Köhler zur Finanzkrise Bretton Woods II nötig
11.10.2008, 12:54 UhrBundespräsident Horst Köhler hat sich für eine internationale Konferenz nach dem Beispiel der Tagung von Bretton Woods aus dem Jahre 1944 ausgesprochen, um die Konsequenzen aus der Finanzkrise zu ziehen. "Ich plädiere für ein Bretton Woods II. Wir brauchen einen wirksamen internationalen Ordnungsrahmen für die globale Ökonomie", sagte Köhler dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel".
Köhler sieht allerdings in der heutigen Situation Unterschiede zur Weltwirtschaftskrise Ende der 1920er Jahre. "Ich halte die Krise für beherrschbar. Wir haben es in der Hand", sagte Köhler, der vor seiner Wahl zum Bundespräsidenten Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) war.
"Neue Kultur im Wettbewerb"
Er würde sich wünschen, dass die Regierungen "ein paar Weise" auswählten, wie damals unter anderen den Ökonomen John Maynard Keynes, die über Regeln für die globalisierten Welt berieten, sagte Köhler. Dazu gehöre für ihn auch, dass die Bekämpfung der Armut und des Klimawandels als gemeinsame strategische Fragen für Industrieländer, Schwellenländer und Entwicklungsländer verstanden werde.
Er hoffe, die Krise werde "einer neuen Kultur der Gemeinsamkeit im Wettbewerb" zum Durchbruch verhelfen werde. Notwendig sei auch eine wirksame Regulierung für die Finanzmärkte, ethisches Handeln der Manager und ein Frühwarnsystem, das Warnungen nicht nur für Experten verständlich mache, sagte der Bundespräsident.
In Bretton Woods - einem Stadtteil von Carroll im US-Bundesstaat New Hampshire - war am 22. Juli 1944 von 44 Staaten ein möglichst stabiles Währungssystem auf den Weg gebracht worden. Ziel war die reibungslose und von Handelsbarrieren befreite Abwicklung des Welthandels bei festen Wechselkursen. Beschlossen wurde der Plan des US-Amerikaners Harry Dexter White, in dessen Mittelpunkt der US-Dollar stand. Die Mitglieder des Systems vereinbarten starre Wechselkurse gegenüber dem Dollar. Das System hatte bis 1973 Bestand.
Chance für den Sozialstaat
Die weltweite Finanzkrise führt nach Ansicht von Bundessozialminister Olaf Scholz zur Stärkung des Sozialstaats. Dieser sei in den vergangenen Jahren von mehreren gesellschaftlichen Kreisen immer wieder für tot erklärt worden, sagte der SPD-Politiker auf dem Bundeskongress der Jungsozialisten im thüringischen Weimar.
Jetzt erweise er sich als Exportprodukt in einer globalisierten Welt. Die SPD werde deshalb in den kommenden Wochen nicht nur klare Kontrollen für den Finanzmarkt entwickeln, sondern sich auch für eine stärkere soziale Ausrichtung der Gesellschaft einsetzen. Als Beispiel nannte er die Einführung des Mindestlohns bei Zeitarbeit.
Quelle: ntv.de