Marktberichte

Eine Aktie für alle VW pusht Dax

Allein der Hausse bei VW-Aktien war es am Montag geschuldet, dass der deutsche Leitindex den Weg ins Plus fand. Der Wert der Aktien zog am Nachmittag in der Spitze um über 200 Prozent an auf 634 Euro. Hintergrund des Kursfeuerwerks war die Ankündigung von Details zur Machtübernahme bei Volkswagen. Die Volkswagen-Titel waren bereits in den vergangenen Monaten wegen Spekulationsgeschäften heftigen Kursausschlägen ausgesetzt.

Der Dax drehte nach einer regelrechten VW-Rally gegen Handelsschluss mit 1,5 Prozent ins Plus. Zuletzt notierte er noch 0,9 Prozent höher bei 4.334 Punkten. Ohne das Kursplus von VW hätte es ein wahres Desaster gegeben, Händler errechneten ein Minus von acht Prozent - der Dax wäre also unter sein Jahrestief bei 4.014 Punkten gefallen. Die anderen 29 deutschen Standardtitel notierten nämlich tief im Minus mit Verlusten von teils über zehn Prozent. Kapitalabflüsse bei Fonds und das "Einpreisen" einer sich abzeichnenden weltweiten Rezession haben den Aktienmarkt mittlerweile fest im Würgegriff.

VW-Kursexplosion

Doch dies wurde alles beiseite gewischt durch die Kursexplosion bei Volkswagen, die die letzte Handelsstunde zum wahren Krimi werden ließ. Am Nachmittag lag der Kurs bei 100 Prozent Plus bei 422 Euro. Schon dieser Anstieg war kaum mehr nachvollziehbar. Danach ging es aber binnen kürzester Zeit noch einmal um weitere 100 Prozent aufwärts. Händler sprachen von einer "Kauf-Panik". Die allgemeine Erklärung lautet, dass zahlreiche Anleger offenbar nach den Kursverlusten der Vorwoche auf eine Fortsetzung dieses Trends spekuliert und sich damit "verzockt" haben. "Da sind einige ins offene Messer gerannt", sagte ein Börsianer. Die Anleger mussten nun ihre spekulativen Leerverkaufspositionen schließen, mit denen sie auf fallende Kurse gesetzt hatte. Da es offensichtlich mehr Leerverkaufspositionen gab, als VW-Aktien im Freefloat, mussten die Leerverkäufer "jeden Preis akzeptieren". "Das war wie die Reise nach Jerusalem - der letzte ging leer aus", hieß es.

Auslöser der Kaufpanik war eine Mitteilung von Porsche, dass sie nunmehr direkt und über Optionen 74,1 Prozent an VW halte. Bei Niedersachsen liegen weitere 20 Prozent. Zudem würden noch Aktien bei Pensionsfonds und den Dax-nachbildenden Anleger (Index-Tracker) liegen, erklären Börsianer. Per Saldo seien daher wohl höchstens drei Prozent der VW-Aktien noch handelbar. "Wer in dieser Aktie noch engagiert war und gegen Porsche spekuliert hat, der hat es eigentlich nicht besser verdient", sagte ein weiterer Marktteilnehmer. Porsche-Aktien gaben gut neun Prozent auf 41,85 Euro nach.

Auch alle anderen Automobilwerte schlossen tief im Minus, wie etwa Daimler mit minus 9,2 Prozent bei 20,36 Euro und BMW mit 5,9 Prozent bei 17,19 Euro. Daimler will nach Informationen der "Frankfurter Allgemeinem Sonntagszeitung" wegen des drastischen Einbruchs der Nachfrage für fünf Wochen die Produktion einstellen. Die Zeitung beruft sich auf einen Konzernsprecher. Das Unternehmen wollte die Zwangspause, die laut Zeitung Mitte Dezember beginnen soll, auf Nachfrage am Sonntag aber nicht kommentieren. Zuvor hatte bereits Opel seine Produktion gedrosselt. Auch BMW will wegen der schwindenden Nachfrage weniger Fahrzeuge bauen. Ebenso fahren die Volkswagen-Töchter Seat und Skoda ihre Produktion zurück. Ein anderer Börsianer sprach mit Blick auf den fünfwöchigen Stillstand von einer "ziemlich harten Maßnahme".

Zinssenkungsfantasien

Ein wenig Unterstützung gab neben dem Höhenflug der Volkswagen-Titel auch die Aussicht auf eine baldige Zinssenkung. EZB-Chef Jean-Claude Trichet hat die Möglichkeit durchblicken lassen, dass die Europäische Zentralbank die Zinsen in der kommenden Woche senken wird. Das entspricht den Hoffnungen und Erwartungen am Markt. Volkswirten zufolge ist eine Zinssenkungen dringend notwendig. Sie rechnen mit einem Schritt von 50 Basispunkten.

"Derzeit wird jedem tagtäglich knallhart vor Augen geführt, in welchem Teufelskreis wir uns befinden", sagte ein Aktienhändler. "Wegen der trüben Konjunkturaussichten fahren die Unternehmen Investitionen zurück und streichen Stellen. Gleichzeitig halten sich die Verbraucher mit Ausgaben zurück und verringern dadurch die Nachfrage, was wiederum neue Sparrunden bei den Unternehmen nach sich zieht."

Von Panikverkäufen am Markt wollte ein Marktteilnehmer trotz der anhaltenden Baisse nicht sprechen. Seiner Ansicht nach handelt es sich bei den Kursabschlägen um "einen geordneten Rückzug" institutioneller Anleger aus dem Aktienmarkt.

"Finanzmärkte entwaffnen!"

Für Aufregung auf dem Parkett sorgten - abgesehen von VW - Mitglieder der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation "attac", die eine Neuordnung der Finanzmarktes forderten. Mitglieder der Organisation entrollten über der Dax-Anzeigetafel ein Banner mit der Aufschrift "Finanzmärkte entwaffnen! Mensch und Umwelt vor Shareholder Value!". Die Aktion dauerte aber nur einige Minuten und beeinträchtigte den Handel nicht.

Wenig beeindruckt zeigte sich der Markt auch vom jüngsten Ifo-Geschäftsklimaindex. Zwar wurden die Prognosen leicht unterschritten. Andererseits erfolgte die Umfrage auch auf dem Höhepunkt der Finanzmarktkrise. Die Unsicherheit war deshalb entsprechend hoch.

Eine Analystin von Commerzbank Corporates and Markets - Technical Index Research (CBCM) - verwies darauf, dass sich alle bisherigen Stabilisierungen als "trendbestätigend" erwiesen haben, die Baisse sich also letztendlich fortgesetzt habe. Der Markt liege im klassischen Zweikampf zwischen schwächeren Gewinnaussichten und Zinssenkungsfantasie.

Bei Banken nichts Neues

Bei den Bankentiteln verwiesen Händler auf neuerliche Turbulenzen bei den Aktien aus dem Sektor am Morgen an der Börse in Tokio, nachdem sich Anleger um Milliardenabschreibungen der großen Häuser wie Mitsubishi UFJ Financial Group wegen des sinkenden Wertes ihrer Aktienportfolios sorgten. Sorgen um weiteren Kapitalbedarf der American International Group (AIG), über den seit Tagen geredet wird, überraschten den Markt unterdessen nicht mehr. Commerzbank notierten 17,5 Prozent leichter.

Deutsche Bank
verbilligten sich um 15,1 Prozent. Die Deutsche Bank muss für ihren Einstieg bei der Postbank tiefer in die Tasche greifen. Zu den vereinbarten 2,8 Mrd. Euro kommen nach der Postbank-Kapitalerhöhung 300 Mio. Euro hinzu. Denn das Institut hat sich verpflichtet, nach dem Kauf einer knapp 30-prozentigen Postbank-Beteiligung im ersten Quartal 2009 auch die Kapitalerhöhung anteilig mitzutragen. Diese hat ein Volumen von einer Mrd. Euro und wird zunächst vom Mehrheitseigner Deutsche Post garantiert.

Deutsche Post
verloren nach einer Gewinnwarnung 17,3 Prozent. Die Konzernführung rechnet jetzt wegen der Verschlechterung des gesamtwirtschaftlichen Umfeldes nur noch mit einem Ebit vor Einmaleffekten von rund 2,4 Mrd. Euro. Das sind etwa 10,0 Prozent weniger als 2007 und 17,0 Prozent weniger als bisher prognostiziert. Außerdem hat die Post angekündigt, die Kapitalerhöhung der Tochter Postbank mittragen zu wollen. Maximal 1,0 Mrd. Euro will die Post dafür ausgeben.

Die Postbank hat die geplante Kapitalerhöhung im Rahmen der Veröffentlichung der Zahlen für das dritte Quartal bekannt gegeben. Im Berichtszeitraum ist die Bank vom Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers deutlich ins Minus gedrückt worden. Der Konzernverlust betrug 349 Mio. Euro, nachdem ein Jahr zuvor noch ein Überschuss von 406 Mio. Euro erzielt worden war. Für das vierte Quartal rechnet die Postbank mit weiteren finanziellen Belastungen. Die Dividende für 2008 wurde gestrichen. Postbank rutschten daraufhin 24,0 Prozent ab.

Übernahmegerüchte

Gerüchte um eine angeblich geplante Übernahme eines US-Konkurrenten drückten auch ThyssenKrupp. Hier ging es allerdings nur um vergleichsweise moderate 7,6 Prozent nach unten. Es wird spekuliert, dass ThyssenKrupp möglicherweise für AK Steel bieten will, berichteten Börsianer. ThyssenKrupp war zunächst nicht zu einer Stellungnahme bereit. Die Titel notierten am Nachmittag 5,5 Prozent niedriger.

Merck präzisierte nach einem Umsatz- und Gewinnanstieg im dritten Quartal wegen anhaltender Währungsbelastungen seinen Ausblick für 2008. Trotz der gegenwärtigen weltweiten Turbulenzen an den Finanzmärkten erwartet der Konzern weiterhin solides Wachstum. Die Zahlen lagen nach Einschätzung eines Händlers im Rahmen der Erwartungen. Der Kurs rutschte um 7,9 Prozent.

Nach der Bilanzvorlage wurde die Kontron-Aktie von Händlern positiv gesehen. Ein Börsianer sagte: "Umsatz und Ebit waren wie erwartet, der Überschuss hat leicht positiv überrascht - viele haben aber mit einer Gewinnwarnung gerechnet und somit sollte die Bilanz sehr positiv aufgenommen werden." Der Ausblick sei trotz steigender Unsicherheit bekräftigt worden. Die Papiere zogen entsprechend 2,4 Prozent an.

Quelle: ntv.de

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