Inside Wall Street Signierstunde ohne Worte
18.09.2007, 19:51 UhrDie Börsenkolumne aus New York von Lars Halter
Die ersten Fans waren schon am frühen Morgen gekommen, um den Maestro zu sehen. Nicht allzu viele, wohlgemerkt, denn die Kundschaft des Borders-Buchladens an der Wall Street besteht größtenteils aus Brokern und Bankern, die nicht mal so einfach einen halben Arbeitstag ausfallen lassen können – auch nicht für Alan Greenspan.
Der größte Andrang kam dann recht kurzfristig: Erst wenige Minuten bevor Alan Greenspan im Laden erschien, um sein neues Buch mit einer Signierstunde vorzustellen, wuchs die Schlange im Obergeschoss dramatisch an. Wer da in der Schlange stand, hatte es meist nur auf eine Unterschrift abgesehen, einige erhofften sich auch ein paar nette Worte vom Maestro – oder gar eine Indiskretion kurz vor Ende der Notenbanksitzung.
Doch eine Einschätzung, was sein Nachfolger Ben Bernanke der Welt verkünden sollte, wollte Greenspan nicht geben. Journalisten bekamen das sogar schriftlich: "Keine Fragen", stand auf der Liste mit Anweisungen für Schreiber und Fotografen, dahinter zwei dicke Ausrufezeichen.
Eine Frage gabs doch: "Dr. Greenspan, wie geht es Ihnen", rief eine neugierige Journalistin dem früheren Fed-Chef zu – doch auch darauf wollte der nicht eingehen. "Gerade gings noch", grummelte der Einundachtzigjährige, bevor er das erste Buch aufschlug und unterschrieb.
Es war Greenspan anzusehen, dass er auf die Presse keine Lust hatte und auch auf das normale Volk nicht. Der Mann, der unter sieben Präsidenten gedient hat, saß stumm und erfüllte seine vermutlich dem Verlag zugesicherte Signier-Pflicht. Kein schöner Job, hunderte von Büchern aufzuklappen und zu unterschreiben – ob er aber mit Ben Bernanke hätte tauschen wollen, ist auch unwahrscheinlich.
Quelle: ntv.de