Kursfeuerwerk SAP trieb Dax an
17.10.2002, 20:20 Uhr„Das Pendel schlägt jetzt in die andere Richtung, jeder will bei einem Börsenaufschwung wieder dabei sein“, so kommentierte ein Händler die Dax-Rally am Donnerstag. Auslöser des Kursfeuerwerks waren gute Zahlen von IBM, SAP und Nokia. Der Dax stieg 5,4 Prozent auf 3.172 Punkte.
Aus charttechnischer Sicht richte sich der Blick jetzt auf die Marke von 3.266 Punkten, so anderer ein Händler. Diese stelle einen wichtigen Widerstand dar: Sollte der Dax diese in den nächsten Tagen überspringen, seien bis Ende des Jahres 3.800 Punkte beim Dax möglich. Ein weiterer Marktbeobachter warnte jedoch vor zu schnellen Kursgewinnen, da diese größere Gewinnmitnahmen nach sich ziehen könnten. Wer schnell in den Markt einsteige, sei normalerweise auch geneigt, schnell wieder zu verkaufen.
Big Blue, wie die Amerikaner den Computerkonzern IBM nennen, hat im dritten Quartal ohne die defizitäre Festplattenlaufwerk-Sparte, die an Hitachi verkauft wird, einen Gewinn von 99 Cent je Aktie erwirtschaftet und damit die Analystenerwartungen um 3 Cent übertroffen.
Der Handy-Hersteller Nokia hat im dritten Quartal mit einem Gewinn je Aktie 0,18 Euro die Erwartungen von Analysten leicht übertroffen, die im Schnitt nur mit einem Gewinn von 0,17 Euro gerechnet hatten. Für das vierte Quartal rechnen die Finnen mit einem Ergebnis auf dem Niveau des Vorjahreszeitraums.
Gute Zahlen gab es am Donnerstag aber auch aus den eigenen Reihen. Europas größter Softwarekonzern SAP hat im dritten Quartal mit einem bereinigten operativen Ergebnis von 316 Millionen Euro die Erwartungen der Analysten, die mit 253 Millionen Euro gerechnet hatten, deutlich übertroffen. Allerdings nahmen die Walldorfer ihre Umsatzprognose für das Gesamtjahr zurück und rechnen nun nur noch mit einem stagnierenden Umsatz im Vergleich zum Vorjahr und nicht mehr mit einer Steigerung zwischen 5 und 10 Prozent. Dank erster Erfolge eines Kostensparprogramms werde die operative Rendite aber dennoch auf 21 von 20 Prozent steigern, so SAP. Die Aktie legte 25,4 Prozent auf 69,12 Euro zu.
Die anderen High-Techs zeigten sich im Sog der guten Nachrichten ebenfalls sehr freundlich. Siemens gewann 6,7 Prozent auf 42,13 Euro, Infineon legte 13,3 Prozent auf 7,83 Euro zu und Epcos stieg 19,5 Prozent auf 9,15 Euro.
Als Überflieger zeigte sich am Donnerstag auch die Aktie von MLP, die 32,3 Prozent auf 11,85 Euro zulegte. Der angeschlagene Finanzdienstleister hat seine nach Ende des dritten Quartals reduzierte Prognose für das Gesamtjahr bekräftigt. Zwischenzeitlich wies das Papier sogar ein Plus von mehr als 40 Prozent gegenüber dem Vortag auf.
Auf Grund der deutlichen Verkaufszuwächse vor allem in den USA wird der Autobauer DaimlerChrysler sein diesjähriges Umsatzziel wahrscheinlich übertreffen. Dies sagte Finanzvorstand Manfred Gentz am Donnerstag in einem Interview. Bislang hatte DaimlerChrysler mit einem Umsatzrückgang von mehr als zehn Prozent gerechnet. Ob der Vorjahresumsatz von 153 Milliarden Euro nun erreicht werden kann, wollte Gentz allerdings nicht sagen. Die Aktie legte 7,7 Prozent auf 37,80 Euro zu.
Die Deutsche Telekom könnte einem Zeitungsbericht zufolge hohe Wertberichtigungen auf Mobilfunklizenzen und Beteiligungen vornehmen, um vor der Ernennung eines neuen Vorstandschefs reinen Tisch in den Bilanzen zu machen. Grund für diese „Gedankenspiele“ seien „ernst zu nehmende Gerüchte am Markt“, die Telekom wolle die Bekanntgabe der Geschäftszahlen für das dritte Quartal um gut eine Woche vorverlegen, so der Bericht. Die Telekom bestätigte am Vormittag Teile des Artikels. Der Konzern werde am 14. November vorläufige Eckdaten für das dritte Quartal sowie die Ergebnisse strategischer Überprüfungen bekannt geben. Der ausführliche Quartalsbericht werde wie geplant am 20. November vorgestellt. Die Aktie legte 2,5 Prozent auf 10,52 Euro zu.
Im Mdax sorgte der Haarpflegespezialist Wella mit vorläufigen Zahlen zu den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres für eine positive Überraschung. Der Umsatz ist um gut zehn Prozent auf 2,5 Milliarden Euro gestiegen. Für das Schlussquartal rechnen die Darmstädter mit einer "starken Geschäftsentwicklung", ohne konkrete Angaben zu machen. Angaben zum Ergebnis wird der Konzern bei der Vorlage der endgültigen Geschäftszahlen am 19. November treffen. Die Vorzugsaktie legte um 4,8 Prozent auf 51,60 Euro zu, die illiquidere Stammaktie verbesserte sich um 3,5 Prozent auf 51,80 Euro.
Die im Smax notierte Vogt Electronic hat mehr als die Hälfte ihres Grundkapitals aufgezehrt. Die Marktschwäche in der Elektro- und Elektronikindustrie habe zu dem nach dem Börsengesetz meldepflichtigen Verlust geführt. Der außerordentlichen Hauptversammlung sollen jetzt einschneidende Kapitalmaßnahmen vorgeschlagen werden. Geplant ist ein Kapitalschnitt im Verhältnis von 3:1 und die Ausgabe von Optionsgenussrechten. Außerdem sollen 200 der 650 Arbeitsplätze abgebaut werden. Die Banken haben bereits ihre Zustimmung zu dem Sanierungskonzept signalisiert. Die Aktie brach um 40,7 Prozent auf 1,75 Euro ein.
Quelle: ntv.de