Heyde insolvent Nemax unter Druck
08.04.2002, 20:30 UhrDer Neue Markt setzte seine Talfahrt auch am Montag fort. Gründe gab es reichlich: Die Kirch-Insolvenz, der Öl-Export-Stopp des Irak und die IBM-Gewinnwarnung belasten die Wachstumsbörse. Hinzu kam der Insolvenzantrag des ehemalig am Neuen Markt gelisteten IT-Dienstleisters Heyde der die Stimmung vermieste. Der Nemax 50 fiel 2,1 Prozent auf 959 Punkte, für den Nemax All Share ging es 2,1 Prozent auf 978 Zähler nach unten.
Die Unsicherheit werde auch in dieser Woche wieder das Marktgeschehen bestimmen, so ein Händler. Besonders der anstehenden Berichtssaison messen Marktbeobachter eine herausragende Bedeutung zu. Bislang hätten sich die guten Konjunkturdaten noch nicht in entsprechenden Unternehmensmeldungen niedergeschlagen, hieß es weiter.
Für das erste Quartal rechnen sie mit einem abermaligen Gewinnrückgang, wenn auch mit einer niedrigeren Vorjahresveränderungsrate. Wichtig werde es aber vor allem sein, dass Unternehmen endlich mit positiven Ausblicken aufwarteten. Bei der DZ Bank gehen die Experten allerdings davon aus, dass neue Enttäuschungen aus dem Technologiesektor die Märkte belasten dürften.
Wie zur Bestätigung hierfür gab es am frühen Nachmittag eine Gewinnwarnung des US-Computer-Riesen IBM. Für das laufende erste Quartal erwartet IBM einen Gewinn je Aktie zwischen 66 und 70 US-Cent und wird damit die Erwartungen von Analysten deutlich verfehlen, die mit einem Gewinn je Aktie von 85 Cent gerechnet hatten. Auch beim Umsatz wird „Big Blue“, wie die Amerikaner das Unternehmen nennen, mit 18,6 Milliarden Dollar unter den Wall-Street-Schätzungen von 19,65 Milliarden Dollar liegen.
Zuvor hatte bereits die Ankündigung des irakischen Staatschef Saddam Hussein, der Irak werde seine Öl-Exporte ab Montag für einen Monat aussetzen, für sinkende Kurse gesorgt. Der Stopp werde für einen Monat gelten und bei einem Rückzug Israels aus den Palästinenser-Gebieten aufgehoben, so Hussein weiter. Die Opec reagierte verhalten und forderte vom Irak zunächst Beweise für einen Stopp der Förderung.
Im Mittelpunkt des Handels stand die Aktie von Senator Entertainment, die 6,2 Prozent auf 2,22 Euro zulegen konnte. Der Berliner Filmproduzent und Rechtehändler hat einen Konsortialkreditvertrag über 230 Millionen Euro mit einer Mindestlaufzeit von drei Jahren abgeschlossen. Damit sei der Geschäftsbetrieb für die kommenden drei Jahre gesichtert, so das Unternehmen.
Nach unten ging es dagegen für die Aktie von Comroad, die 15,8 Prozent auf 0,80 Euro nachgab. Nach Ermittlungsstand der Staatsanwaltschaft München hat der Telematik-Anbieter keine Geschäftsbeziehungen nach Asien. Dies berichtet das Anlegermagazin „Euro am Sonntag“: Die Comroad-Aktie war bereits in der Vergangenheit wegen Zweifel an der Existenz dieser Beziehungen deutlich unter Druck geraten.
Die Insolvenz des Medienriesen Kirch blieb auch am Neuen Markt nicht ohne Folgen. Das Medienunternehmen EM.TV, das weitreichende Geschäftsbeziehungen mit der Kirch-Gruppe unterhält, kündigte an, die Insolvenz von Kirch Media könnte zu Sonderabschreibungen auf die Formel 1-Beteiligung des Unternehmens mit einem Buchwert von 256 Millionen Euro führen. Sollte der Kirch-Sender Premiere seinen Betrieb einstellen, würde das in 2002 zu einem Umsatzausfall von 5,5 Millionen Euro für EM.TV führen, hieß es weiter. Die Aktie gab 2 Prozent auf 1,45 Euro nach.
Auch der Filmproduzent und -verleiher Constantin erzielt rund 40 Prozent seiner Lizenzumsätze mit Kirch. Constantin-Vorstand Thomas Friedl sagte, per Saldo habe das Unternehmen noch fünf Millionen Euro Forderungen an die Kirch-Gruppe. "Das ist ein überschaubares Risiko", sagte er. Auch die künftigen Geschäfte würden kaum unter dem Ausfall KirchMedias leiden, da Constantin seine Filme auch direkt an die TV-Sender verkaufen könne. Die Aktie gab 0,4 Prozent auf 4,87 Euro nach.
Einen Insolvenzantrag gab es vom IT-Dienstleister Heyde. Das ehemals am Neuen Markt gelistete Unternehmen kündigte an, man werde noch am Montag einen Insolvenzantrag beim zuständigen Gericht stellen. Die Gläubigerbanken, die zunächst ihre Unterstützung für die nächste Restrukturierungsphase des Unternehmens zugesagt hätten, seien nun doch nicht länger bereit, die notwendige Finanzierung zur Verfügung zu stellen. Die Aktie brach knapp 37 Prozent auf 0,12 Euro ein. Anfang April war das Unternehmen vom Neuen Markt an den Geregelten Markt gewechselt.
Quelle: ntv.de