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Euro immer stärker Bofinger kritisiert EZB

Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger hat wegen des jüngsten Euro-Höhenflugs rasche Eingriffe der Europäischen Zentralbank (EZB) in den Devisenmarkt gefordert und die Währungspolitik des Instituts scharf kritisiert. "Die EZB nutzt ihre Möglichkeiten nicht aus und gefährdet auf diese Weise die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft in der Euro-Zone", sagte er. "Interventionen an den Währungsmärkten, um eine weitere Aufwertung des Euro zu verhindern, gefährden die Preisstabilität nicht und sind deshalb problemlos machbar."

Bei einem Euro-Wechselkurs über 1,50 US-Dollar stehe die Wirtschaft derart stark unter Druck, dass auch die Notenbank zur Stabilisierung beitragen müsse, ergänzte der Würzburger Ökonomieprofessor, der Mitglied des Sachverständigenrates zur Begutachtung der wirtschaftlichen Lage ist. "Sollte der Euro über 1,53 US-Dollar steigen, werden wir noch viele Fälle wie BMW erleben", warnte Bofinger. Der Autobauer hatte vergangene Woche im Falle einer längeren Euro-Stärke weitere Stellenstreichungen über den bereits geplanten Abbau von 8100 Arbeitsplätzen hinaus angekündigt. Der Euro war am Montag auf 1,5275 US-Dollar geklettert und kostete damit am Devisenmarkt so viel wie noch nie. Ein starker Euro belastet den Export, weil Ausfuhren in den Dollarraum teurer werden.

"Keine Schnapsidee"

Die EZB hat bislang nicht interveniert, um die seit Monaten andauernde Aufwertung des Euro zu stoppen. "Dabei ist es im Interesse Europas und natürlich auch Deutschlands, dass diese Aufwertung nicht stattfindet", sagte Bofinger. "Um es klar zu sagen, Interventionen sind keine Schnapsidee, sondern wurden immer wieder von Zentralbanken erfolgreich eingesetzt um den Wechselkurs der Währung im Interesse ihrer Volkswirtschaften zu beeinflussen." Beispielsweise hätten China und Japan in der Vergangenheit erfolgreich an den Devisenmärkten eingegriffen. Vor allem China greift regelmäßig am Markt ein, um eine starke Aufwertung des Yuan zu verhindern.

Die EZB hat in ihrer noch jungen Geschichte lediglich im Herbst 2000 interveniert. Damals hatte sie in Absprache mit anderen Notenbanken durch Euro-Käufe die Gemeinschaftswährung stabilisiert, die damals unter massivem Abwertungsdruck stand. Eine solche gemeinsame Aktion scheint aktuell wegen der Finanzkrise und der unterschiedlicher Geldpolitik in Europa und den USA zwar nahezu ausgeschlossen. "Aber dann müssen es die europäischen Währungshüter im Zweifel eben alleine machen", forderte Bofinger.

Kritik an der Politik

Von seiner Kritik nimmt der Wirtschaftsweise auch die Politik nicht aus. "Die Finanzminister der Euro-Zone hätten das verhindern können. Sie können der Zentralbank nach Maßgabe des EG-Vertrages auch einen Orientierungsrahmen für den Wechselkurs setzen", sagte er. "Zum Beispiel könnten die Finanzminister erklären, dass sie einen Wechselkurs von 1,50 US-Dollar für eine Obergrenze halten und dass man ab dieser Schwelle Interventionen der EZB als notwendig ansieht." Die EZB sei bei Entscheidungen zwar unabhängig von politischen Weisungen, allerdings nur so lange die Wirtschaft nicht geschädigt werde.

IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn hatte erst am Montag ein starkes politisches Gegengewicht zu der seiner Meinung nach übermächtigen EZB gefordert. Wegen des starken Euro hatte auch Frankreich immer wieder die politische Unabhängigkeit der Notenbank infrage gestellt. Zu Wochenbeginn hatten sich die europäischen Finanzminister bei einem Treffen in Brüssel besorgt über den hohen Eurokurs geäußert.

Quelle: ntv.de

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