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Aus für die Doppelspitze EADS macht reinen Tisch

Deutschland und Frankreich haben sich auf eine Neuordnung der Führungsstrukturen beim europäischen Luft- und Raumfahrtkonzern EADS verständigt. Die seit Jahren umstrittene Doppelspitze im Management der Airbus-Muttergesellschaft wird abgeschafft. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich mit der neuen Managementstruktur zufrieden. "Es ist eine gerechte, ausbalancierte Führungsstruktur, die effizient arbeiten kann", sagte sie in Toulouse.

Nach der neuen Führungsstruktur soll der Deutsche Thomas Enders die Flugzeugtochter Airbus lenken. Im Gegenzug wird die Führung des EADS-Konzerns allein in die Hände des Franzosen Louis Gallois gelegt. Gallois war bisher neben Enders Co-Chef von EADS sowie Airbus-Chef. Allerdings ist der Stellvertreter von Enders der Franzose Fabrice Brgier, der intern das Airbus-Sanierungsprogramm Power8 vorantreibt.

Die Deutschen übernehmen auch die Spitze des Verwaltungsrates. Das Kontrollgremium soll vom DaimlerChrysler-Manager Rüdiger Grube allein geführt werden. Er hatte sich den Posten bisher mit dem französischen Manager Arnaud Lagardre geteilt. Der Verwaltungsrat ist bedeutender und hat mehr Einfluss als ein deutscher Aufsichtsrat, da EADS eine Gesellschaft niederländischen Rechts (N.V.) ist.

Länder-Wechsel in fünf Jahren

"Die Kooperation in dem einmaligen europäischen Projekt wird auf andere Länder ausstrahlen", sagte Merkel. Der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy kündigte an, dass die Postenverteilung zwischen Deutschen und Franzosen nach fünf Jahren umgekehrt werden solle. Laut Mitteilung des EADS-Großaktionärs DaimlerChrysler zur Einigung wird nach fünf Jahren "in Betracht gezogen", dass "sich die Nationalitäten auf diesen Positionen abwechseln und Arnaud Lagardre Rüdiger Grube als Vorsitzender des Board of Directors ablösen könnte".

"Dies ist ein großer Tag für die deutsch-französische Achse", sagte Sarkozy nach einem gemeinsamen Besuch des Airbus-Werks in Toulouse. Er wolle demnächst auch nach Deutschland kommen, um dort ein Airbus- Werk zu besuchen

Doppelspitze nicht mehr en vogue

Die Abschaffung der Doppelspitze wurde von dem Konzern damit begründet, dass sie nicht mehr zeitgemäß sei und die EADS vor einer neuen Phase ihrer Entwicklung steht. Effizient, durchgängig und vereinfacht solle die neue Führungsstruktur sein.

Merkel und Sarkozy wollen den deutsch-französisch dominierten Flugzeugbauer Airbus für den Konkurrenzkampf mit dem US- Erzrivalen Boeing fit machen und eine erneute Krise wie vor einigen Monaten vermeiden. Dabei geht es auch um die finanzielle Ausstattung von Airbus für die Milliarden schwere Entwicklung neuer Flugzeuge.

Die Abschaffung der jeweils doppelten Besetzung der Spitzen von EADS-Verwaltungsrat und -Vorstand mit jeweils einem Deutschen und einem Franzosen galt schon vor dem Gipfeltreffen von Merkel und Sarkozy als sicher. Statt der hinderlichen Doppelspitze soll es künftig nur noch einen Vorstands- und Verwaltungsratschef geben. Deutschland pochte darauf, dass Frankreich auch bei den neuen Führungsstrukturen nicht alle wichtigen Schaltstellen besetzt. Das jetzt vereinbarte Modell ist eine Umkehrung der zuvor diskutierten Strukturen. Die Franzosen wollten eigentlich Airbus allein führen.

Berlin will zudem verhindern, dass der Einfluss des französischen Staates auf EADS wächst und das fein austarierte Machtgefüge kippt. Der französische Staat hält derzeit direkt 15 Prozent der EADS- Anteile, die französische Mediengruppe Lagardre weitere 7,5 Prozent. Für Deutschland hält DaimlerChrysler noch 15 Prozent, 7,5 Prozent gingen ohne Stimmrecht an ein überwiegend deutsches Konsortium aus Bundesländern und Banken. Merkel lehnt eine direkte Beteiligung des deutschen Staates ab. In der Branche wird vermutet, dass Paris von Lagardre das verbliebene Aktienpaket übernimmt und der französische Staat dann mit 22,5 Prozent zum dominierenden Aktionär wird.

Sarkozy hatte zuletzt mehrfach am so genannten Aktionärspakt gerüttelt. Er will ihn erweitern für neue Partner. Der Pakt sichert bis 2010 einen Ausgleich zwischen deutschen und französischen Interessen. Er schreibt auch vor, dass sich die Regierungen aus der Unternehmensführung heraushalten, auch wenn sie - wie die französische - Großaktionär sind. Maßgeblichen Einfluss haben die industriellen Eigner DaimlerChrysler und die Mediengruppe Lagardre.

Im Zuge des Airbus-Sanierungsprogramms Power8, das den Abbau von 10 000 Stellen und Werksverkäufe vorsieht, war die Debatte um den Aktionärspakt wieder neu aufgeflammt. Wegen der verspäteten Auslieferung des Super-Airbus A380 und der Arbeit am neuen Langstreckenjet A350 geriet Airbus in Probleme. Der starke Euro gegenüber dem Dollar erhöht den Druck auf Airbus. Angesichts voller Auftragsbücher ist Airbus aber derzeit nicht dringend auf frisches Geld angewiesen. Eine einseitige Kapitalerhöhung durch Frankreich könnte die Balance zu Gunsten von Paris verschieben.

Quelle: ntv.de

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