Marktberichte

Inside Wall Street Yahoo-Chef unter Feuer

Die Börsenkolumne aus New York, von Lars Halter

Eric Jackson hat einen Traum. Oder zumindest einen Plan, den er "Plan B" nennt und der besser sein soll, als was auch immer derzeit dem Management von Yahoo zugrunde liegt. Bei der Aktionärsversammlung am Dienstag tritt Jackson für eine Restrukturierung bei dem lahmenden Internetriesen ein, für die Entmachtung von CEO Terry Semel und, wer weiß, ein wenig vielleicht für einen Sitz im Vorstand. Doch das wäre dann wieder mehr Traum als Plan.

Denn in das „Board der Onlinefirma wird man Jackson wohl kaum berufen. Auch sonst dürften nicht viele Außenstehende als Vertreter der Aktionäre offiziell zu Amt und Würden kommen. Das ist schlicht und einfach nicht üblich, auch wenn es in Einzelfällen schon geklappt hat.

Als Teilerfolg würde Jackson aber schon feiern, wenn am Dienstag der Abschied von Terry Semel vorbereitet wird. Der steht seit 2001 an der Unternehmensspitze und ist dort nicht besonders erfolgreich. Die Konkurrenz rast Yahoo davon. In allen direkten Vergleichen sind die anderen besser, vor allem Google. So hat Yahoo im Suchmaschinenbereich einen Marktanteil von 22 Prozent, Google kommt auf 55 Prozent. Yahoos Wachstum im vergangenen Jahr betrug 28 Prozent, deutlich weniger als die 42 Prozent bei Google.

Die wichtigste Statistik für Anleger ist jedoch der Aktienkurs. Da hat Yahoo auf Sicht von zwölf Monaten 10 Prozent verloren, während Google auf ein Plus von 30 Prozent blickt.

Dass CEO Terry Semel für eine derart schwache Performance ein Jahresgehalt von mehr als 100 Mio. Dollar samt Optionen kassiert, stößt auf Protest bei den Anteilseignern. Viele darunter Eric Jackson haben sich bei Youtube und in Blogs bereits vor der Versammlung am Dienstag abgesprochen und Eingaben vorbereitet. Andere vertrauen einfach auf die Macht, die mit ihrem Ruf kommt, darunter vor allem die großen Beraterfirmen, die Semels Gehalt ebenso kritisieren wie die Aktivisten unter den Anlegern.

Nun soll Semel gehen. Manche möchten ihn durch Finanzchefin Susan Decker ersetzen, andere hoffen aus frischen Wind von außen. Der ist bitter nötig, zumal in den letzten Monaten unter Semels unglücklichem Zepter 17 Top-Manager das Weite gesucht haben und Yahoo unter einem dramatischen „Brain-Drain leidet.

Die, die geblieben sind, kämpfen täglich gegen ein Betriebsklima, in dem kaum Fortschritt möglich scheint. In einem Memo, das vor einem halben Jahr an die Presse kam, kritisiert ein Vizepräsident, Yahoo habe sich zu breit verteilt und habe in keinem Bereich mehr eine tiefgreifende Kompetenz oder Marktposition. Prozesse seien außerdem zu bürokratisch geworden, man brauche dringend eine Reform.

Die scheint nicht voranzukommen, solange Terry Semel die Zügel in der Hand hält. Aktionäre schauen am Dienstag auf die Yahoo-Konferenz und hoffen auf Signale aus dem Management, die über den internen Reformwillen Aufschluss geben. In den nächsten Tagen wird sich zeigen, ob Anleger nur auf wirklich radikale Schritte reagieren, oder ob sie sich zumindest für einige Zeit auch mit weniger drastischen Maßnahman abfinden können, die den Shareholder Value erhöhen würden. Unter den weniger umstrittenen Vorlagen am Dienstag sind eine Beschleunigung eines ohnehin bereits angekündigten Aktienrückkaufs und die Zahlung einer Dividende.

Quelle: ntv.de

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