Gerichtliche Vorentscheidung EuGH zu VW-Gesetz
12.02.2007, 11:05 UhrIm Prozess über die Zukunft des Volkswagen-Gesetzes steht eine Vorentscheidung vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) bevor. Das von der EU-Kommission attackierte Gesetz gilt als wichtiger Schutz für Europas größten Autokonzern vor einer feindlichen Übernahme.
Zugleich bremst es aber auch den derzeitigen Hauptaktionär Porsche aus. Der das Gericht beratende Generalanwalt Damazo Ruiz-Jarabo Colomer stellt am Dienstag in Luxemburg seinen Schlussantrag, aus dem sich in den meisten Fällen bereits die Linie des späteren Urteils ablesen lässt.
Sollte das oberste EU-Gericht das Gesetz kippen, dann würde ein Eckpfeiler der Unabhängigkeit von Volkswagen fallen. Denn das Gesetz aus den 1960er-Jahren räumt Niedersachsen als Großaktionär eine besondere Stellung ein: Kein Aktionär kann mehr als 20 Prozent der Stimmrechte ausüben, auch wenn er mehr Aktien besitzt. Dies entspricht in etwa dem Anteil Niedersachsens, das sich um Arbeitsplätze etwa im Stammwerk Wolfsburg und in Hannover sorgt. Die EU-Kommission sieht in der Regel eine Hürde für den freien Kapitalverkehr, weil ein Investor allein nie die Kontrolle bekommen könne.
Während die Bundesregierung und Niedersachsen das Gesetz verteidigen, würde Volkswagens Haupteigner Porsche die Sonderregeln am liebsten fallen sehen. Parallel zur mündlichen Verhandlung vor dem EuGH vor zwei Monaten hatte Porsche-Chef Wendelin Wiedeking an Bund und EU-Kommission geschrieben: "Wir sind der Auffassung, dass das VW-Gesetz uns - als größten Investor von Volkswagen - in der Ausübung unserer Aktionärsrechte behindert." Porsche hält derzeit gut 27 Prozent an Volkswagen und hält sich eine Erhöhung auf 30 Prozent offen. Das Unternehmen kann seine für vier Mrd. Euro erworbenen Stimmrechte nur mit einem Fall des Gesetzes voll nutzen.
Viele Rechtsexperten erwarten, dass das VW-Gesetz nicht zu halten sein wird. Die Einschränkung von Aktionärsrechten sei nach früheren EuGH-Urteilen nur in bestimmten Ausnahmefällen zulässig und müsse mit Interessen des Allgemeinwohls begründet werden. Dennoch zeigte sich die niedersächsische Landesregierung erneut zuversichtlich, dass das Gesetz Bestand hat. Die Bundesregierung hat versucht nachzuweisen, dass das Gesetz Investoren nicht bremst und Porsche auch jetzt schon großen Einfluss bei Volkswagen ausübt.
Der Autobauer selbst gibt sich gelassen. VW-Chef Martin Winterkorn sagte der "Süddeutschen Zeitung", mit der Rückendeckung der beiden Großaktionäre Porsche und Niedersachsen sei eine feindliche Übernahme von Volkswagen kaum denkbar.
Ein Urteilstermin steht noch nicht fest. Das oberste EU-Gericht entscheidet normalerweise wenige Monate nach dem Plädoyer des Generalanwalts. Demnach könnte ein Urteil noch vor der Sommerpause fallen.
Quelle: ntv.de