Devisen - Ausblick Totgesagte leben länger
01.05.2010, 12:00 Uhr
(Foto: REUTERS)
Der Euro musste in den vergangenen Tagen kräftig Prügel einstecken. Doch in der kommenden Woche könnte sich die geschundene Währung erholen.
Wie sehr die Finanzkrise die Urteilsfähigkeit vor allem der breiten Öffentlichkeit erschüttert hat, zeigt der Blick auf die den beiden wichtigsten Währungen der Welt zuletzt entgegengebrachte Wertschätzung. Waren wir vor nicht allzu langer Zeit noch der Auffassung, dass der Dollar angesichts der geld- und fiskalpolitischen Exzesse in den USA bestenfalls noch als "Hygienepapier" taugt, wollten wir nur kurze Zeit später den Euro vor dem Hintergrund der Krise um die griechischen Refinanzierungsprobleme lieber heute als morgen wieder im Orkus verschwinden lassen.
In der kommenden Woche könnte angesichts der nach der Lehman-Pleite wetterwendischen Verfassung nun die Auferstehung des Euro auf der Tagesordnung stehen. Denn in den zurückliegenden Tagen ist es den Chefs von Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) offensichtlich gelungen, der deutschen politischen Klasse zu verdeutlichen, welche Folgen ihr Widerstand gegen schnelle Finanzhilfen für die Hellenen haben kann. Nämlich neue Nahrung für eine massive, fundamental nicht gerechtfertigte Spekulation gegen den Euro.
Erstaunliche Robustheit
Diese Einschätzung stützt auch die Wechselkursentwicklung des Euro zum Dollar während der Krise. Ja, der Euro hat korrigiert, notierte aber immer weit oberhalb jenes Niveaus um 1,22 US-Dollar, das Volkswirte als fairen Außenwert betrachten. Eine Währung kurz vor dem Exitus würde sich anders entwickeln. Noch dazu hatte nicht nur die Öffentliche Meinung den Euro belastet, sondern auch die Verstöße von EZB und Euromitgliedern gegen so gut wie alle zuvor selbst gesetzten Regeln. Dies macht seine Robustheit noch erstaunlicher.
Nachdem nun EZB-Präsident Jean-Claude Trichet und IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn die deutsche politische Klasse überzeugt hatten, konnte EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Olli Rehn verkünden, dass die Verhandlungen zwischen der griechischen Regierung, der EU und dem IWF in den kommenden Tagen abgeschlossen sein werden. Das Ergebnis werde ein mehrjähriges Programm sein. "Man beachte: Kein Konjunktiv, keine Einschränkung der Art 'wenn Griechenland zustimmt'", sagt Ulrich Leuchtmann, Chef des Devisen-Researchs bei Commerzbank Corporates & Markets. Er erwartet spätestens am Wochenende die Erklärung, dass die Verhandlungen erfolgreich abgeschlossen sind. Schließlich wolle der Bundestag schon am Montag darüber beraten.
"Das Volumen des Gesamtpakets dürfte dabei nach oben überraschen", prognostiziert Leuchtmann. Dem IWF sei klar, dass er die Wirkung am Markt damit maximieren kann. Und genau darauf komme es an, innerhalb von wenigen Quartalen den Markt davon zu überzeugen, dass Griechenlands Haushaltssituation wieder nachhaltig finanzierbar ist. Auch eine mehrjährige Laufzeit des Programms dürfte ihre Wirkung nicht verfehlen. Denn da es den Hellenen nicht möglich ist, ihre Probleme über eine Abwertung der Währung in den Griff zu bekommen, bleibt nur der Weg über strukturelle Reformen. Und die sind nun einmal schwer durchzusetzen und langwierig.
Zahlreiche Konjunkturdaten
Die Agenda der Konjunkturdaten, den außerhalb von Ausnahmezuständen wichtigsten Treibern der Wechselkurse, ist in der kommenden Woche sowohl dies- als auch jenseits des Atlantiks dünn bestückt. Die wenigen avisierten makroökonomischen Kennziffern kommen dafür aus der allerersten Reihe. Unter dem Strich könnten sie die erwartete Erholung des Euro sogar noch unterstützen, denn Volkswirte rechnen nicht damit, dass Konjunkturdaten aus den USA für Begeisterungsstürme sorgen werden.
Den Auftakt macht am Montag der ISM-Index für das Verarbeitende Gewerbe in den USA. Ökonomen gilt er als wichtigster Frühindikator für die Entwicklung der US-Volkswirtschaft. Christoph Balz, Volkswirt bei Commerzbank Corporates & Markets, erwartet für April einen Rückgang des Index auf 59,0 von 59,6 Punkten im Vormonat. Dieser Stand impliziert zwar immer noch ein Wachstum von knapp 6 Prozent. "Aber es gibt Anzeichen, dass in der Industrie die Dynamik bald nachlassen wird", mahnt Balz. So habe sich die Differenz der Auftrags- und Lagerkomponente zuletzt verringert. "Wenn die Aufträge nicht mehr so boomen und gleichzeitig die Lagerbestände zunehmen, wird die Produktion bald leiden. Früher kündigte eine Wende bei dieser Differenz daher zumeist ein Drehen des Gesamtindex an", argumentiert der Ökonom.
Am Donnerstag dürfte dann die Zinsentscheidung der EZB im Fokus des Interesses der Devisenmärkte stehen. Auch bei ihrem auswärtigen Treffen, das dieses Mal in Lissabon stattfindet, werden die Währungshüter den Hauptrefinanzierungssatz von 0,25 Prozent wohl abermals bestätigen. Da die Euronotenbank auch bereits über die Ausstiegsmaßnahmen aus ihrer unkonventionellen Geldpolitik bis Mitte Oktober entschieden hat, wird EZB-Chef Trichet im Rahmen der traditionellen Pressekonferenz im Anschluss an die Zinsentscheidung bemüht sein, die Märkte hinsichtlich der Zukunft des Gemeinsamen Europäischen Währungsgebiets zu beruhigen. Und hier gibt es nach den als Kommunikationsdesaster aufgefassten Äußerungen des Franzosen während der vorangegangenen Pressekonferenz veritablen Nachholbedarf.
Zum Wochenausklang steht dann der US-Arbeitsmarktbericht für April auf dem Programm. Christoph Balz von Commerzbank Corporates & Markets erwartet, dass die Zahl der Beschäftigten außerhalb der Landwirtschaft um 115.000 gegenüber dem Vormonat gestiegen ist. Noch massiver als im März dürfte die Beschäftigungssituation jedoch von dem Sondereffekt profitiert haben, der sich aus den Einstellungen der Regierung für die Volkszählung in den USA ergeben hat. "Den zugrundeliegenden Trend bildet die Zahl der in der Privatwirtschaft Beschäftigten besser ab. Das hier zu erwartende Plus von rund 100.000 Jobs dürfte an der Diagnose nichts ändern, dass die Richtung am US-Arbeitsmarkt zwar stimmt, das Tempo allerdings nicht", so der Volkswirt.
Quelle: ntv.de, DJ