Inside Wall Street Kids in der virtuellen Welt
24.12.2007, 14:56 UhrDass Spielsachen aus China vergiftet und die Bauklötze aus heimischen Landen teuer sind, erschwert der amerikanischen Spielzeugbranche das Weihnachtsgeschäft. Ein anderes Problem dürfte aber langfristig schwerwiegender sein: Amerikanische Kinder wollen gar keine Puppen, Teddys und Spiele – sie wollen Hightech- und Online-Gadgets.
Kaum zu glauben: Bei vielen amerikanischen Kids – angefangen bei Sechsjährigen! – steht ganz oben auf dem Wunschzettel das iPhone. Dann folgen die Konsolen von Microsoft, Nintendo und Sony, gefolgt von allen möglichen mp3-Spielern, DVD-Rekordern und Flachbildfernsehern. Da jubeln die Elektronikhändler, denen es leichter denn je fällt, vor Weihnachten ihre Gadgets loszuwerden. Die Spielzeughändler haben das Nachsehen. Wer kauft schon eine Eisenbahn, wenn „Guitar Hero III“ die lautere Mucke hat.
Der Branche macht vor allem Sorgen, dass sich das Einstiegsalter für elektronische Spielwaren in den letzten zwei Jahren deutlich nach unten verschoben hat: bei mp3-Spielern von über 10 auf unter 9 Jahre, bei Digitalkameras von 9 auf unter 8 Jahre und bei CD- und DVD-Spielern von 8 auf unter 7 Jahre.
Ganz blind lässt die Spielzeugindustrie diesen Trend wohlgemerkt nicht an sich vorbeilaufen – man spielt mit, so weit es geht. Branchenschwergewichte wie Hasbro und Mattel haben neuen Spielzeugen eigene Profilseiten bei MySpace und Facebook gebaut. So versucht man vor allem die Online-Gemeinde der Zehn- bis Zwölfjährigen zu begeistern, die den Unternehmen zuletzt entglitten ist.
Auch kombinieren die Hersteller klassische Spielzeuge mit den Hightech-Gadgets. So gibt es einen mp3-Spieler in Barbie-Gestalt, der direkt an die Internet-Community Barbiegirls.com andockt. In dieser virtuellen Welt können sich die Puppenmütter samt Barbie und Schoßhund austoben, Freunde treffen, Schuhe einkaufen und chatten. Die Welt der Barbiegirls ähnelt der Erwachsenen-Variante SecondLife – so entsetzlich das ist. Statt mit Freunden draußen zu spielen, sitzen amerikanische Kids heute am Computer und lassen ihren Avatar im virtuellen Draußen mit den Avatars ihrer Freunde spielen.
Barbie hat den Sektor wohlgemerkt nicht für sich allein. Der langbeinigen Plastikpuppe stehen die top-gestylten Bratz mit ihrer Online-Welt Be-Bratz.com entgegen. Und wer beide Puppen nicht mag, kann sich über sein Stoffhündchen aus der Webkinz-Serie in dessen Universum einloggen. Die Computerwelt auf Webkinz.com ermöglicht schon Vierjährigen den Einstieg in ein virtuelles Leben.
Auch die großen Konzerne spielen mit: Walt Disney hat vor einem Jahr die Online-Community ClubPenguin.com übernommen, in der Kinder virtueller Pinguine in allen Farben über die Eisschollen springen lassen. Nicht ohne sie vorher mit warmen Pullis und modischen Accessoires auszustatten, die es im Club-Shop zu kaufen gibt.
Die Computerlust der Kleinen machen sich indes auch manche Hersteller zunutze, denen am Wohl der jungen Kunden liegt. Die Mattel-Sparte Fisher-Price hat ein Fahrrad am Start, das an den Fernseher angeschlossen wird und alle möglichen Action-Spiele ermöglicht – bei denen der Held vor allem durch kräftiges Strampeln gewinnen kann. Damit stillt das Unternehmen nicht nur den Spieledrang der Kids, sondern kämpft auch gegen die fortschreitende Fettleibigkeit.
Quelle: ntv.de