Meldungen

Insolvenzantrag eingereicht Arcandor ist am Ende

Arcandor ist pleite.

Arcandor ist pleite.

(Foto: Reuters)

Der Handelskonzern Arcandor ist pleite. Der Karstadt-Mutterkonzern teilte mit, er habe beim Amtsgericht Essen Insolvenzantrag eingereicht. Zuvor hatte sich das Unternehmen vergeblich um Staatshilfen von 437 Mio. Euro bemüht. Auch für Karstadt, Primondo und Quelle wurden Anträge auf Insolvenz gestellt. Ausgenommen davon ist die Touristiktochter Thomas Cook.

Nach Medienberichten hat Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick selbst diese Entscheidung im Kanzleramt bekanntgemacht. Der Vorstand von Arcandor hatte zuvor über ein neues Rettungskonzept beraten. Der Bund hatte zur Voraussetzung für staatliche Hilfe deutliche höhere Beiträge der Eigentümer, Banken und Vermieter gemacht. Doch das Management konnte diese nicht zu weiteren Zugeständnissen bewegen.

"Keine Finanzierungsperspektive"

Betroffen sind 43.000 Arbeitsplätze.

Betroffen sind 43.000 Arbeitsplätze.

(Foto: AP)

Die vom interministeriellen Ausschuss geforderte Verbesserung des Antrags auf Rettungsbeihilfe sei "nicht erreichbar" gewesen, teilte Arcandor mit. "Damit bestand keine nachhaltige Finanzierungsperspektive mehr."

Angesichts kurzfristig fälliger Darlehen über 710 Mio. Euro drohe zum 12. Juni die Zahlungsunfähigkeit. Betroffen seien rund 43.000 Mitarbeiter von Arcandor in Deutschland. Die Hauptaktionäre "bekennen sich unverändert zum Fortbestand des Unternehmens", hieß es. Was das genau bedeutet, blieb zunächst unklar.

Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick hat den Insolvenzantrag des Unternehmens als "Chance" bezeichnet. "Wir stecken auch jetzt den Kopf nicht in den Sand", sagte er am Dienstag in Essen. Das Unternehmen werde sein Umstrukturierungs- und Sanierungskonzept nun unter Zuhilfenahme des Insolvenzrechts weiter vorantreiben, kündigte der Konzernchef an.

Metro hat Interesse

Metro spekuliert nach dem Insolvenzantrag des Konkurrenten Arcandor nicht auf Schnäppchenpreise für dessen Karstadt-Warenhäuser. Es solle einen "fairer Kaufpreis" für 60 Häuser gezahlt werden, unabhängig davon, ob Arcandor einen Insolvenzantrag gestellt habe oder nicht, sagte Metro-Chef Eckhard Cordes.

Er wolle aus der Kombination der Kaufhof- und Karstadt-Häuser einen "starken europäischen deutschen Kaufhauskonzern bauen", der aus ungefähr 160 Häusern bestehe. "Wir haben ein kurz- und mittelfristiges Ziel, dieses neue Ganze zu schaffen und ich glaube sogar, jetzt bin ich ganz tollkühn, dass es die Möglichkeit geben könnte, ein solches neues Unternehmen an die Börse zu bringen, an dem wir dann beteiligt bleiben können", sagte Cordes. Kartellrechtlich sehe er bei einem Zusammenschluss keine Probleme, es seien dazu auch bereits Vorgespräche geführt worden.

Fahnen und Schilder von Karstadt-Mitarbeitern.

Fahnen und Schilder von Karstadt-Mitarbeitern.

(Foto: dpa)

Am Wochenende hatte auch die Hamburger Otto Group Interesse an Teilen des Arcandor-Konzerns signalisiert.

Der REWE-Konzern ist ebenfalls an Teilen von Arcandor interessiert. Das Unternehmen betreibe in 50 Karstadt-Warenhäusern Perfetto-Märkte und es sei schade, wenn diese Feinkostgeschäfte geschlossen würden, sagte REWE-Chef Alain Caparros in Köln. Bei einem möglichen Verkauf der profitablen Arcandor- Tourismustochter Thomas Cook würde auch REWE eine Übernahme prüfen.

Merkel verteidigt Entscheidung

Die Bundesregierung will nach Worten von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach dem Insolvenzantrag des Handelsunternehmens Arcandor den Beschäftigten helfen. Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) werde sich schnell mit den Personalvertretungen an einen Tisch setzen, kündigte Merkel an. Sie sah in dem Antrag von Arcandor auch eine Chance, dass in dem Unternehmen durch ein Zusammengehen mit dem Metro-Konzern Beschäftigung erhalten werden könne. Merkel schränkte allerdings ein, dass die Politik auch nur soviel tun könne, wie ihr möglich sei.

Merkel verteidigte die Entscheidung der Regierung, dem angeschlagenen Konzern keine Bürgschaft aus dem Rettungsfonds und auch keine direkte Staatsbeihilfe zu gewähren. Die Zusagen der Gläubiger seien "absolut nicht genug" gewesen.

Kritik an Banken und Eigentümern

Mitarbeiter in der Arcandor-Zentrale.

Mitarbeiter in der Arcandor-Zentrale.

(Foto: AP)

Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) kritisierte die Haltung der Eigentümer und Banken kritisiert. "Es ist bedrückend, wenn ein Unternehmen an den Rand der Zahlungsunfähigkeit gewirtschaftet wird", sagte er. "Es waren allerdings weder die Eigentümer noch die Gläubiger bereit, Risiken zu übernehmen. Und diese Risiken können und dürfen dann auch nicht auf den Steuerzahler aufgebürdet werden."

Die Insolvenz biete aber durchaus auch die Möglichkeit für einen erfolgreichen Neuanfang eines Unternehmens, betonte Guttenberg. Für die betroffenen Unternehmensteile gebe es bereits Interessenten. Der Minister kündigte an, sich am Mittwoch in Berlin mit Arbeitnehmervertretern und Vertretern des Bundesagentur für Arbeit an einen Tisch setzen zu wollen, um über das weitere Vorgehen zu beraten. "Wir lassen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmerinnen als Bundesregierung nicht im Stich."

Der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Steffen Kampeter, warf den Eigentümern des insolventen Arcandor-Konzerns "unterlassene ökonomische Hilfeleistung" für das Unternehmen vor. Zugleich kritisierte er eine Form von falscher Staatsgläubigkeit, die sich bei den Eignern des Touristik- und Handelskonzerns zeige.

Während sie einerseits die Risiken eines eigenen stärkeren Engagements offenbar als zu hoch erachtet hätten, setzten sie andererseits darauf, dass der Staat einspringe. "Das ist ein Irrglaube", sagte Kampeter. Einen solche Position gehe alleine zulasten der Steuerzahler und sei nicht hinnehmbar. Dass die Bundesregierung in dieser Lage Hilfen versagt habe, sei "vollständig richtig" gewesen. Im Übrigen bedeute der Insolvenzantrag von Arcandor nicht das Ende des Unternehmens und das Aus für die vielen Arbeitsplätze, betonte Kampeter.

Beschäftigte fassungslos

Mit Fassungslosigkeit und Entsetzen ist beim Versandunternehmen Quelle die Nachricht vom Insolvenzantrag aufgenommen worden. "Das ist der Super-GAU", sagte der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Ernst Sindel. Man habe bis zuletzt daran geglaubt, dass noch eine Lösung für das Handelsunternehmen Arcandor und damit auch für die Tochtergesellschaft Quelle möglich sei. Jetzt gehe es darum, möglichst viele Arbeitsplätze bei Quelle zu retten. "Schockierend" nannte Quelle-Sprecher Manfred Gawlas die Entwicklung. Welche Folgen die Insolvenz für Quelle mit seinen 8000 Mitarbeitern haben werde, sei derzeit völlig unklar.

Arcandor könnte nach den Regeln der Deutsche Börse noch in diesem Monat aus dem MDax fliegen. "Unternehmen, bei denen ein Insolvenzverfahren eröffnet wird, fallen zum nächsten Verkettungstermin aus den Auswahlindizes", heißt es in den Statuten des Börsenbetreibers. Der nächste solche Termin wäre Freitag, der 19. Juni, mit Wirksamkeit zum darauffolgenden Montag. Sollte das Insolvenzverfahren mangels Masse abgewiesen werden oder sich das Unternehmen in der Abwicklung befinden, könnten die Titel bereits nach zwei vollen Handelstagen aus dem Index genommen werden, erläuterte eine Börse-Sprecherin.

Quelle: ntv.de, jga/AFP/dpa/rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen