"Extrem schwierig" Deutsche Bank im Plus
30.10.2008, 07:59 UhrDie Deutsche Bank schrammt im dritten Quartal nur dank der gelockerten Bilanzregeln knapp an einem Verlust vorbei. Die jüngste Verschärfung der Finanzkrise führte bei Deutschlands größtem Geldhaus zu Abschreibungen von 1,2 Mrd. Euro und erneut tiefroten Zahlen im Kerngeschäft, dem Investmentbanking. Vor Steuern blieb nur ein Gewinn von 93 Mio. Euro nach 1,4 Mrd. Euro im Vorjahr, wie die Bank mitteilte. Die Belastungen für das Institut wären ohne Anwendung der erst vor kurzem EU-weit geänderten Bilanzvorschriften fast 900 Mio. Euro höher ausgefallen.
Vorstandschef Josef Ackermann, der die Krise bereits vor einem Jahr zu den Akten legen wollte, spricht nun von anhaltend schwierigen Geschäftsaussichten. Zur Stärkung der Kapitalbasis signalisierte der Schweizer erstmals eine Kürzung der Dividende. "Das dritte Quartal 2008 war geprägt von einer eklatanten Verschärfung der Finanzmarktkrise im September", erklärte Ackermann im Zwischenbericht. Die Verhältnisse an den Aktien- und Kreditmärkten seien auch zu Beginn des letzten Vierteljahres "extrem schwierig".
Marktpreis adieu
Als eine der ersten europäischen Großbanken machte die Deutsche Bank von der neuen Möglichkeit Gebrauch, bestimmte Wertpapiere und Kredite nicht mehr mit dem Marktpreis zu bewerten. Diese Papiere müssen nun nur dann wertberichtigt werden, wenn sich ein dauerhafter Ausfall abzeichnet. Damit sind die Regeln der Praxis in den USA angepasst worden. Die Finanzaufsicht BaFin erwartet hierdurch Entlastungen in den Bankbilanzen in Milliardenhöhe. Analysten hatten auf Basis der alten Bilanzierung mit einem Verlust bei der Deutschen Bank gerechnet.
Die Deutsche Bank buchte vor allem große Kredite für Übernahmen aus dem Handelsbestand heraus und entzog sie damit einer Marktpreisbewertung. Für die milliardenschweren Finanzierungen etwa von Private-Equity-Transaktionen finden sich seit Beginn der Krise vor mehr als einem Jahr kaum noch Käufer. Dies führte regelmäßig zu massiven Abschreibungen. Bis zum dritten Quartal belaufen sich die Gesamtbelastungen mittlerweile auf 8,5 Mrd. Euro.
Besser als die Konkurrenz
Aber nur im ersten Quartal musste die Bank einen Verlust verschmerzen. Das kann sich im Branchenvergleich durchaus sehen lassen: Europäische Rivalen wie UBS oder Credit Suisse haben teils mit deutlich stärkeren Einbußen zu kämpfen.
Doch auch die Deutsche Bank bekommt im Investmentbanking die Krise mit voller Wucht zu spüren. Der einstige Wachstumsmotor Nummer eins stottert: Im dritten Quartal fielen auch wegen massiver Einbußen im Eigenhandel im Investmentbanking Verluste von 789 Mio. Euro an. Das Kapitalmarktgeschäft erwirtschaftet mittlerweile weniger als ein Viertel der gesamten Quartals-Einnahmen von 4,4 Mrd. Euro - zu Boomzeiten waren es mehr als 60 Prozent.
Der Kunde als Retter
Angesichts der Marktturbulenzen ist das relativ stabile und weiterhin rentable Privatkundengeschäft für die Bank wieder in den Fokus gerückt. Anfang nächsten Jahres ist der Einstieg bei der Postbank geplant, mit dem sich Ackermann Zugriff auf die rund 15 Mio. Kunden der größten deutschen Filialbank sichern will.
Zur Finanzierung der Postbank-Transaktion hatte sich die Deutsche Bank 2,2 Mrd. Euro frisches Kapital beschafft. Dadurch kletterte die Kernkapitalquote Ende September auf 10,3 Prozent von 9,3 Prozent Ende Juni. Die Kapitalausstattung gilt als komfortabel, ist aber niedriger als die von Investmentbanken wie Goldman Sachs.
Viele Experten fordern zudem eine Bilanzverkürzung und damit einen Abbau der Verschuldung bei der Deutschen Bank. "Wir geben dem hohe Priorität, und ich bin zuversichtlich, dass wir hier schon bis Ende dieses Jahres erkennbare Fortschritte sehen werden", sagte Ackermann. Auch beim Dividendenvorschlag werde die Wahrung der Kapitalstärke angemessen berücksichtigt. In der Krise schrauben die Investoren ihre Eigenkapitalanforderungen an die Banken nach oben. Sie sehen darin einen Puffer zur Abfederung weiterer Verluste.
Quelle: ntv.de