Dax-Ausblick Optimismus setzt sich durch
08.06.2013, 09:51 Uhr
Die Geldpolitik der US-Notenbank sorgt für Gesprächsstoff.
(Foto: picture alliance / dpa)
Die Diskussionen über den geldpolitischen Kurs der US-Notenbank Fed setzen Dax und Dow kräftig zu. Angesichts frischer Konjunkturdaten sehen Börsianer aber wieder Licht am Ende des Tunnels.
Die Entwicklung der Aktienmärkte dies- und jenseits des Atlantiks gleicht derzeit einer Achterbahnfahrt. Spekulieren die Anleger auf eine Fortsetzung der ultralockeren US-Geldpolitik durch die Fed, geht es rauf. Hat die Furcht vor einem Zurückfahren der Anleihenkäufe die Oberhand, geht es runter. Für die Analysten der Landesbank Berlin (LBB) ist das Auf und Ab nur allzu verständlich: Die Kursgewinne der letzten Monate seien zu großen Teilen auf die Geldschwemme der internationalen Notenbanken zurückzuführen, erklären die Analysten. "Zieht nun der prominenteste Vertreter die Zügel an, würde dies durchaus negative Effekte auf die Kapitalmärkte aussenden."
"Anleger dürften die Korrektur der vergangenen Wochen zum Wiedereinstieg nutzen und damit für steigende Kurse sorgen", sagt Wolfgang Duwe, Stratege bei der Bremer Landesbank. Der Frankfurter Dax hat seit Ende Mai mehr als fünf Prozent verloren, der New Yorker Dow-Jones-Index rauschte am Mittwoch wieder unter die psychologisch wichtige 15.000-Punkte-Marke.
Allerdings gehen die LBB-Experten nicht davon aus, dass der Ausstieg aus den Anleihenkäufe von heute auf morgen, sondern langsam und marktschonend erfolgen wird. Damit wäre weiterhin genug Geld im Markt, um die Kurse weiter nach oben zu treiben, sagt Duwe.
DZ Bank sagt steigenden Dax voraus
Vor diesem Hintergrund setzte die DZ Bank ihr Dax-Ziel für Mitte 2014 auf 9600 Punkte. Zum Wochenausklang sorgte zudem ein an den Märkten freundlich aufgenommener US-Arbeitsmarktbericht für Entspannung. Die US-Wirtschaft hat im Mai mehr neue Arbeitsplätze geschaffen als erwartet. Allerdings wurde das Plus in den beiden Vormonaten nach unten korrigiert. Nach Einschätzung eines Experten der Deutschen Bank dürften die Daten die Sorge vor einem baldigen Ende der lockeren US-Geldpolitik etwas mildern.
Auch VP-Bank-Chefvolkswirt Thomas Gitzel äußerte sich positiv. "Der Stellenzuwachs ist für einen deutlichen Abbau der Arbeitslosenquote zu schwach", sagte er. "Für eine vorschnelle Drosselung der monatlichen Wertpapieraufkäufe der Fed bietet das keine Grundlage." Die Finanzmärkte sollten sich freuen, denn die moderate Erholung der US-Wirtschaft setze sich fort und die Notenbank dürfte vorerst bei ihrem eingeschlagenen Kurs bleiben. Vor dem jüngsten Rücksetzer haben die Börsen weltweit von den niedrigen Zinsen der großen Notenbanken profitiert, die viele andere Anlagen unrentabel machen.
Zunächst lasse das Tauziehen zwischen dem erhofften Wachstum und der schwindenden Zinsfantasie aber weitere Kursverluste erwarten, erklärte Analyst Markus Reinwand von der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba). Auch für die Experten der Landesbank Berlin (LBB) "ist ein Auslaufen der kurzfristigen Konsolidierungsbewegung aktuell noch nicht zu erkennen".
Auf mittlere Sicht sind die Experten indes einhellig zuversichtlich. Angesichts der Verluste nach einer monatelangen Rally hätten die Aktienmärkte "einen Teil der technischen Überhitzung bereits abgebaut", schrieb Reinwand. "Mit Blick auf die Nachhaltigkeit der Kursentwicklung ist es durchaus gesund, dass etwas Druck aus dem Kessel genommen wurde." Auch die LBB konstatierte eine "gesunde technische Gegenbewegung". Der Aufwärtstrend sei intakt, da die US-Währungshüter die Liquidität nur langsam und marktschonend frühestens ab dem Spätsommer leicht zurückführen dürften. Ende 2013 sehen sie den Dax bei 8600 Punkten und Mitte 2014 noch mal 1000 Zähler höher.
Der Helaba-Experte mahnte aber, die Bedeutung der Geldpolitik nicht zu überschätzen. "Für die mittelfristige Perspektive von Aktien ist die Gewinnentwicklung der Unternehmen mindestens genauso wichtig." Diese hänge wiederum von klaren Erholungssignalen bei den konjunkturellen Frühindikatoren ab.
Bundesverfassungsgericht im Blick
Da nur wenige Unternehmensnachrichten auf der Agenda stehen, dürften indes Konjunkturdaten auch in der neuen Woche das Börsengeschehen bestimmen. Am besten für die Aktienmärkte seien US-Daten, die "robust genug ausfallen, um neuerliche Wachstumsängste zu verhindern", so Reinwand. Unternehmensseitig stehen in Deutschland vor allem Hauptversammlungen im Fokus.
Einige Hauptversammlungen stehen an, darunter bei Patrizia Immobilien, Gagfah,
Rhön-Klinikum am Mittwoch sowie beim Hamburger Hafen- und Logistikkonzern und König & Bauer am Donnerstag. Im Blickpunkt steht auch RWE : Der hochverschuldete Energiekonzern kann auf eine erhebliche Geldspritze aus dem Gaspreis-Streit mit Gazprom hoffen. Die Entscheidung liegt laut einem Gazprom-Sprecher beim Schiedsgericht in Wien. Ein Urteil könnte demnach schon in wenigen Tagen vorliegen.
Für Gesprächsstoff dürfte in der neuen Woche auch die Europäische Zentralbank (EZB) sorgen: Das Bundesverfassungsgericht wird sich am Dienstag und Mittwoch im Rahmen einer verfassungsrechtlichen Prüfung des Euro-Rettungsschirms auch mit dem EZB-Anleihenkaufprogramm (OMT) beschäftigen. Die von den Währungshütern in Aussicht gestellten unbegrenzten Ankäufe von Staatsanleihen überschuldeter Länder hatte EZB-Präsident Mario Draghi zwar die Finanzmärkte beruhigen können, doch Kritiker werfen der EZB seitdem vor, ihr Mandat zu überschreiten.
Bei der Anhörung sind Bundesbankpräsident Jens Weidmann und der frühere Finanzstaatssekretär und heutige EZB-Direktor Jörg Asmussen als Experten geladen. Das Urteil dürfte enorme Bedeutung für die künftige Euro-Rettungspolitik und die EZB haben. Commerzbank-Experte Michael Schubert geht allerdings nicht davon aus, dass das Gericht der EZB Steine in den Weg legen wird. Vermutlich werde das Gericht die Währungshüter nur eindringlich mahnen, dass das OMT nicht der Staatsfinanzierung dienen dürfe.
Quelle: ntv.de, jga/dpa/rts