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Streit um Überflugrechte Berlin knickt ein

Die Lufthansa ist im Streit mit Russland über Überflugrechte offenbar zum Einlenken bereit. Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) sagte, in Gesprächen mit den russischen Behörden gehe es nun um den Zeitplan für den Umzug des Drehkreuzes der Frachttochter Cargo aus dem kasachischen Astana ins sibrirische Krasnojarsk. "Voraussetzung für den Umzug ist die Schaffung einer Infrastruktur, um den Anflug des Airports bei jedem Wetter zu gewährleisten", sagte Tiefensee. Er sei zuversichtlich, dass "wir langfristig zu einer guten Lösung für die russische wie auch die deutsche Seite kommen."

Zuvor hatte die russische Regierung die Überflugrechte für die Lufthansa-Frachttochter Cargo um zwei Wochen bis zum 15. November verlängert. In den Verhandlungen mit den Deutschen sei ein "guter Wille" zu einer Einigung erkennbar, teilte das russische Verkehrsministerium am Freitag in Moskau mit. Die deutsche Seite habe angekündigt, bis zum 7. November zu entscheiden, ob in Zukunft der sibirische Flughafen Krasnojarsk für die Zwischenstopps bei Flügen nach Südostasien angeflogen wird.

Die Genehmigung läuft einen Tag vor den Luftverkehrsgesprächen zwischen der EU und Russland aus, die vom 16. bis 18. November in Moskau geplant sind. Neben dem EU-Kommissar für Verkehr, Jacques Barrot, ist bei dem Treffen in Russland auch der Lufthansa- Vorstandschef Wolfgang Mayrhuber angekündigt.

Noch am Morgen hatte die Lufthansa betont, sie werde ihr Luftdrehkreuz nicht von Astana in Kasachstan nach Sibirien verlagern. "Eine Verlagerung des Drehkreuzes nach Krasnojarsk kommt realistischerweise nicht in Frage, weil dort die Infrastruktur noch nicht die notwendigen Voraussetzungen erfüllt", sagte ein Lufthansa-Sprecher. Die technische Ausstattung sei schlecht, bei dichtem Nebel könnten die Flugzeuge dort nicht landen.

Nun hieß es aber, eine Verlagerung käme dann in Frage, wenn die "operationellen und kommerziellen" Voraussetzungen dafür gegeben seien. Kurzfristig sei dieser Schritt schon aus organisatorischen Gründen nicht möglich.

Die Russen wollen eine Verlagerung des Drehkreuzes in ihr Territorium erwirken. "Wir haben unseren deutschen Kollegen am 22. Oktober einen Brief geschickt, in dem wir vorschlagen, künftig Krasnojarsk oder Nowosibirsk als Drehkreuz zu nutzen", sagte der Sprecher des russischen Verkehrsministeriums, Timur Chikmatow, der "Financial Times Deutschland". Durch eine Verlagerung des Drehkreuzes würde Russlang nicht nur an den Start- und Landegebühren verdienen. Lufthansa würde dort auch Kerosin kaufen müssen.

Möglicherweise gibt es noch einen weiteren Grund für das russische Verhalten. Lufthansa will von 2008 an nicht mehr den staatlichen Moskauer Flughafen Scheremetjewo anfliegen, sondern den privaten Flughafen Domodedovo. Scheremetjewo entgehen dadurch nicht nur Einnahmen in Millionenhöhe, auch der geplante Börsengang wird geschmälert. Womöglich sei das Überflugverbot eine Retourkutsche dafür, berichtet die "Frankfurter Allgemeine Zeitung". Scheremetjewo ist die Basis von Aeroflot, Aufsichtsratsvorsitzender des Flughafens ist Russlands Verkehrsminister Igor Lewitin.

Lufthansa durfte seit Sonntag nicht mehr über den russischen Luftraum fliegen und musste auf dem Weg nach Astana einen teuren und zeitaufwendigen Umweg machen. In dem Streit hatte Deutschland umgekehrt vorübergehend ein Einflugverbot für russische Frachtmaschinen verhängt, hob es aber wenig später wieder auf, um die Gespräche über die Beilegung des Konflikts nicht zu belasten.

Eine Sprecherin des Bundesverkehrsministeriums in Berlin sprach von einer Geste des guten Willens. Sie äußerte sich nicht dazu, ob die rheinland-pfälzische Landesregierung um eine Aufhebung des Landeverbots für den Flughafen Hahn gebeten hatte. Wie die Nachrichtenagentur dpa berichtet, kam in der Bundesregierung Unmut wegen einer Intervention des rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten und SPD-Vorsitzenden Kurt Beck auf. Beck habe sich bei Bundesverkehrsminister Tiefensee (auch SPD) für die Aufhebung des Landeverbots eingesetzt, hieß es.

Der Fall soll nun auch den Bundestag beschäftigen. FDP-Vize Rainer Brüderle verlangte von der Bundesregierung, am kommenden Mittwoch im Verkehrsausschuss ihr Verhalten zu erklären. Die Bundesregierung müsse Erpressungsversuche entschieden zurückweisen.

Quelle: ntv.de

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