneut auf Rekord-Tiefstände gegenüber den Vergleichswährungen.

Gleichzeitg kletterte Öl erneut deutlich und schloss erstmals über 94 Dollar. Der Rohstoff hält unaufhaltbar auf die 100-Dollar-Marke zu. Mit dem Ölpreis steigen die Heizölpreise, was zu Beginn der Heizsaison und nach ersten Kälteeinbrüchen in den USA direkte Folgen für den Verbraucher hat.

Der hat wohlgemerkt auch außerhalb des Energiesektors mit Inflation zu kämpfen, vor allem bei Lebensmitteln. Dass diese Posten systematisch ausgeklammert werden, wenn die Fed die sogenannte Kerninflation berechnet, ist sträflich leichtsinnig. Denn während diese Methode noch in den Neunzigerjahren die Statistik nur vereinfachte, weil die Kerninflation abwechselnd mal über und mal unter der Gesamtrate lag, beschönigt sie heute die Daten. Denn seit Jahren liegt die Kernrate zuverlässig und deutlich über der Gesamtrate.

Wie dem auch sei, die Notenbank hat sich bei ihrer Entscheidung erneut auf den schwachen Immobilienmarkt berufen, der das Wirtschaftswachstum in den USA in Gefahr bringen könne. Dass dieser eine Sektor - so wichtig er ist! - eine Zinssenkung ganz alleine rechtfertigt, war selbst in Fed-Kreisen nicht unumstritten. So war die Entscheidung den Leitsatz zu senken auch nicht einstimmig: Immerhin ein Fed-Gouverneur, Thomas Hoenig von der Notenbank in Kansas City, sprach sich mit seinem Votum dafür aus, den Leitsatz unangetastet bei 4,75 Prozent zu lassen.

Dass sich Hoenig nicht durchsetzen konnte beweist, dass die Fed unter Ben Bernanke nicht gewillt ist, eine Führungsrolle zu übernehmen. Man geht lieber den bequemen Weg und dackelt den Märkten hinterher.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen