Marktberichte

Devisen-Vorschau Weitere Euro-Baustellen

Der Euro hat seine Talfahrt zum Dollar in der zurückliegenden Woche unterbrochen. Ausgelöst wurden die Wechselkursgewinne allerdings lediglich durch Gewinnmitnahmen und technische Gegenbewegungen. Fundamental hat sich an der prekären Lage der Gemeinschaftswährung hingegen nichts geändert.

Der Euro ist noch nicht aus dem Gröbsten raus.

Der Euro ist noch nicht aus dem Gröbsten raus.

(Foto: dpa)

Der Euro wertete um 1,4 Prozent zum Greenback auf. Devisenanalysten sehen aber keinen rechten Grund, warum sich die Waagschalen der beiden wichtigsten Währungen der Welt in naher Zukunft wieder zu Gunsten des Euro neigen sollten.

So hält etwa Ulrich Leuchtmann, Chef des Währungs-Researchs bei Commerzbank Corporates & Markets, die Informationspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) zu ihren Käufen von Staatsanleihen aus dem Euroraum mittlerweile für eine Belastung. Auch im Rahmen der Pressekonferenz im Anschluss an die geldpolitische Entscheidung am Donnerstag dieser Woche ließ EZB-Präsident Jean-Claude Trichet die Märkte weiter über Dauer und Volumen des Erwerbs im Unklaren. Auch welche Bonds die Notenbank kauft, erläuterte der Franzose nicht.

"Da die Notenbank offensichtlich davon ausging, dass die Ankündigung ihres Kaufprogramms die Stimmung am Markt schnell heben und damit die Renditen schnell drücken würde, wollte sie mit der Intransparenz die Kurse möglichst vieler Papiere positiv beeinflussen", glaubt Leuchtmann. Die Intransparenz habe zudem einen weiteren Vorteil: Sänken ohne direkt ersichtliche Käufe der EZB in einem Land die Renditen, bestehe die Hoffnung, dass die Markteilnehmer dies auf eine allgemeine Stimmungsaufhellung zurückführten und sich letztlich anschlössen.

"Allerdings haben die vergangenen Wochen gezeigt, dass sich die Hoffnungen der Notenbank nicht erfüllt haben", kritisiert Leuchtmann. So seien die Renditen respektive die Spreads der Credit Default Swaps seit Beginn der Käufe am 10. Mai in den höher verschuldeten Ländern des gemeinsamen Währungsgebiets kaum nachhaltig gefallen und eine umfassende Stimmungsaufhellung unter den Investoren sei nicht zu beobachten.

"Damit wird die zurückhaltende Informationspolitik der EZB zunehmend zur Belastung, denn in Zeiten, in denen die Marktteilnehmer durch Krisen verunsichert sind, ist eine transparente und glaubwürdige Notenbankpolitik unerlässlich." Mit ihrer Zurückhaltung laufe die Notenbank letztlich Gefahr, den Eindruck zu erwecken, dass ihr eine glaubwürdige Strategie fehle, auch eine Exit-Strategie aus dem Erwerbsprogramm.

Abgesehen von dieser jüngsten Baustelle wird der Euro von den bereits seit längerer Zeit etablierten Problemen weiter belastet. So gibt es mittlerweile zwar eine ganze Reihe von Ideen für eine europäische Wirtschaftsregierung zur Verhinderung von ausufernden Haushaltsdefiziten - eine praktikable Lösung liegt allerdings nicht auf dem Tisch. Darüber hinaus könnte der faktisch wieder erstarrte Interbankenmarkt für Euroliquidität ein Anzeichen für neuerliches Ungemach in den Bilanzen der Kreditinstitute.

Für etwas Stabilität könnte allerdings sorgen, dass die Gemeinschaftswährung nach den vorangegangenen Wechselkursverlusten nunmehr auf einem zum Dollar "fairen Wert" angekommen ist. Lutz Karpowitz von Commerzbank Corporates & Markets sieht dieses Niveau im Bereich von 1,15 US-Dollar bis 1,20 US-Dollar. "Allerdings hat die Vergangenheit auch gelehrt, dass man die Gravitationskraft des 'fairen Werts' auch nicht überschätzen sollte", sagt er.

Die Impulse von der Konjunkturseite für den Devisenmarkt dürften in der kommenden Woche eher schwach ausfallen. Am Dienstag steht aus Deutschland der ZEW-Index für Juni auf dem Programm. Er gilt manchen Volkswirten als Vorläufer für den als wichtiger erachteten ifo-Geschäftsklimaindex. Auch aus den USA steht mit dem Empire-State-Index der erste regionale Frühindikator für Juni zur Veröffentlichung an.

Zur Wochenmitte wird die Produktion der US-Industrie im Mai erwartet. Ökonomen rechnen damit, dass sich der Aufwärtstrend der zurückliegenden Monate fortgesetzt hat. Hingegen dürften die Baubeginne und Baugenehmigungen im vergangenen Monat zeigen, dass der Immobilienmarkt weiter das Sorgenkind der US-Wirtschaft ist.

Am Freitag steht mit dem Philly-Fed-Index dann der zweite regionale Frühindikator für Juni zur Veröffentlichung an, darüber hinaus werden die US-Verbraucherpreise für Mai erwartet.

Quelle: ntv.de, Jörg E. Jäger, Dow Jones Newswires

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