Paulson und Einzelhandel Kursstürze an Wall Street
12.11.2008, 22:32 UhrUS-Finanzminister Henry Paulson hat am Mittwoch für einen Kurssturz an der Wall Street gesorgt. Der Rettungsplan der Regierung wird abgeändert, was an den Börsen als Eingeständnis darüber gesehen wurde, dass die Regierung von Anfang an panisch und planlos war. Zusätzlich belastet der Einzelhandel die Indizes mit schlechten Aussichten für das Weihnachtsgeschäft.
Der Dow-Jones-Index fiel um 411 Zähler oder 4,7 Prozent auf 8283 Punkte. Der marktbreite S&P-500-Index sank um 47 Zähler oder 5,2 Prozent auf 852 Punkte. Die Hightech-orientierte Nasdaq gab um 82 Zähler oder 5,2 Prozent auf 1499 Punkte nach und schloss damit zum ersten Mal seit 2003 unter 1500 Punkten.
Das Finanzministerium wird die 700 Mrd. Dollar aus dem Rettungsplan nicht, wie ursprünglich vorgesehen, für den Kauf von faulen Krediten verwenden. Stattdessen soll das Geld, wie bisher auch, für Finanzspritzen in Finanzinstitute und möglicherweise auch Unternehmen anderer Branchen verwendet werden. Die Unternehmen müssten dafür aber zunächst Kapital aus dem privaten Sektor erhalten. Außerdem will man Anleihen kaufen, die mit relativ sicheren Verbraucherkrediten, wie Kreditkartenschulden oder Automobilfinanzierungen gesichert sind. Auch staatliche und Gemeindeanleihen könnten gekauft werden.
Die Regierung hofft, dadurch die Kreditvergabe ankurbeln zu können. Die Anleger zweifelten aber, dass die Summe von 700 Mrd. Dollar Wirkung zeigen wird, denn allein der Markt für Staats- und Gemeindeanleihen umfasst knapp 8 Bio. Dollar. Außerdem wird klar, dass der gesamte Rettungsplan schnell und unüberlegt zusammengeschustert worden war, was die Investoren weiter beunruhigte. Man bezweifelt, dass eine Einmischung der Regierung in die Wirtschaft überhaupt hilfreich sein kann.
Die Sorgen um die Wirtschaft bekam auch der Ölpreis zu spüren, er fiel um 3,17 Dollar auf einen Preis von 56,16 Dollar pro Fass. Die Energiebehörde erwartet, dass die Nachfrage nach Öl im kommenden Jahr weltweit praktisch unverändert bleiben wird und dass die Nachfrage in den USA im laufenden Jahr um 1,1 Mio. Fass pro Tag zurückgegangen ist. Dies wäre das erste Mal seit 1980, dass die Nachfrage um mehr als 1 Mio. Fass gesunken wäre.
Von den Verbrauchern ist keine Hilfe in der Krise zu erwarten. Zum ersten Mal seit 23 Jahren könnten die Verkäufe des Einzelhandels im Weihnachtsgeschäft rückläufig sein. Rund 40 Prozent der Verbraucher planen, in diesem Jahr weniger auszugeben als im Vorjahr, 35 Prozent wollen dabei weniger Weihnachtsgeschenke kaufen. Experten gehen außerdem davon aus, dass das Verbrauchervertrauen im November weiter sinkt.
Der Elektronikhändler Best Buy trug noch zu der schlechten Stimmung an den Börsen bei, denn das Unternehmen gab eine Gewinnwarnung heraus. Im laufenden Jahr werde der Gewinn lediglich 2,60 Dollar, statt wie bisher angenommen 3,35 Dollar pro Aktie, betragen. Der Umsatz könnte um bis zu 15 Prozent niedriger ausfallen. Deshalb sank die Aktie um 8 Prozent.
Macy's stemmte sich anfangs noch gegen den Trend. Die Kaufhauskette schrieb im vergangenen Quartal einen Verlust von 44 Millionen Dollar, behielt aber die Prognose für das Gesamtjahr überraschend bei. Allerdings warnte Macy's auch, das Verhalten der Verbraucher sei derzeit äußerst schwierig einzuschätzen. Deshalb fiel die Aktie letztendlich um 11 Prozent.
Der größte Verlierer im Dow war aber American Express, das Kreditkartenunternehmen, das am Dienstag in eine Bank verwandelt wurde. Nun fordert das Unternehmen 3,5 Mrd. Dollar von der Fed. Die Anleger sind enttäuscht und verunsichert und deshalb gab die Aktie um 10,7 Prozent nach.
Einzig die Autobauer konnten zulegen, denn die Hoffnung auf eine Rettung durch die Regierung wird immer konkreter. Kommende Woche soll das Repräsentantenhaus nach dem Willen von Sprecherin Nancy Pelosi ein Gesetz verabschieden, mit dem der Rettungsplan auch für die Autobauer angewendet werden kann. Deshalb legte die Aktie von Ford um 2,2 Prozent zu, General Motors stieg um 5,5 Prozent.
Bei General Motors sträuben sich etliche Anleger aber gegen eine staatliche Finanzspritze. Der Hedgefondsmanager William Ackman forderte von dem Autobauer zunächst eine Umstrukturierung, bevor Steuergelder investiert würden, die sonst fast sicher verloren wären. Andere Experten fragten, wo die staatliche Einmischung aufhören könnte, wenn die Autobranche gerettet wird. Auch Starbucks könne dann eine Finanzspritze fordern, scherzte man.
Quelle: ntv.de