Dax-Vorschau Zentralbanken geben Richtung vor
30.10.2010, 10:44 UhrVier Zentralbanksitzungen, Kongresswahlen in den USA, wichtige Konjunkturdaten aus den beiden weltgrößten Volkswirtschaften und jede Menge Quartalsbilanzen - die neue Börsenwoche verspricht Spannung.
Aktienstrategen sind sich uneins - stellt die Datenflut der kommenden Woche die Weichen für einen Aufschwung bis Jahresende, oder gehen die Kurse wieder in den Keller? Während einige Experten Aufwärtspotenzial sehen, weil eine Rezession an Wahrscheinlichkeit verliert, halten es andere Marktstrategen für möglich, dass die Anleger ihre Gewinne aus der Oktober-Rally einstreichen.
In der zu Ende gehenden Woche hatte der Dax zwar zwischenzeitlich ein neues Jahreshoch geschafft. Auf Wochensicht hat er sich allerdings nur wenig nach oben bewegt.
Blick in die USA
Erster Höhepunkt der Woche sind die US-Kongresswahlen am Dienstag. Entschieden wird über die Zusammensetzung des Repräsentantenhauses und ein Drittel des Senats. Dabei gilt es als wahrscheinlich, dass die Demokraten im Repräsentantenhaus ihre Mehrheit verlieren. Wer die Macht im Senat übernehmen wird, gilt als offen. Für Präsident Barack Obama wird es damit wohl noch schwerer, Vorhaben umzusetzen.
Nur einen Tag nach den Wahlen wird die US-Notenbank Fed wohl ankündigen, dass sie wieder die Notenpresse anwirft und weitere Staatsanleihen kauft. Alles andere wäre eine Überraschung und würde den Markt kräftig durchschütteln. Wie sehr die Notenbanksitzung den Markt bereits prägt, hat in der vergangenen Woche ein Bericht des "Wall Street Journal" gezeigt. Statt der kursierenden Summen von einer Billion oder sogar zwei Billionen Dollar könnte die Federal Reserve demnach erst einmal nur mehrere hundert Milliarden Dollar für den Ankauf von US-Anleihen aufwenden. Dieses Szenario hatte den Dax vorübergehend bis auf 6553 Punkte gedrückt, also knapp 2 Prozent unter den am Montag erreichten Jahreshöchststand.
Bei einem internationalen Broker-Haus heißt es nun, der Markt billige diesem als eher enttäuschend bewerteten Szenario eine Wahrscheinlichkeit von etwa 50 Prozent zu. Sollte es eintreten, dann könnte der Dax noch einmal knapp zwei Prozent unter das Tief dieser Woche fallen, also Richtung 6430 Punkte. Knapp darunter, am ehemaligen Jahreshoch bei 6390 Zählern, sehen auch technische Analysten eine sehr starke Unterstützung.
Die US-Notenbank tagt am Dienstag und Mittwoch, und am Dienstag finden die Kongresswahlen statt. Vielleicht wird die Notenbank auch bei dem oben beschriebenen Szenario die verbale Tür zu einem Ausweiten des Ankaufprogramms so weit geöffnet lassen, dass eine weitere Konsolidierung an den Aktienmärkten ausbleibt.
Nach den Kongresswahlen gelten Konjunkturimpulse über die Fiskalpolitik als nahezu ausgeschlossen. Denn ein Wahlsieg der Republikaner gilt als nahezu sicher, und diese haben sich klar gegen Konjunkturpakete ausgesprochen. Damit wird die Geldpolitik für die US-Konjunktur noch wichtiger werden. Sie muss sich auf den Kampf gegen deflationäre Tendenzen konzentrieren, um einen Rückfall in die Rezession zu vermeiden. Daneben sichert das Quantitative Easing, also der Anleihenrückkauf, über niedrige Zinsen die Finanzierbarkeit der Staatsschulden.
Woche der Notenbanken
Die Bank of England dürfte am Donnerstag, da sich die Wirtschaft zuletzt berappelt hat und die Preise gestiegen sind, nach Meinung der Unicredit still halten und abwarten. Andere Signale werden von der Europäischen Zentralbank erhofft. Dort mehren sich die Stimmen, die sich einen Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik wünschen.
Zum Wochenschluss tagt dann auch die Bank of Japan (BoJ). "Die BoJ wird versuchen, die negativen Auswirkungen einer weiter gelockerten US-Geldpolitik abzufedern", meint der Chefökonom von Dai-ichi Life Research, Hideo Kumano. Das könnte sie mit neuen Devisenmarktinterventionen tun oder aber noch mehr Geld in die Wirtschaft pumpen.
Neben den Zentralbanken sind Konjunkturdaten im Blick der Geldanleger - neben dem US-Arbeitsmarktbericht vor allem die Einkaufsmanagerindizes aus den USA und China. "Je stärker die Industriestaaten zur Schwäche neigen, desto stärker liegen die Wachstumshoffnungen auf den Schwellenländern", so ein Börsianer.
Am Montag und Mittwoch werden die ISM-Indizes veröffentlicht, am Montag die Bauausgaben. Wegen der Zeitumstellung kommen US-Daten eine Stunde früher als gewohnt an die europäischen Märkte. In Deutschland werden am Montag neue Daten zum Auftragseingang der Maschinen- und Anlagenbauer bekannt gegeben, am Dienstag könnten der Einkaufsmanagerindex und Daten zum Automarkt für Impulse sorgen.
Flut von Quartalszahlen
Direkten Aufschluss über die Lage der Wirtschaft werden Quartalszahlen der Unternehmen liefern. Allein acht Dax-Firmen informieren über ihre Geschäftsentwicklung. Spannend wird unter anderem, ob BMW seine bisher recht wolkige Prognose konkreter fasst. Immerhin hat Rivale Daimler schon zum dritten Mal in diesem Jahr die Erwartungen nach oben geschraubt. Und nachdem einige große europäische Telekomkonzerne bereits gute Resultate vorgelegt haben, dürfte auch die Telekom nicht enttäuschen. Das Industriegasegeschäft von Linde dürfte klar vom hiesigen Konjunkturaufschwung profitiert haben, von daher werden starke Quartalszahlen erwartet.
Am kommenden Dienstag veröffentlichen Linde, Metro, Fresenius und ihre Tochter FMC die Quartalszahlen, am Mittwoch berichten BMW, Continental, Tognum und Pfeiffer Vacuum, und am Donnerstag folgen adidas, Deutsche Telekom, Beiersdorf, HeidelbergCement, Fraport, Rhön-Klinikum, Wacker Chemie und Drägerwerk.
Der Dax ist einer der wenigen wichtigen Leitindizes, der bereits neue Jahreshochs erreicht hat. Julius Bär meint, der Dax könnte auf Sicht von sechs bis neun Monaten besser abschneiden als die meisten anderen Börsen. Das Haus verweist auf die Leitzinsen der Europäischen Zentralbank, die für die deutsche Konjunktur etwa 100 Basispunkte zu niedrig seien, wegen der Probleme unter anderem in Irland, Griechenland und Spanien aber nicht steigen könnten.
Die Landesbank Berlin hat ihre Dax-Prognose angehoben und meint, gute Konjunkturdaten sowie die Aussicht auf eine unverändert hohe Liquidität und auch die verbesserte charttechnische Situation sprächen für ein Überwinden der 7000er Marke in den kommenden Monaten.
Quelle: ntv.de, rts/DJ