Neue Insolvenz Nemax im Stimmungstief
12.04.2002, 20:30 UhrÜber dem Neuen Markt hingen auch zum Wochenausklang dunkle Wolken. Nicht einmal die freundliche Nasdaq konnte das deutsche Wachstumssegment aus der Reserve locken. Zu groß scheint der Vertrauensverlust. Das dies nicht von ungefähr kommt, zeigte in dieser Woche einmal mehr der Skandal bei Comroad. Am Freitag gab es mit Ceyoniq zudem einen neuen Insolvenzfall. Da muss es nicht wundern, wenn die Anleger scharenweise davonlaufen. Insbesondere ausländische Investoren ziehen sich derzeit massiv zurück, hieß es von Händlern. Und beide Indizes zogen nach unten mit: Der Nemax 50 büßte knapp 3 Prozent auf 908 Punkte ein, der Nemax All Share verlor 1,2 Prozent auf 944 Punkte.
Durch die Geschehnisse um Comroad habe das Vertrauen der Anleger in den Neuen Markt erst mal wieder gelitten, so Marius Hoerner von Lang & Schwarz. "Die Verunsicherung geht tief, selbst die Zocker fallen mittlerweile aus." Bei Comroad seien Dinge passiert, die sich keiner habe vorstellen können.
Der Comroad-Skandal habe das letzte bisschen Vertrauen in den Markt gekostet, jetzt habe fast so etwas wie eine Flucht vor allem aus den Nemax 50-Werten begonnen, so ein ein anderer Händler. Balda gaben 8,4 Prozent auf 5,86 Euro nach, für Aixtron ging es 10,6 Prozent auf 17 Euro nach unten. Auch die Online-Broker standen unter Druck. Consors verloren 6,6 Prozent auf 11,39 Euro, Comdirect büßte 4,6 Prozent auf 4,6 Euro ein und die DAB Bank gab 1,3 Prozent auf 10,02 Euro nach.
Weiter nach unten ging es auch für die Thiel-Aktie, die nochmals 6,1 Prozent auf 13,05 Euro nachgab. Nach Angaben von Händlern waren Verkäufe von institutionellen Anlegern aus den USA verantwortlich für die Abschläge.
"Wie man hört, räumen viele ausländische Adressen, vor allem amerikanische Fonds, ihre Bestände am Neuen Markt ab", so Björn Fromkorth, Aktienhändler bei Lang & Schwarz zu den Verlusten der Nemax 50-Werte. "Die haben anscheinend keine Lust mehr auf dieses Trauerspiel."
Im Mittelpunkt des Handels am Neuen Markt stand das IT-Beratungsunternehmen SAP SI, dass im abgelaufenen ersten Quartal einen Rückgang des operativen Gewinns auf maximal 5,5 Millionen Euro von 8,8 Millionen Euro im vergleichbaren Vorjahresquartal hinnehmen musste. Der Umsatz stieg auf einen Wert zwischen 73 und 75 Millionen Euro nach 60,1 Millionen, so die SAP-Tochter weiter. Für das laufende Jahr bekräftigte das Unternehmen seinen Ausblick. Die Aktie fiel 4,5 Prozent auf 16,95 Euro.
Gut in Fahrt war die Aktie von MobilCom. Marktgerüchte verhalfen dem Mobilfunkanbieter zu einem Anstieg von 13 Prozent auf 17,65 Euro. Finanzkreise hatten berichtet, dass die France Telecom mit einem Bankenkonsortium zusammmen an einer öffentlichen Übernahmeofferte für alle Aktien des Telefondienstleisters arbeitet. Zugleich müsste der französische Telekommunikationsanbieter die Zustimmung von MobilCom-Chef Gerhard Schmidt bekommen, den für Anfang nächster Woche geplanten Kauf der Anteile von Schmidt und seiner Frau in Höhe von 49,9 Prozent durch ein Bankenkonsortium zu verzögern, hieß es in den Kreisen weiter. Das würde der France Telecom Zeit geben, um ein Angebot für das komplette Unternehmen vorzubereiten.
Einen Wechsel im Vorstand gab es bei der Rösch AG Medizintechnik. Andy Rösch, Gründungsmitglied und Vorstandsvorsitzender des Unternehmens wird mit Ablauf des Freitag aus dem Vorstand aussteigen, so das Unternehmen. Grund sei die geänderte Unternehmensstrategie und die Fokussierung auf den Kernbereich „Nadelfreie Applikations- und Messsysteme“. Die Aktie fiel knapp 5 Prozent auf 2,45 Euro.
Der Fotodienstleister Pixelnet will sich von einigen Unternehmensteilen trennen und erhofft sich dadurch Einnahmen im einstelligen Millionenbereich. Zum Verkauf stünden ein Logistikunternehmen sowie ein Reparaturcenter, die zu der Tochter Photo Porst gehörten, so das Unternehmen. Die Aktie legte 4,6 Prozent auf 2,99 Euro zu.
Für den negativen Höhepunkt sorgte am Freitag Ceyonic . Der Software-Hersteller stellte einen Insolvenzantrag und die Aktie begab sich in den Sturzflug. Fünfzig Prozent auf 0,21 Euro büßte das Papier ein. Ceyoniq war 2001 deutlich in die Verlustzone gerutscht, hatte aber Marktgerüchte zurückgewiesen, wonach die Firma vor einer Pleite stehen könnte. Am Freitag wurden die Anleger nun von einem Besseren belehrt.
Zwei Minuten vor Toreschluss, um 19.58 Uhr, kamen über die Agenturen zudem schlechte Nachrichten von Maxdata. Der Monitor- und Computerhersteller hat im ersten Quartal einen dramatischen Ergebniseinbruch verzeichnet. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern sank auf 0,5 Millionen Euro - im Vorjahreszeitraum wurden hingegen noch 7,9 Millionen Euro verdient. Auch der Umsatz war rückläufig. In den nächsten sechs Monaten sei zudem keien nachhaltige Marktbelebung zu erwarten, hieß es.
Quelle: ntv.de