Lidl will Preise erhöhen Erfolg für Milchbauern
04.06.2008, 18:47 UhrDie Milchbauern haben nach tagelangen Protesten einen ersten Durchbruch an der Preisfront erzielt. Nach Angaben des Deutschen Bauernverbandes (DBV) will der Discounter Lidl den Verkaufspreis je Liter um 10 Cent und für Butter je 250-Gramm-Päckchen um 20 Cent erhöhen. Zudem beschlossen die genossenschaftlichen Milchwerke Berchtesgadener Land-Chiemgau in Bayern zum 1. Juni eine Anhebung des Milchpreises, der an die Bauern geht, auf 43 Cent je Liter.
Dennoch bleiben die Bauern beim Milch-Lieferstopp. Der Bund Deutscher Milchviehhalter (BDM) kündigte für Donnerstag eine Großdemonstration mit Schleppern und Traktoren vor dem Brandenburger Tor in Berlin an.
Am Mittwoch hatten Hunderte Landwirte mit Demonstrationen vor den Firmenzentralen von Aldi, Lidl, Edeka und Norma den Druck auf die Discounter und Lebensmittelhändler erhöht. Auch der vor einer Woche begonnene Milchlieferstopp dauerte an. Nach der Einigung mit Lidl forderte der DBV den übrigen Lebensmitteleinzelhandel auf, den Verhandlungsabschluss zu übernehmen.
Gegenwind bekommen die Milchbauern nun allerdings vom Kartellamt, das wegen des Lieferstopps ein Ermittlungsverfahren gegen den BDM eingeleitet hat. Es werde überprüft, ob der Tatbestand des Boykottaufrufs erfüllt sei, sagte eine Sprecherin. Dies wäre ein Verstoß gegen das Wettbewerbsgesetz. Nach Angaben des MIV geht der Streik-Schaden in eine dreistellige Millionenhöhe.
Protest gegen Discounter
Nach den Blockaden zahlreicher Molkereien hatten die Bauern ihren Protest vor allem gegen die großen Discounter gerichtet: "Aldi und Lidl müssen die Preise wieder hochziehen, damit der Bauer, und zwar jeder, zu seinem Recht und zu seinem kostendeckenden Preis kommt", sagte BDV-Generalsekretär Helmut Born. Mit Schleppern und Protestschildern wie "Milch ist ihren Preis wert" versammelten sich allein vor der Aldi-Süd-Zentrale rund 400 Bauern im nordrhein-westfälischen Mülheim. Vor der Essener Aldi-Nord-Zentrale kamen rund 40 Landwirte zusammen.
Der BDM begrüßte die Aktionen: "Es handelt sich zwar nicht um eine konzertierte Aktion mit dem BDV, aber wir unterstützen die Proteste natürlich", sagte ein Sprecher. Nach Ende der Blockaden warte man nun auf ein positives Signal der Milchindustrie und des Einzelhandels. Aldi SÜD erklärte, man sei sich der Verantwortung einer sorgfältigen Preisgestaltung bewusst. Intensiven Gespräche mit den Molkereien stehe der Konzern auch in Zukunft zur Verfügung.
Versorgungslage entspannt
Ein Sprecher des MIV erklärte, über eine Preiserhöhung müsse jede Molkerei in eigener Verantwortung entscheiden. Die Molkereien seien grundsätzlich bereit, den Milchbauern bei ihren Preisforderungen entgegenzukommen, allerdings müsste sich dazu auch der Einzelhandel zu Preiskorrekturen bereiterklären.
Nach der Aufhebung der Blockaden hat sich die Milchversorgung der Lebensmittelgeschäfte wieder entspannt: Die Läden würden wieder im üblichen Umfang beliefert, alle Geschäfte verfügten über ausreichend Molkereiprodukte, sagte der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels (HDE), Stefan Genth.
Tschechen üben Solidarität
Mehrere tschechische Bauernverbände haben angekündigt, ihre Milchlieferungen nach Deutschland von Freitag an um zehn Prozent zu reduzieren. Damit wolle man die deutschen Kollegen im Streit um höhere Milchpreise unterstützen, hieß es von Seiten der tschechischen Agrarkammer, des Bundes der Landwirte und der südböhmischen Molkereigenossenschaft. Etliche Milchbauern hätten bereits begonnen, Teile ihrer Frischmilch-Produktion zu vernichten.
Tschechiens Landwirtschaftsminister Petr Gandalovic kritisierte die Aktion. "Es handelt sich um Lebensmittel und sie solchermaßen zu entsorgen ist unmoralisch in einer Situation, in der in anderen Teilen der Welt Nahrungsmittel-Soforthilfe benötigt wird", sagte Gandalovic. Der Verband der tschechischen Milchindustrie lehnte die Beteiligung an einem Liefer-Boykott weiterhin ab.
Quelle: ntv.de