Das verlustreiche Engagement der WestLB beim britischen TV-Geräteverleiher Boxclever wird bald die Gerichte beschäftigen. Nach vier Jahre dauernden Ermittlungen hat die Staatsanwaltschaft gegen den ehemaligen Bank-Chef Jürgen Sengera Anklage wegen Untreue in einem besonders schweren Fall erhoben.

Das Landgericht Düsseldorf muss nun über die Zulassung der Klage entscheiden, wie Oberstaatsanwalt Peter Lichtenberg am Montag sagte. Ein Gerichtssprecher sagte, damit sei erst in einigen Monaten zu rechnen.

Dem 64-jährigen Sengera wird vorgeworfen, ohne ausreichende Risikoprüfung 1999 einen ausfallgefährdeten Kredit über 1,35 Milliarden Euro an Boxclever bewilligt und die WestLB dadurch pflichtwidrig geschädigt zu haben. Den bis heute aufgelaufenen Schaden für die Bank bezifferte die Anklage mit rund 427 Millionen Euro.

Das Verfahren gegen drei Mitarbeiter der WestLB-Niederlassung in London wegen Beihilfe zur Untreue wurde nach Angaben der Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des Gerichts gegen Zahlung von Beträgen zwischen 90.000 und einer Million Euro eingestellt.

Sengeras Verteidiger Christian Richter erklärte, die Staatsanwaltschaft versuche aus Boxclever einen strafrechtlich relevanten Fall zu konstruieren. Der Versuch, den Misserfolg zu kriminalisieren, sei aber zum Scheitern verurteilt. So sei es abwegig, sich auf ein Vorstandsmitglied zu konzentrieren, obwohl der Vorstand der Bank einstimmig entschieden habe. "Herr Sengera hat deshalb auch die von der Staatsanwaltschaft in den Raum gestellte Strafbefehls-Lösung abgelehnt", sagte Richter.

Unter anderem wegen der Schieflage bei Boxclever hatte die WestLB 2002 und 2003 Milliarden-Verluste verbucht. Sengera nahm in Folge mehrerer riskanter Beteiligungsgeschäfte im Juni 2003 seinen Hut und wurde von Thomas Fischer abgelöst. Zuständig für Boxclever war auch die Londoner Investmentbankerin Robin Saunders.