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Alles auf dem Prüfstand Airbus im Umbruch

Mit der Rekordproduktion von bis zu 450 Flugzeugen und einem radikalen Konzernumbau will Airbus im laufenden Jahr die Basis für seine langfristige Wettbewerbsfähigkeit gegen den US-Rivalen Boeing legen. 2007 werde das Geburtsjahr "eines neuen Airbus", sagte Konzernchef Louis Gallois am Mittwoch in Paris. Die Gewerkschaften würden im Februar über die Umorganisation informiert. "Die Lasten werden ausgewogen auf alle Länder verteilt."

Im Boomjahr 2006 hatte der europäische Flugzeugbauer trotz der höchsten Produktion und des zweithöchsten Auftragseingangs seiner Geschichte seine Weltmarktführung klar an Boeing verloren. Die Produktionskrise beim Super-Airbus A380 für 555 Passagiere und die nötige Neukonzeption des Langstreckenflugzeugs A350 hätten zur Zurückhaltung von Kunden geführt, hieß es. So sank die Zahl der Verkäufe im Jahresvergleich netto von 1055 auf 790 Maschinen im Katalogwert von 75,1 Milliarden Dollar. Boeing konnte Aufträge für 1044 Flugzeuge hereinholen.

Mit einem Marktanteil von 43 Prozent (wertmäßig 40) "bleiben wir aber im Zielkorridor von 40 bis 60 Prozent", sagte Gallois. Ende 2006 hatte Airbus Aufträge für 2533 Flugzeuge in den Büchern, 17 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. "Der Auftragsbestand entspricht fünf Jahren Produktion und ist der höchste der Luftfahrtgeschichte", sagte Gallois.

"A380-Probleme waren großer Schock"

Trotz der Fertigungsprobleme beim A380 fuhr Airbus die Produktion von 378 auf 434 Flugzeuge weiter hoch. Damit blieben die Europäer klar vor Boeing, die ihre Fertigung von 290 auf 398 Flugzeuge steigerten. Von den 434 abgelieferten Airbussen entfielen allein 339 auf Mittelstreckenjets der auch in Hamburg gefertigten A320-Familie. Dazu kamen 95 Großflugzeuge der in Toulouse montierten Serien A300/A310 und A330/A340. In diesem Jahr solle die Produktion auf 440 bis 450 Maschinen steigen, sagte Gallois.

Probleme mit der Verkabelung des A380 hatten das Programm um zwei Jahre verzögert und die Erstauslieferung 2006 verhindert. "Die Probleme waren ein großer Schock für uns, die Märkte und unsere Kunden", sagte Gallois. Airbus liege bei der Aufholjagd aber im Plan. Die für Singapur Airlines geplante erste Maschine sei schon neu verkabelt worden und werde wie geplant im Oktober abgeliefert werden.

EADS erwartet ausgeglichenes Ebit

Die A380-Krise und Ausgleichszahlungen an die Kunden haben Airbus 2006 in die Verlustzone gedrückt. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Sonderposten (Ebit) werde wohl negativ ausfallen, sagte Gallois. Die Konzernmutter EADS erwartet wegen der Airbus-Probleme für 2006 nach neuen Angaben ein ausgeglichenes Ebit. Nach neun Monaten hatte es bei 1,4 Milliarden Euro gelegen. Alle anderen Sparten seien im Plan, hieß es bei EADS am Mittwoch. Konzernsprecher erklärten aber, daraus lasse sich kein Ebit-Verlust bei Airbus von mehr als zwei Milliarden Euro ableiten.

EADS- und Airbus-Finanzchef Hans-Peter Ring sagte, die 2006 verbuchten Mehrbelastungen seien zum kleineren Teil höheren Fertigungskosten und Zugeständnissen an Kunden zuzuschreiben. Das meiste entfalle auf vorgezogene Aufwendungen etwa für Power8. Mit dem Sanierungsprogramm will Airbus bis 2010 die Kosten um zwei Milliarden Euro drücken und kumuliert fünf Milliarden Euro Barmittel freimachen. Dabei sollen die Verwaltungskosten um 30 Prozent sinken und die Fertigung gestrafft und rationaler auf die Werke verteilt werden.

Keine komplette A320-Produktion in Hamburg

Mit der A350-Fertigung soll die Umorganisation (Power8) umgesetzt werden. "Wir müssen eine integrierte Gesellschaft werden", sagte Airbus-Geschäftsführer Fabrice Brgier. "Wir müssen die Kultur von Airbus ändern und die Wirklichkeit mit Mut angehen. " Das gelte auch für die "komplexe Frage, was wir outsourcen, was unsere Kerngeschäfte sind". Gallois erklärte dazu: "Wir säubern klar das Terrain und bereiten eine neue Airbus vor."

Gallois widersprach Berichten, denen zufolge die künftige Generation der A320-Familie ab 2013 komplett in Hamburg gebaut werden solle. Darüber sei nichts entschieden. "Im Februar werden wir über den Montageort des Airbus A350 entscheiden." Bisher wird der A320 in Toulouse gebaut, die davon abgeleiteten Modelle A318, A319 und A321 aber in Hamburg.

Hamburg kann nach Einschätzung von Bürgermeister Ole von Beust mit dem Verbleib der Montage für den Airbus A380 rechnen. Er habe nach einem Treffen mit Gallois in der vergangenen Woche keinerlei Zweifel an der Vertragstreue des Flugzeugbauers, sagte der CDU-Politiker am Mittwoch dem NDR. Insbesondere die Gewerkschaften fürchten bislang, dass Airbus im Zuge seiner Sparpläne die Produktion des Superjumbos komplett im französischen Toulouse zusammenziehen werde. Für Hamburg bliebe dann die Produktion der kleineren A320-Modelle.

Quelle: ntv.de

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