Chodorkowski-Prozess Anwälte kommen nicht zu Wort
04.03.2009, 18:00 UhrIm Moskauer Strafprozess gegen den seit über fünf Jahren inhaftierten früheren Öl-Magnaten Michail Chodorkowski ist ein Befangenheitsantrag der Anwälte gegen den Richter abgelehnt worden. Die Verteidigung des Kremlgegners hatte am zweiten Tag der nicht öffentlichen Voranhörung einen Austausch des jetzigen Richters Viktor Danilkin verlangt, meldete die Agentur Interfax. Danilkin habe der Verteidigung das Wort entzogen, obwohl diese noch nicht alle Argumente vorgebracht habe, begründeten die Anwälte von Chodorkowski (45) und seines ebenfalls angeklagten Ex-Geschäftspartners Platon Lebedew (52) ihren Protest.
Ein Anwalt der Verteidigung sagte, er rechne nach der noch laufenden Voranhörung mit einem "mindestens sechs Monate langen" Verfahren. Beobachter halten den Prozess für politisch motiviert. In Kommentaren schrieben russische Zeitungen auch von einem möglichen Machtkampf von Kreisen um Regierungschef Wladimir Putin und Präsident Dmitri Medwedew. Falls Chodorkowski erneut verurteilt werden sollte, wäre dies ein Rückschlag für Medwedews Streben nach mehr Rechtssicherheit in Russland, hieß es in den Kommentaren.
Noch 22 Jahre Haft?
Chodorkowski und Lebedew verbüßen seit 2005 eine achtjährige Haftstrafe wegen Steuerhinterziehung und Betrugs. Ihnen drohen nach Angaben Moskauer Medien daher im laufenden Verfahren maximal 22 weitere Jahre Haft, da ihre Gesamtstrafe 30 Jahre nicht überschreiten dürfe. Eine längere Haftdauer könne nur für Kapitalverbrechen mit Todesfolge verhängt werden, hieß es. Die ehemaligen Eigentümer des mittlerweile zerschlagenen Ölkonzerns Yukos sollen zwischen 1998 und 2003 Einnahmen von knapp 20 Mrd. Euro unterschlagen haben.
Unterdessen kann die ehemalige Yukos-Juristin Swetlana Bachmina weiter auf vorzeitige Entlassung hoffen. Ein Gericht der Teilrepublik Mordwinien verwies einen entsprechenden Antrag der 39- Jährigen an die Justiz in Moskau weiter. Die frühere Chodorkowski- Mitarbeiterin war 2006 wegen Unterschlagung zu sechseinhalb Jahren verurteilt worden. Auch dieses Verfahren galt als politisch motiviert. Für eine Freilassung der dreifachen Mutter spricht sich unter anderem der Friedensnobelpreisträger und frühere sowjetische Präsident Michail Gorbatschow aus.
Quelle: ntv.de