Meldungen

Inflation "beängstigend" EZB tastet Zinsen nicht an

Trotz der Konjunkturflaute hat die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins nicht angetastet und auch keine Lockerung der Geldpolitik in Aussicht gestellt. Die Währungshüter beließen den Zinssatz wie von Experten und Finanzmärkten erwartet bei 4,25 Prozent. Präsident Jean-Claude Trichet sprach nach dem Entscheid des EZB-Rats von einem "beängstigenden Inflationsniveau". Zudem gebe es die sehr große Sorge, dass eine Lohn-Preis-Spirale die Teuerung noch anheizen könne. Die EZB rechnet nur mit einer vorübergehenden Konjunkturabkühlung, was nach Ansicht von Experten gegen eine baldige Zinssenkung spricht.

Zugleich verschärft die Zentralbank ihre Konditionen für die Vergabe von Krediten an Geschäftsbanken und Sparkassen. Die Institute müssen ab Februar 2009 höhere Sicherheiten für Geldmarktgeschäfte bei der EZB hinterlegen. Damit steigen ihre Refinanzierungskosten.

Die Sorge der Währungshüter wegen des im Sommer auf Rekordniveau gestiegenen Preisdrucks spiegelt sich auch in den neuen EZB-Projektionen zur Entwicklung der Inflation wider: Die Verbraucherpreise werden demnach weiter kräftig steigen. Für 2009 schraubten die Ökonomen der Zentralbank ihre Vorhersage von 2,4 auf 2,6 Prozent nach oben. Die EZB sieht stabile Preise mittelfristig nur bei Werten von knapp unter zwei Prozent gewährleistet.

Ob die Notenbank in diesem Jahr noch einmal an der Zinsschraube drehen wird, ließ Trichet offen: "Wir sind niemals vorab festgelegt. Wir tun, was für die Preisstabilität nötig ist." Hierzu habe die Notenbank die Zinsen ja erst vor kurzem erhöht, fügte er an. Die Notenbanker hatten den Leitzins im Juli erstmals seit mehr als einem Jahr angehoben, um die Inflation in Schach zu halten. Die Ökonomen der EZB rechnen mit einer durchschnittlichen Teuerungsrate von 3,5 Prozent in diesem Jahr.

Die Warnungen Trichets vor den anhaltenden Inflationsgefahren ließen bei Experten kaum Hoffnung keimen, dass es bald zu einer geldpolitischen Lockerung kommen wird. "Wir bewegen uns allenfalls im Schneckentempo Richtung Zinssenkung", sagte Carsten Klude von MM Warburg. Auch Anleger reagierten enttäuscht, dass die EZB keine Zinssenkung andeutete: Der Dax gab nach der Entscheidung kräftig nach.

EZB-Ökonomen erwarten schwächeres Wachstum

Die EZB steckt derzeit in einem Dilemma: Sie will mit ihrer Zinspolitik an der Preisfront für Entspannung sorgen, darf jedoch zugleich die Auswirkungen auf das schwächelnde Wachstum nicht außer Acht lassen. Die Notenbanker sehen sich mit einer Wirtschaftsflaute in der Euro-Zone konfrontiert, die sich Kritikern zufolge durch die Zinserhöhung vom Juli zu verstärken droht. Trichet sieht die derzeitige Wachstumsschwäche indes teilweise als "technische Reaktion" auf den starken Jahresauftakt. "Wir glauben, dass es nach der aktuellen Phase zu einer leichten Erholung kommt", sagte Trichet.

Die Finanzkrise und die hohen Ölpreise belasten die Wirtschaft im Euro-Raum nach Einschätzung der EZB jedoch stärker als bislang angenommen. Die Wachstumsprognose für dieses Jahr senkten die EZB-Ökonomen nun von 1,8 auf 1,4 Prozent. Für 2009 schraubten sie ihre Schätzungen auf 1,2 Prozent herunter. Bislang hatten sie mit 1,5 Prozent gerechnet.

Das Bruttoinlandsprodukt sank im Frühjahr um 0,2 Prozent im Vergleich zum ersten Quartal - das erste Minus überhaupt seit Einführung der Statistik 1995. Großen Anteil an der Flaute hatte Deutschland, dessen Wirtschaft mit 0,5 Prozent noch stärker schrumpfte als die des Euro-Raums.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen