Trotz Milliardenübernahmen Dow schließt ratlos im Plus
12.03.2012, 22:26 Uhr
"Es herrscht nun eine Art über-was-sprechen-wir-jetzt-Stimmung."
(Foto: REUTERS)
Mit unsicheren Kursbewegungen endet an den New Yorker Börsen ein impulsloser Handelstag: Schwache Konjunkturdaten aus China stören die Ruhe nach der Griechenland-Aufregung. Heimlich warten an der Wall Street alle auf die anstehenden Signale der US-Notenbank.
Die US-Börsen haben den ersten Handelstag der neuen Woche ohne klare Richtungsentschiedung beendet. Anleger hielten sich angesichts schwacher Wirtschaftsdaten aus China zurück. Zudem warteten Börsianer auf neue Informationen über die Geldmarktpolitik der US-Notenbank Federal Reserve (Fed). Der Offenmarktausschuss trifft sich am Dienstag. "Die Wall Street hat die Pause-Taste gedrückt", sagte Analyst Peter Kenny von Knight Capital. Auf das bisherige Jahr gesehen habe sich der Markt dank guter Unternehmenszahlen und Aufwärtstrends der US-Wirtschaft nach oben bewegt. "Das muss erst einmal verdaut werden."
Der Dow-Jones-Index der Standardwerte schloss 0,29 Prozent fester mit 12.959 Punkten. Bereits davor hatte der Leitindex drei Tage in Folge zugelegt. Der breiter gefasste S&P-500 stieg nach vier positiven Wochen in Folge um weitere 0,02 Prozent auf 1371,09 Punkte. Der Composite-Index der Technologiebörse Nasdaq verlor 0,16 Prozent auf 2983 Stellen. Der Auswahlindex Nasdaq 100 verabschiedete sich prozentual unverändert bei 2646,85 Punkten. In Frankfurt war der deutsche Leitindex Dax 0,3 Prozent höher knapp über der 6900er-Marke aus dem Handel gegangen.
"Heute war nicht sehr interessant, aber in der vergangenen Woche ist viel passiert. Es herrscht nun eine Art über-was-sprechen-wir-jetzt-Stimmung, nachdem der größte Teil des griechischen Kapitels geschlossen wurde," sagte Analyst Michael Shaoul von Marketfield Asset Management. "Ich hätte eine schärfere Korrektur erwartet, es besteht also ganz offensichtlich noch großes Kaufinteresse - Ich denke das ist ein Zeichen der Widerstandsfähigkeit", merkte unterdessen ein Analyst von Platinum Partners LLP an.
Nach überraschend positiven Daten vom US-Arbeitsmarkt am Freitag drückten die neuesten Daten zur chinesischen Wirtschaft auf die Stimmung. Die Handelsbilanz Chinas brach im Februar auf ein Soll von 31,5 Mrd. Dollar ein - das war das größte Handelsdefizit seit mindestens zehn Jahren. "Das hat erneut die Befürchtung geschürt, dass sich die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt abschwächen könnte", erklärten die Analysten von Barchart. Im Januar erwirtschaftete die Volksrepublik noch einen Überschuss von 27,3 Mrd. Dollar. Der schwache Export war die letzte Nachricht einer Welle enttäuschender Wirtschaftsdaten aus China.
Allerdings sei die Sorge eines verlangsamten gesamtwirtschaftlichen Wachstums nicht mehr so bedrohlich, merkte ein weiterer Marktbeobachter an. Er verwies auf die Daten vom US-Arbeitsmarkt, die inzwischen wieder besser ausfielen. Dass China eine weitere Lockerung seiner Geldpolitik für möglich halte, um seine Wirtschaft anzukurbeln, stütze seine Auffassung zusätzlich.
Zu den auffälligeren Verlieren zählten zu Wochenbeginn die Aktien der Großbanken: Am Markt gab es Spekulationen, die US-Notenbank spiele mit Blick auf die Wirtschaftsentwicklung aggressivere Abschwung-Szenarien durch als die Banken selbst. Das könnte einige Geldhäuser von einer Anhebung der Dividende oder dem Rückkauf eigener Aktien abhalten und manche Institute gar zu Kapitalerhöhungen zwingen, sagte Investment-Stratege Peter Jankovskis von Oakbrook Investments. Aktien von JPMorgan fielen 1,2 Prozent, Bank of America gaben 0,8 Prozent nach. Der S&P-Index für den Finanzsektor wich 0,3 Prozent zurück.
Bei den übrigen Einzelwerten standen einige Übernahmen im Blickpunkt: Der Medizingerätehersteller Zoll Medical soll für 2,2 Mrd. Dollar von der japanischen Asahi Kasei geschluckt werden. Zoll-Papiere kletterten um rund 24 Prozent.
Um sich den Zugriff auf Seltene Erden zu sichern, will Molycorp die kanadische Neo Material Technologies für 1,3 Mrd. Dollar kaufen. Molycorp-Aktien verloren 3,3 Prozent.
Der Zusammenschluss von zwei chinesischen Youtube-Rivalen sorgte ebenfalls für Aufmerksamkeit: Chinas größtes Online-Video-Unternehmen Youku übernimmt die Nummer zwei auf dem Markt, Tudou, für rund eine Milliarde Dollar per Aktientausch. Youku-Aktien kletterten 27 Prozent, Tudou-Anteilsscheine sprangen 157 Prozent in die Höhe.
Doch auch Griechenland blieb Thema an den Finanzmärkten: Nach dem historischen Schuldenschnitt berieten die Euro-Finanzminister zum Wochenauftakt in Brüssel über die endgültige Freigabe des zweiten Hilfspakets von 130 Mrd. Euro für das Euro-Mitglied. Die griechische Umschuldung war zuvor wie erwartet als "Kreditereignis" eingestuft worden. Dieses Ereignis werde die Risikoscheu von Investoren kurzfristig befeuern, meinte Alexander Aldinger von der Commerzbank.
Gesucht waren dementsprechend vor allem defensive Werte aus dem Versorgersektor und der Nahrungsmittelindustrie, während Energie- und Rohstoffwerte unter Druck standen. Unter den Einzelwerten zogen Pepsico um 1,3 Prozent auf 63,94 Dollar an. Der Snacks- und Getränkehersteller hat eine neue globale Struktur und ein gestärktes Managementteam vorgestellt. Der ehemalige Wal Mart-Vorstand Brian Cornell leitet künftig die Food-Sparte, während der bisherige Vorstand dieses Bereichs, John Compton, der Präsident des Unternehmens wird.
Die Aktien des Airbus-Rivalen Boeing gingen nach der Niederlage im Berufungsverfahren vor der Welthandelsorganisation WTO 0,4 Prozent fester aus dem Handel.
Die Aktien von Apple notierten zum Börsenschluss 1,25 Prozent höher bei 552,00 Dollar und markierten damit erneut ein Rekordhoch. Laut einem EU-Dokument soll das Unternehmen Ende vergangenen Jahres Gespräche mit Motorola Mobility geführt haben, um Patentstreitigkeiten zwischen beiden Unternehmen im Bereich Smartphones beizulegen. Die Motorola-Titel zeigten sich kaum bewegt.
Die rückläufige Preisentwicklung an den Ölmärkten hatte derweil keinen erkennbaren Einfluss auf die Branchentitel: Während sich ExxonMobil fest präsentierten, ging es für Chevron und ConocoPhillips nur moderat nach oben.
An der New York Stock Exchange wechselten zu Wochenbeginn 0,64 Mrd. Aktien den Besitzer. 1363 Werte legten zu, 1614 gaben nach und 104 blieben unverändert. An der Nasdaq schlossen bei Umsätzen von 1,34 Milliarden Aktien 1087 im Plus, 1431 im Minus und 108 unverändert. Der Euro stieg zuletzt auf 1,3153 Dollar. Zehnjährige US-Anleihen notierten prozentual unverändert bei 99 22/32 Punkten und rentierten mit 2,033 Prozent.
Wegen der Umstellung auf die Sommerzeit ertönte die Schlussglocke in New York nach mitteleuropäischer Zeit bereits um 21.00 Uhr.
Quelle: ntv.de, DJ/dpa/rts