Marktberichte

Sommer-Blues Telekom auf Allzeittief

Die deutschen Standardwerte fanden am letzten Tag der Woche nicht gerade reißenden Absatz. Vollends unbeliebt bei den Anlegern war die Deutsche Telekom. Die T-Aktie stürzte auf ein neues Allzeittief. Der Dax gab 1,9 Prozent auf 4.872 Zähler ab.

Die Aktie der Deutschen Telekom geriet am Freitag kräftig unter Druck. Im Verlauf markierte der Kurs ein neues Allzeittief bei 12,22 Euro. Hintergrund war ein Zeitungsbericht, wonach die Telekom als eine von ganz wenigen Firmen der Branche keine Abschreibungen auf den Firmenwert von Zukäufen vorgenommen haben soll. Im Klartext: Die Telekom hat zu überhöhten Preisen eingekauft und bilanziert diese "Luftnummern" nach wie vor in ungeschmälerter Höhe. Damit könnten die Aktivposten kräftiges Korrekturpotenzial nach unten haben, argwöhnen Beobachter. Dies würde zugleich erneut Zweifel am Management der Telekom und ihrer Nachrichtenpolitik aufkommen lassen. Die Deutsche Telekom war wiederholt für "wenig transparente" Mitteilungen im Zusammenhang mit Geschäftszahlen kritisiert worden.

Zusätzlichen Druck auf den Kurs der T-Aktie übt die Herabstufung des US-Konkurrenten Worldcom durch Moody's aus. Die Ratingagentur sieht in den Verbindlichkeiten von Worldcom in Höhe von 32 Milliarden Dollar nichts weiter als "Ramsch" - so jedenfalls die deutsche Übersetzung für das Wort "junk" und auf diesen Status hat Moody's die Verbindlichkeiten von Worldcom zurückgenommen. Der Telekom könnte ähnliches Ungemach drohen, denn die Probleme der Branche sind überall dieselben: hoher Konkurrenzdruck, dadurch niedrige Gewinnmargen und so letztlich zu wenig Mittel, um die sehr hohen Verbindlichkeiten abzubauen.

Der Teufelskreis aber geht noch weiter. Durch die Herabstufungen der Ratingagenturen wird es für die betroffenen Telekom-Firmen teurer, sich neue Mittel am Kapitalmarkt zu beschaffen, weil Junk-Bonds auf Grund des erhöhten Ausfallrisikos potenziellen Anlegern nur mit einem entsprechend höheren Zinssatz schmackhaft gemacht werden können. Gar nicht schmecken wollte den T-Aktionären diese mögliche Perspektive - sie verabschiedeten sich reihenweise von dem Papier und das führte zu einem Minus bei der T-Aktie von 7,2 Prozent auf 12,34 Euro. Auch auf Schlusskursbasis ein neues Allzeittief.

Ebenfalls gehörig unter die Räder kam die Aktie von Infineon. Der Kurs hatte sich in den vergangenen Wochen von seinen Tiefstständen erholt, als sich auf dem Markt für Speicherchips eine Entspannung an der Preisfront abzeichnete. Auslöser waren die Übernahmebestrebungen von Micron für den koreanischen Konkurrenten Hynix, die in letzter Konsequenz einen Wettbewerber weniger bedeutet hätten. Die Übernahme ist geplatzt, der Wettbewerbsdruck bleibt, die Speicherpreise orientieren sich wieder talwärts, die Chipaktien verlieren an Wert. Infineon verlor 7,8 Prozent auf 17,58 Euro und war damit der größte Verlierer im Dax.

Die Rating-Agentur Standard & Poor's hat die langfristigen Verbindlichkeiten der Deutschen Bank herunter gestuft. Sie werden jetzt nur noch mit "AA-" statt zuvor "AA" bewertet. Weniger Kreditwürdigkeit heißt offenbar auch weniger Preiswürdigkeit für die Aktie. Sie fiel um 2,2 Prozent auf 76,20 Euro.

Bayer räumt der Suche nach einem Partner für seine angeschlagene Pharmasparte offenbar den Vorrang ein vor einem Alleingang des Geschäftsbereichs. Dies sagte ein Sprecher des Chemie- und Pharmakonzerns gegenüber n-tv.de. Die Pharmasparte war durch den Skandal um das Medikament Lipobay arg ins Strudeln geraten. Seitdem werden bei Bayer Überlegungen über die Zukunft der Pharmasparte angestellt. Zeitungsberichten vom Freitag zufolge war eine Entscheidung in dieser Frage für Ende Juni geplant, jetzt könnte diese aber möglicherweise schon deutlich früher fallen. Darüber, wer der mögliche Partner sein könnte, hüllt sich Bayer allerdings noch in Schweigen. Die Aktie von Bayer verlor 1,8 Prozent auf 35,80 Euro.

Schlechte Nachrichten für die Aktionäre der Deutschen Post - nach einem Bericht der "Börsenzeitung" will die EU-Kommission Staatsbeihilfen im Umfang von bis zu 300 Millionen Euro zurückfordern. Dem Bericht zufolge geht es bei den gegenwärtig laufenden Untersuchungen um die Frage, ob die Post ihr Wettbewerbsgeschäft in unzulässiger Weise quersubventioniert habe. Aus Brüssel verlautete unterdessen, dass eine Entscheidung in dem Verfahren noch nicht getroffen sei. Wettbewerbskommissar Mario Monti wolle den Vorgang aber noch vor der Sommerpause abschließen. Ein Sprecher der Deutschen Post hat den Bericht als "kompletten Unsinn" dementiert. Es gebe weder Gespräche noch Vorentscheidungen oder Androhungen in dieser Richtung. Die "Aktie Gelb" schloss mit einem Minus von 0,7 Prozent bei 15,00 Euro.

Gute Nachrichten gab es vom Autobauer BMW. Die Münchener haben nach eigenen Angaben im April erneut deutlich mehr Fahrzeuge verkauft als im Vormonat. Das Plus habe 24,7 Prozent betragen auf 94.827 abgesetzte Fahrzeuge weltweit, hieß es. "Das Wachstum basiert auf den Erfolgen auf allen wichtigen Märkten weltweit ", sagte BMW-Vertriebschef Michael Ganal. Der neue Mini habe sich als Premiummarke etabliert und sei erfolgreich in den USA gestartet. Für die Anleger waren das ganz klare Kaufargumente - das Papier von BMW verteuerte sich um 2,6 Prozent auf 47,04 Euro.

Nach vorläufigen Zahlen des Wiesbadener Statistischen Bundesamts zur Handels- und Leistungsbilanz sind die deutschen Ausfuhren im März mit 54,7 Milliarden Euro gegenüber dem entsprechenden Vorjahresmonat um 2,1 Prozent gesunken. Die Einfuhren waren um neun Prozent niedriger und beliefen sich auf 42,2 Milliarden Euro.

Die Außenhandelsbilanz weist für März 2002 einen Überschuss von 12,4 Milliarden Euro aus, vor einem Jahr betrug das Plus 9,5 Milliarden Euro. Die Leistungsbilanz insgesamt zeigt einen Überschuss von 7,5 Milliarden Euro, im März 2001 war der Aktivsaldo mit 3,5 Milliarden Euro deutlich geringer.

Insgesamt geht es ruhig zu auf dem Frankfurter Parkett. Einen Tag nach Himmelfahrt haben die meisten Anleger nämlich Urlaub. Und sind deshalb nicht auf dem Frankfurter Parkett anzutreffen. Auch von zu Hause aus per Computer beteiligen sich offenbar nur ganz wenige Anleger an dem Börsengeschehen. Und so bleiben die Umsätze sehr niedrig.

Trotzdem beschäftigt die Investoren natürlich die Frage, in welche Richtung sich die Kurse künftig bewegen werden. Die von den guten Cisco-Zahlen ausgelöste Rally am Mittwoch - war sie eine Eintagsfliege oder geht die "Reise nach Norden" weiter?

Technisch orientierte Marktbeobachter sehen gute Chancen für weitere Kursgewinne. "Die technische Ausgangslage war lange nicht mehr so günstig für eine ausgedehnte Gegenbewegung nach oben - und das gilt für praktisch alle Märkte und Marktsegmente ", so ein optimistischer Händler.

Quelle: ntv.de

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