Kein grenzenloser Rettungsschirm Schäuble stutzt Dax zurecht
31.07.2012, 18:00 Uhr
(Foto: REUTERS)
Die Kurse am deutschen Aktienmarkt treten unter dem Strich auf der Stelle. Grund dafür sind Äußerungen von Finanzminister Schäuble, der Gerüchten über einen Rettungsschirm mit Lizenz quasi zum Gelddrucken eine Absage erteilt. Teils starke Quartalszahlen von vielen Dax-Konzernen treten damit in den Hintergrund.
Der deutsche Aktienmarkt legt am Dienstag bei seiner Notenbanken-Rally vorerst eine Verschnaufpause ein. Zeitweise notierte der Dax über der Marke von 6800 Punkten, auch angetrieben von Spekulationen über eine Banklizenz für den ESM. Doch mit der Absage Schäubles wachsen auch die Sorgen vor einer Enttäuschung durch die EZB.
Der Dax beendete den Handel bei 6772,26 Punkten, was einem Minus von gerade einmal knapp 2 Indexpunkten entsprach. Der MDax sackte dagegen mit einem Minus von 1,0 Prozent deutlich ab auf 10.826,26 Punkte. Der TecDax verlor 0,3 Prozent auf 777,69 Punkte.
"Die Wahrscheinlichkeit einer Enttäuschung ist angesichts der entschlossenen Aussagen Draghis hoch", sagte Anlagestratege Franz Wenzel von Axa Investment Managers. "Die Märkte haben sich auf etwas recht großes eingestellt." Er halte es für möglich, dass einige Anleger unabhängig von einer möglichen EZB-Ankündigung am Donnerstag zumindest kurzfristig Kasse machten. Draghi hatte am vergangenen Donnerstag gesagt, die Notenbank werde alles zum Erhalt der Währungsunion tun. Anleger werteten dies als Hinweis darauf, dass die EZB Staatsanleihen kriselnder Euro-Staaten wie Spanien und Italien in unbegrenztem Umfang aufkaufen wird, um einen weiteren Anstieg der Zinsen zu verhindern.
Spekuliert wurde außerdem auf der Vergabe einer Banklizenz an den Euro-Rettungsfonds ESM. Dieser könnte dann bei der Europäischen Zentralbank Kredite aufnehmen und damit seine Wirkungskraft verbessern - ohne zusätzliche Geldspritzen der Mitgliedsstaaten. Als Reaktion darauf legte der Dax binnen weniger Tage knapp sechs Prozent zu. Vertreter der Koalition und das Bundesfinanzministerium bekräftigten am Dienstag allerdings ihren Widerstand gegen diese Pläne.
Daneben blickten Anleger gespannt auf die Zusammenkunft der US-Notenbank Fed am Mittwoch. In den vergangenen Tagen war verstärkt auf eine weitere Lockerung der Geldpolitik zur Ankurbelung der US-Konjunktur spekuliert worden. Für Manoj Ladwa, Chef-Händler des Brokerhauses TJ Markets, käme ein solcher Schritt zu früh. "Sie wollen ihr Pulver sicher trocken halten."
Quartalsbilanzen treiben an
Für Bewegung sorgten zahlreiche Quartalsbilanzen großer Dax-Konzerne. Angeführt wurde die Gewinnerliste von Infineon. Die Aktien des Halbleiterkonzerns verteuerten sich trotz eines Gewinnrückgangs im dritten Quartal um 6,7 Prozent. Damit stiegen sie auf den höchsten Stand seit fünf Wochen. "Nach der ersten Enttäuschung setzen die Anleger nun offenbar auf den angekündigten Sparkurs des Konzerns", sagte ein Börsianer. Infineon hatte bei der Vorlage der Zahlen mitgeteilt, die Investitionen würden im kommenden Geschäftsjahr (ab Oktober) "deutlich reduziert".
Punkten konnten auch die Bayer -Aktien. Der Pharma- und Chemiekonzern hatte nach einem starken zweiten Quartal seine Jahresziele angehoben - die Anteilsscheine verteuerten sich zeitweilig um mehr als 4 Prozent. Bei Handelsschluss stand noch ein Tagesplus von 1,2 Prozent auf der Kurstafel. Bayer habe starke Zahlen vorgelegt, schrieb Claudia Lakatos von Silvia Quandt Research in einem Kommentar. Ihrer Ansicht nach dürfte der Aufwärtstrend allerdings begrenzt sein, da die Aktien seit Jahresanfang schon gut gelaufen sind. Seit Januar haben Bayer knapp 24 Prozent an Wert gewonnen.
Das Thema Jahresprognose war auch für die Bewegung der Metro -Aktie entscheidend: "Dass Metro die Prognose nicht gekippt hat, ist auf jeden Fall eine gute Nachricht", sagte ein Händler. Da hätten Einige wohl mit Schlimmerem gerechnet. Die Papiere legten im Dax um 3,0 Prozent zu. Eine Preisoffensive und florierende Geschäfte im deutschen Heimatmarkt sowie in Osteuropa und Asien ließen die Umsätze bei dem Handelskonzern im zweiten Quartal steigen.
Durch ein Wechselbad der Gefühle gingen am Dienstag Anleger der Deutschen Bank. Anfänglich verbuchten die Aktien wegen eines Geschäftseinbruchs im Investmentbanking gegen den Gesamttrend Kursverluste. Als die Bank dann jedoch ein milliardenschweres Sparprogramm ankündigte, gingen die Kurse deutlich nach oben. "Der entscheidende Punkt ist, dass drei Milliarden Euro eingespart werden sollen", sagte ein Börsianer. "Erwartet wurden zwei Milliarden." Im Rahmen ihrer Schrumpfkur will die Deutsche Bank knapp 2000 Mitarbeiter vor die Tür setzen, vor allem aus dem Bereich Investmentbanking. Zu Handelsschluss war ein Plus von 0,1 Prozent übrig.
Bayer punktete mit einer Anhebung seiner Jahresziele. Die Anteilsscheine des Pharma- und Chemiekonzerns kletterten in der Spitze auf ein Viereinhalb-Jahres-Hoch von 63,87 Euro und lagen am Abend noch 1,2 Prozent im Plus.
Quelle: ntv.de, nne/rts