Telekom-Gesetz EU startet Eilverfahren
26.02.2007, 12:18 UhrDeutschland droht wegen Wettbewerbsvorteilen zu Gunsten schneller Internetanschlüsse der Telekom eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof, EuGH. Am Montag eröffnete die EU-Kommission ein Eilverfahren gegen die Bundesregierung. Deutschland habe trotz der Vormachtstellung der Telekom auf dem Markt für Breitbandanschlüsse Vorschriften erlassen, die den Konzern zeitweise vor der Konkurrenz schützten, argumentierten die Wettbewerbshüter. Die Bundesregierung wies die Vorwürfe erneut zurück. Es ist das erste Vertragsverletzungsverfahren gegen Berlin, seit Deutschland Anfang Januar turnusgemäß die EU- Ratspräsidentschaft übernommen hat.
Stein des Anstoßes ist das neue Telekommunikationsgesetz (TKG), das am Samstag in Kraft trat. Es soll das neue VDSL-Glasfasernetz der Telekom eine Zeit lang von der Aufsicht durch die Bundesnetzagentur befreien. "Wir gehen davon aus, dass das Gesetz EU-rechtskonform ist", sagte eine Sprecherin von Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) in Berlin. Glos selbst hatte am Freitag betont, das Gesetz schaffe einen "ausgewogenen Ausgleich" zwischen der Stärkung des Wettbewerbs und den Anliegen der investitionswilligen Unternehmen.
Das förmliche Mahnschreiben der Kommission ist der erste Schritt in einem EU-Vertragsverletzungsverfahren. Da sich die Behörde für ein Eilverfahren entschied, hat die Bundesregierung nur 15 Tage Zeit für eine Antwort. Sollte Berlin nicht einlenken, kann die Kommission versuchen, Änderungen am Gesetz durch einen Spruch des EuGH zu erzwingen.
EU-Medienkommissarin Viviane Reding sagte, das neue Gesetz sei der Versuch, in einem wirtschaftlich zentralen Sektor den Wettbewerb auszuhebeln. Wettbewerbern werde der Marktzugang erschwert. "Dies ist alles andere als ein Anreiz für Investitionen." Weder die etablierten Anbieter noch Markteinsteiger hätten jetzt Rechtssicherheit.
Die Telekom führt hingegen an, dass die Ausnahme gerechtfertigt sei angesichts von geplanten Investitionen in Höhe von drei Mrd. Euro. Die Telekom hatte den Ausbau des Netzes von einem Regulierungsschutz abhängig gemacht. Das neue Netz soll Übertragungsraten von bis zu 50 Megabit pro Sekunde (mbit/s) ermöglichen. Derzeit sind im herkömmlichen DSL-Netz bis zu 6 mbit/s und bei besonders schnellen Verbindungen 16 mbit/s möglich. Wettbewerber haben angekündigt, wegen des TKG ihre Investitionen in dem VDSL-Zukunftsmarkt zu drosseln.
Bereits im Oktober hatte die Kommission die neuen Regelungen attackiert. Nach Ansicht der Behörde brechen solche "Regulierungsferien" EU-Recht. Die Eigentumsanteile an der Telekom seien nach wie vor zu einem beachtlichen Teil in staatlicher Hand, betonte Brüssel. Das Gesetz beschneide die Rechte der Bundesnetzagentur. "Ich bedauere, dass Deutschland sich über die Bedenken der Kommission gegen das neue Telekommunikationsgesetz hinweggesetzt hat, trotz mehrfacher eindeutiger Warnung", sagte Reding.
Quelle: ntv.de