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"Anklage ist absurd" Ex-EnBW-Chef vor Gericht

Im Korruptionsverfahren gegen den früheren EnBW-Chef Utz Claassen hat der Top-Manager zum Prozessauftakt alle Vorwürfe zurückgewiesen. Vor dem Landgericht Karlsruhe sagte Claassen, er habe die Gutscheine für Karten der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 nicht in Bestechungsabsicht an mehrere Mitglieder der baden-württembergischen Landesregierung versandt. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Vorteilgewährung vor, weil er Gutscheine für jeweils ein Spiel im Dezember 2005 mit der Weihnachtspost verschickt hatte.

"Die Vorwürfe liegen und lagen außerhalb meiner Vorstellungskraft", sagte Claassen. Die Anklage sei absurd. Unter den Empfängern der Gutscheine waren laut Anklage der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger, die vier baden-württembergischen Minister Tanja Gönner, Ernst Pfister, Ulrich Goll und Peter Hauck sowie der Bevollmächtigte des Landes in Berlin, Wolfgang Reinhart. Auch der Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Matthias Machnig, erhielt einen der Gutscheine. Staatsanwältin Yasemin Tüz sagte, Claassen sei es darauf angekommen, dass bestehende gute Verhältnis zu pflegen.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass ein Logenplatz in Stuttgart 2.111 Euro und einer in Berlin 2.600 Euro wert war. Die Energie Baden-Württemberg war einer der Sponsoren der Weltmeisterschaft im Sommer 2006. Sie investierte fast 13 Mio. Euro in das WM-Sponsoring.

Die Staatsanwältin sagte, die Ministerien seien teilweise als Aufsichtsbehörde für die von der EnBW betriebenen Kernkraftwerke tätig. Ministerpräsident Oettinger hätte durch seine Richtlinienkompetenz Einfluss auf alle Ressorts nehmen können. Claassen betonte dagegen, es sei überhaupt nicht darum gegangen, jemanden zu bestechen. Außerdem zweifelte er den von der Staatsanwaltschaft genannten Wert der Gutscheine an. Nach Angaben seines Anwalts Klaus Menge haben sie nur einen Wert von 120 Euro.

Kein Empfänger hatte den Gutschein eingelöst. Claassen sagte: "Ich wäre gar nicht auf die Idee gekommen, dass sich die Betroffenen bestochen fühlen könnten." Die Mitglieder der Landesregierung hätten zu den entsprechenden Spielen freien Eintritt gehabt, weil die Regierung selber über entsprechende Freikarten verfügt habe. Weil Landeswirtschaftsminister Pfister sich bei Claassen schriftlich bedankt hatte, wurde gegen ihn ebenfalls ermittelt. Das Verfahren wurde jedoch gegen eine Geldauflage eingestellt.

Anwalt Menge sagte, Claassen sei durch das Ermittlungsverfahren einer beispiellosen Diffamierungskampagne ausgesetzt gewesen. Die Einladung an Machnig sei nicht auf Veranlassung des früheren EnBW-Chefs verschickt worden. Claassen erklärte, der Gutschein für den SPD-Politiker könne nur ein Verwechslung sein. Es sei unsinnig, einen Staatssekretär bestechen, wenn man mit Bundesumweltminister Sigmar Gabriel seit Jahren eng befreundet sei.

Das Landgericht hatte zunächst nur den Anklagevorwurf wegen der Einladung an Machnig zugelassen. Daraufhin legte die Staatsanwaltschaft Beschwerde beim Oberlandesgericht Karlsruhe ein. Dessen Richter entschieden, dass aus prozessualen Gründen die gesamte Anklage verhandelt werden muss. Die Einladung an die Mitglieder der Landesregierung dürfte in dem Verfahren keine große Rolle spielen: Das Landgericht hatte im Vorfeld argumentiert, die Einladung sei dem Sponsoring zuzurechnen. Zudem würden die Landesminister Repräsentationsaufgaben wahrnehmen. Das Urteil soll am 28. November verkündet werden.

Quelle: ntv.de

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