Rückenwind für Solaraktien TecDax hat Frühlingsgefühle
28.03.2011, 18:00 Uhr
(Foto: REUTERS)
Der deutsche Aktienmarkt geht am ersten Tag der neuen Woche ohne klare Richtung aus dem Handel. Klar aufwärts geht es bei den Technologieaktien: Die Landtagswahlen vom Sonntag sorgen bei Windkraft- und Solartiteln für kräftige Kursgewinne. Im Dax geben Autoaktien zum Teil deutlich nach.

"Für den Markt ist es kein gutes Zeichen, wenn der Dax mit hohem Umsatz fällt, aber bei wenig Umsatz steigt."
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Der Wahlerfolg der Grünen bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz hat am Montag die Nachfrage nach Öko-Werten angetrieben. Der ÖkoDax, in dem die zehn größten deutschen Solar- und Windenergiewerte vertreten sind, schoss nach oben.
Angesichts der Lage in Japan fand der Markt keine klare Richtung. Der Dax pendelte um seinen Vortagsschluss und gab 0,1Prozent auf 6938 Punkte ab. Der MDax der mittelgroßen Werte schloss nahezu unverändert bei 10.200 Zählern, während der TecDax 1,6 Prozent auf 921 Zähler stieg. Hier stützten Gewinne bei den Aktien von Anbietern alternativer Energien.
Am Nachmittag erhielt der deutsche Aktienmarkt nur leichten Rückenwind von den US-Börsen, die jeweils geringfügig zulegten. Dort sorgte vor allem die 2,4 Mrd. Dollar schwere Übernahme der Internet-Servicefirma GSI Commerce durch eBay für Gesprächsstoff. Der EuroStoxx50 beendete den Tag 0,1 Prozent fester.
"Wahlentscheidend war die Debatte um den Atomstrom", sagte Martin Lueck, Analyst der UBS, mit Blick auf die Ergebnisse der Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Es sei kaum vorstellbar, dass die Merkel-Regierung einige der abgeschalteten sieben Kernkraftwerke in absehbarer Zeit wieder ans Netz lasse. Die Regierung werde aus den Wahlniederlagen schlussfolgern, dass mit einer Pro-Nuklear-Position keine Wahlen zu gewinnen seien. Die Regierungsparteien dürften ihre Energiepolitik deshalb ändern.
Im TecDax gewannen Conergy 12,2 Prozent, Solarworld 8,6 Prozent, Nordex 12,3 Prozent und Centrotherm 6,3 Prozent. In der Schweiz profitierten die Aktien der Solarfirmen Meyer Burger und Edisun, die um jeweils 2,4 Prozent nach oben kletterten. Die im Leitindex Dax gelisteten Aktien des Atomenergie-Anbieters Eon schlossen 0,6 Prozent im Minus, die Titel von RWE beendeten den Handel nahezu unverändert.
Einige Börsianer rechnen nach den Wahlergebnissen damit, dass der Ausstieg aus der Atomenergie in Deutschland schneller vollzogen werden könnte als bisher erwartet. Der Wahlerfolg der Grünen sei aber von vielen erwartet worden, fassten Analysten zusammen. Zudem würden die Grünen an der Börse nicht mehr als Schreckgespenst gesehen. "Es wird auch mit den Grünen in Stuttgart keine komplette Abkehr von der Industriepolitik in Baden-Württemberg geben", schätzte Marktstratege Heino Ruland von Ruland-Research die Lage ein.
Die Zuspitzung der Lage im Atomkraftwerk Fukushima, wo die japanische Regierung eine Kernschmelze in einem Reaktor einräumte und Plutonium auf dem Boden der Atomanlage gefunden wurde, werde dagegen weitgehend ausgeblendet, erklärte Helaba-Analyst Christian Schmidt. "Sollten aber deutlich schlechtere Nachrichten aus Japan kommen, kann sich das schnell wieder ändern."
Schmidt erklärte, viele Anleger konzentrierten sich ansonsten auf das bevorstehende Quartalsende. Daher gebe es kaum Bereitschaft, sich von Positionen zu trennen. Seit vergangener Woche sind die Umsätze deutlich geschrumpft. "Für den Markt ist es kein gutes Zeichen, wenn der Dax mit hohem Umsatz fällt, aber bei wenig Umsatz steigt", erklärte ein Börsianer. In der Vorwoche hatte der Dax bei meist schleppendem Geschäft 4,2 Prozent zugelegt. In der Woche zum 18. März war er angesichts des Bebens in Japan bei hohen Umsätzen zum Wochenschluss 4,5 Prozent tiefer aus dem Handel gegangen.
Zu Beginn der neuen Woche bremsten im Dax vor allem die Autowerte. Daimler führten mit einem Minus von 1,4 Prozent die Verliererliste an. BMW gaben 0,1 Prozent ab und Volkswagen 0,7 Prozent. Die Titel des Lkw-Bauers MAN gaben 0,9 Prozent nach. Einige Händler sprachen von Gewinnmitnahmen bei den Favoriten des Vorjahres. "Außerdem macht man sich weiterhin Sorgen, dass die Lieferkette durch das Erdbeben in Japan ins Stocken geraten könnte", sagte ein Händler. Ein anderer Börsianer begründete die Verluste mit dem Wahlerfolg der Grünen. "Die Grünen sind ja nicht gerade als Freunde der Autoindustrie bekannt", sagte er.
Für Unterstützung im Leitindex sorgten Finanzwerte. Deutsche Bank gewannen 0,6 Prozent und Commerzbank 0,1 Prozent. Allianz legten 0,2 Prozent zu.
Die im MDax notierten Continental-Aktien zogen 3,9 Prozent an. Der Großaktionär Schaeffler reduzierte seinen Anteil an dem Unternehmen zwar. Parallel kamen angesichts des steigenden Streubesitzes jedoch Spekulationen auf, der Autozulieferer könnte damit mittelfristig wieder für eine Dax-Aufnahme infrage kommen.
Am europäischen Markt legten die Titel von Nokia nach einer Kaufempfehlung von Goldman Sachs um 3,6 Prozent zu. Für langfristig orientierte Anleger biete sich derzeit eine gute Chance zum Einstieg, schrieb Analyst Tim Boddy in einem Kommentar. Er veranschlage die Einsparungen durch die Rückbesinnung auf das Hardware-Geschäft auf eine Milliarde Euro oder mehr.
Quelle: ntv.de, jga/rts/DJ/dpa