Inside Wall Street Saudis beenden Missverständnis
30.01.2007, 19:21 UhrDie Börsenkolumne aus New York von Lars Halter
Die Wall Street hat ein eingebautes Kommunikationsproblem. Langfristig operierende Unternehmen wünschen sich einen ruhigen, stetig wachsenden Markt. Händler indes profitieren von täglichen Kursschwankungen – und leben von den Informationshäppchen der Unternehmen. Missverständnisse sind vorprogrammiert.
Zu einem solchen Missverständnis kam es in den letzten Tagen in den Öl-Pits. Die Aufregung war groß, als vor einer Woche der saudi-arabische Öl-Minister Ali al-Naimi mit der Auffassung zitiert wurde, er sehe zur Zeit für die Opec keine Notwendigkeit, die Förderquoten zu senken. Nachdem der Ölpreis zuletzt von 70 auf 50 Dollar eingebrochen war, war das ein merkwürdiges Statement – und doch ein wegweisendes. Denn Saudi-Arabien als größter Förder-Staat hat Gewicht in der Opec.
Wo al-Naimi hingeht, marschieren die übrigen Staaten hinterher. Nicht ohne aufzumucken, vor allem nicht in den letzten Tagen. Venezuela und der Iran hatten eben erst eine Kürzung der Förderquoten beantragt, um die fallenden Rohstoffpreise aufzufangen. Doch mittlerweile scheint klar: Al-Naimi wollte ihnen keinen Strich durch die Rechnung machen – im Gegenteil: Der Markt hatte den Minister falsch verstanden, und eine Woche später ist das bewiesen.
Saudi-Arabien wird ab Donnerstag seine Förderquoten um weitere 158.000 Fass pro Tag senken. Insgesamt hat der Wüstenstaat damit seine Förderung in den vergangenen sechs Monaten um eine Million Fass zurückgeschraubt und damit doppelt so stark wie von der Opec beschlossen. Das Land setzt damit ein Zeichen, zumal die Opec bislang dafür bekannt war, dass Förderquoten zwar großzügig beschlossen, aber nachher nicht umgesetzt werden.
Die Erklärung dafür ist naheliegend: So sehr den Mitgliedstaaten an einem hohen Ölpreis und stattlichen Margen gelegen ist, so sehr kommt es die Länder kurzfristig teuer zu stehen, unter ihren Kapazitäten zu fördern. Die Margen sind höher, die Gesamterlöse aber niedriger – oftmals war die Unterschrift der Öl-Minister das Papier nicht wert, auf das die Quotenkürzungen geschrieben waren.
Ganz anders könnte dies nun werden, wenn sich andere Opec-Staaten an die Förderpolitik Saudi-Arabiens halten. Dort will man den Ölpreis über 55 Dollar pro Fass halten – und ist fest entschlossen, zugunsten der Margen kurzfristig auf höhere Gewinne zu verzichten. Allzu hoch dürfte der Ölpreis trotzdem nicht gehen, wie die Rohstoff-Experten von PFC Energy vermuten. „Die Saudis fürchten, mit zu hohen Ölpreisen das Wirtschaftswachstum zu bremsen und langfristig für eine sinkende Nachfrage zu sorgen“, meint PFC-Analyst Roger Diwan.
Quelle: ntv.de