Marktberichte

Inside Wall Street Millionärsdorf im Schuldenloch

Nur etwa 300 Leute passen in die Presbyterianer-Kirche in Southhampton - mal Gläubige, mal Musikfans. Am Sonntag waren letztere, denn ein lokales Ensemble gab Stravinskys "Geschichte von Soldaten", erzählt von keinem geringeren als Pink-Floyd-Legende Roger Waters. So ein Gastspiel ist nicht ungewöhnlich in der Millionärs-Enklave auf Long Island, die dennoch nicht frei von Sorgen ist.

Denn wenngleich es sich Roger Waters und Billy Joel in den Hamptons gut gehen lassen, wo ansonsten auch noch Steven Spielberg und die TV-Hausfrau Martha Stewart wohnen, wenngleich sich entlang der Hauptstraße Läden von Tiffany's und Ralph Lauren aneinanderreihen, muss man auch hier auf sein Geld achten. Die Stadt East Hampton hat das in den letzten Jahren nicht getan, man blickt zurzeit auf ein Haushaltsdefizit von 12 Mio. Dollar. New Yorker Zeitungen spekulieren über ein Konkursverfahren gegen die Kommune.

Das ist schon ironisch, schließlich zahlen die Einwohner von East Hampton - darunter etwa der Multimilliardär Ron Perelman - satte Grundsteuern an die Gemeinde.

Doch die hat es wiederum zu gut mit ihren Bürgern gemeint und ihnen mit beiden Händen das Geld hinterher getragen. So unterhält man einen eigenen Flughafen für die Lear Jets der Superreichen. Für die Kinder gibt es kostenlose Mitgliedschaft im Freizeitheim des YMCA, was sich die Gemeine mehr als 700.000 Dollar pro Jahr kosten lässt, und weitere 100.000 Dollar gehen für eine kostenlose Kinderbetreuuung drauf.

Wenn im Herbst die Blätter fallen, müssen die Reichen (oder ihre Gärtner) das Laub nicht wie andernorts in den USA in Säcke packen. Sie kehren es einfach an den Straßenrand, wo es von gigantischen Saugern aufgenommen wird, was die Stadt weitere 400.000 Dollar kostet.

Unterm Strich läuft alles auf das alte Problem hinaus: East Hampton hat in den letzten Jahren mehr Geld ausgegeben als eingenommen. Verantwortlich dafür ist Town Supervisor William McGintee, der mittlerweile auch Fehler zugegeben hat. Allerdings deutet er auch auf oft übersehene Probleme der Stadt, die schließlich nicht nur aus Superreichen besteht. Im Gegenteil: In den Villen kochen und gärtnern zigtausende Unterschichtler, viele von ihnen illegale Einwanderer.

Sie bilden den größten Teil der ganzjährigen Einwohner von East Hampton, und McGintee versteckt sich jetzt hinter ihnen. Nur ihretwegen hätte man schließlich die Steuern niedrig gehalten, meint er, womit er aber nur "politics as usual" betreibt. Denn während Steueranhebungen arge Konsequenzen für Familien der Unter- und Mittelschicht haben könnten, so hätten sie kaum welche für die Millionäre. Doch die will man - vor allem vor einer anstehenden Wahl - nicht verärgern. Denn auf den Cocktail-Parties in den Gärten von East Hampton werden nicht nur die Bäuche der Hummer- und Kaviarfreunde gefüllt, sondern vor allem auch die Wahlkampfkonten der Kandidaten.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen